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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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    Er war zu Hause gewesen. Etwa um die Zeit, zu der er einen Boten bestellt hatte, war ein heftiges Klopfen an der Wohnungstür zu hören gewesen. Arglos hatte er die Tür geöffnet, und bevor er wusste, wie ihm geschah, war er von zwei Männern überwältigt worden. Sie hatten ihn niedergestoßen, seinen Kopf in einen alten, stinkenden Sack gesteckt und ihn dann fürchterlich verprügelt. Das Letzte, was er noch mitbekommen hatte, waren die Worte: „Und hier also ist das Teufelswerkzeug!“ Vermutlich hatten sie den Sehapparat gefunden und mitgenommen. Von da an wusste er nichts mehr. Er fror und war hungrig und durstig.
    Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Ganz klein schien der Raum, in dem er sich befand, aber nicht zu sein. Durch eine vergitterte Luke konnte er Sterne erkennen. Die Luft war klar und kalt. Ein Teil des Raumes wurde durch ein Gitter abgetrennt, in dem sich eine Tür befand. Jenseits des Gitters stand ein alter, roh gezimmerter Tisch, der irgendwie zu einem Verhör einzuladen schien. Bernhardi begriff, dass es sich hier durchaus um die letzte Station seines Lebens handeln konnte.
    Er seufzte resigniert. Offensichtlich war es ihm nicht gelungen, seine Wiederentdeckung rechtzeitig öffentlich zu machen und sich damit selbst zu schützen. Sie mussten wohl schon lange hinter ihm her gewesen sein.
    Ob er Elisabeth und seine Töchter je wiedersah? Wie mochte es ihnen gehen? Waren sie in Sicherheit? Um sie sorgte er sich mehr als um sich selbst. Einzig die Frage, wie schmerzhaft er vom Leben zum Tode gebracht werden sollte, machte ihm zu schaffen.

34
    Einhard Auerbach runzelte die Stirn. Dass Bernhardi gelegentlich längere Pausen in seiner Korrespondenz einlegte, war nicht weiter verwunderlich. Aber jetzt waren schon mehrere Wochen vergangen, seit er von seinem Kollegen Nachricht erhalten hatte.
    Und nun hielt er diesen Brief in seinen Händen. Er stammte von Elisabeth Bernhardi. Sie teilte ihm mit – und das war der eigentliche Anlass zur Sorge –, dass auch sie bereits längere Zeit keine Nachricht von Leonhard erhalten habe. Sie fragte an, ob er Informationen von ihm habe, und bat ihn, es ihr mitzuteilen, sollte er etwas Neues in Erfahrung bringen. Da Auerbach inzwischen Elisabeth gut einschätzen konnte, entging ihm der verzweifelte Unterton ihrer Zeilen nicht. Es schien ernst zu sein. Sehr ernst.
    Auerbach wollte nicht mehr tatenlos zusehen, wie das Schicksal seinen Lauf nahm. Elisabeths verzweifelte Anfrage erinnerte ihn an seine eigene Vergangenheit, als er von seiner geliebten Gefährtin Abschied nehmen musste. Und so wollte er sich wenigstens noch einmal für seinen Freund nützlich machen und nach Leonhard Ausschau halten.
    Er legte seinen wärmsten Mantel an, denn der Winter hatte in diesem Jahr früh Einzug gehalten. Mehr aus Gewohnheit griff er nach seinem Langdolch, allerdings hatte er nicht die Absicht, sich ernsthaft in ein Gefecht einzulassen. Wie immer lieh er sich ein gutes Pferd und machte sich ohne Eile auf den Weg nach Kemberg. Die eisige Luft verschlug ihm erst den Atem, aber dann spürte er, wie sie auch seine Gedanken klärte.
    Am Abend traf er an seinem Ziel ein. Bernhardi hatte ihm den Weg zu seinem Asyl genau beschrieben. Und da der Ortnicht besonders groß war, hatte er bald die richtige Wohnung entdeckt. Er sprang von seinem Pferd und stapfte die wenigen Schritte bis zur Pforte durch den hohen Schnee. Auf sein vorsichtiges, dann aber energisches Klopfen erhielt er keine Antwort. Er trat einige Schritte zurück und versuchte zu erkennen, ob irgendwo eine Lichtquelle zu sehen war. Aber alles blieb dunkel.
    „Wen sucht Ihr?“
    Überrascht drehte Auerbach sich um und blickte in die harten Gesichter von zwei vermummten Männern. Er reagierte schnell. „Ich will zum Grafen Wandsbeck. Wer seid Ihr?“
    Die beiden sahen sich kurz an. Dann öffnete der eine seinen Mantel. Unter der Kleidung hielt er eine Armbrust verborgen.
    „Es ist bekannt, dass der Graf seit Längerem verreist ist und erst im Frühling zurückkehren wird.“ Mit diesen Worten wollte er seine Waffe auf Einhard Auerbach richten. Der jedoch hatte das Spiel durchschaut. Er stieß den Bewaffneten so heftig zu Boden, dass sein Begleiter vor Überraschung erstarrte. Im Nu war Auerbach auf sein Pferd gesprungen und hatte ihm die Sporen gegeben. Er blickte sich kurz um und bemerkte, wie die beiden Männer sich anschickten, ihm zu folgen. Dass sie auch Pferde dabeihatten, war ihm vorher gar

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