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Das Geheimnis Des Kalligraphen

Das Geheimnis Des Kalligraphen

Titel: Das Geheimnis Des Kalligraphen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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Woche lang das Paradies an deiner Seite genossen habe.«
    »Nein, sie werden uns nicht erwischen«, sagte Salman, »wir werden so unauffällig wie möglich leben. Und wir werden umso unsichtbarer, je größer die Stadt ist.«
    »Aleppo«, rief Nura sofort aus, »das ist die zweitgrößte Stadt hier in Syrien.« Er wollte Beirut vorschlagen, da er gehört hatte, dass die libanesische Hauptstadt ein Herz für alle Abtrünnigen und Ausgestoßenen habe. Aber sie überzeugte ihn, dass im Inland seltener Papiere verlangt würden als im Ausland, und tröstete ihn mit der wunderbaren Küche von Aleppo, die Damaskus und Beirut in den Schatten stellte.
    »Ich brauche zwei Passfotos von dir, auf denen beide Ohren zu sehen sind.«
    »Beide Ohren?«, wunderte er sich. »Da reicht ein normales Foto nicht, ich brauche ein Panoramafoto, damit beide Ohren Platz darauf finden«, erwiderte er, und trotz aller Angst, die immer mit am Tisch saß, musste sie lachen. Sie konnte das Teeglas kaum noch halten, stellte es auf den Tisch und hustete, weil sie sich verschluckt hatte. Salmans Lachen reinigte ihr Herz. Es war kein glucksendes, trillerndes oder musikalisches Lachen, es war ihm gänzlich eigen. Fast atemlos wie ein Asthmatiker lachte er, holte Luft und lachte wieder wie eine Meereswelle. Er steckte damit alle an, selbst die Stühle, dachte sie, als sie beim Lachen versehentlich einen Stuhl anstieß, der ein glucksendes Geräusch von sich gab.
    »Apropos Fotos. Ich würde dir dringend empfehlen, die vielen Negative des Buches von dem Fotografen zu holen, bevor Karam darauf kommt. Das ist mir gestern Nacht eingefallen. Mein Mann hat vor einpaar Tagen den Einbruch in sein Atelier erwähnt, und im Nebensatz sagte er, in seinem Buch seien Schätze aus zehn Jahrhunderten an Wissen, Philosophie, Technik und der Geschichte der Kalligraphie aufbewahrt. Du hast alles riskiert, warum sie also nicht mitnehmen? Wer weiß, wozu es dir eines Tages nützlich sein kann.«
    »Aber wie sollen wir den Fotografen überzeugen? Die Negative gehören Karam, der sie nur aus Sicherheitsgründen beim Fotografen gelassen hat, falls jemand sein Haus oder das Café danach durchsuchen sollte.«
    »Kennt der Fotograf Karam gut?«, fragte Nura.
    »Nein, überhaupt nicht. Er ist einer der vielen im neuen Stadtteil. Karam wollte die Fotos bei niemandem machen lassen, der ihn später erkennen würde.«
    »Wunderbar, dann rufst du als Karam an und sagst, dass du die Negative brauchen und deine Frau zum Abholen vorbeischicken würdest. Sie heiße Aischa, und die Zahl der Fotos, zweihundertzehn, solle das Losungswort sein. Beschreibe ihm, wenn es darauf ankommt, meine Haare und dass ich eine Brille trage«, fuhr Nura fort.
    »Brille, warum Brille?«, fragte Salman.
    Nura lachte. »Das ist das Geheimnis der Kalligraphenfrau«, sagte sie. »Und du wartest dann in einer Seitenstraße und übernimmst das Paket mit den Fotos«, sagte sie und gab ihm zum Abschied einen langen Kuss. An der Tür drehte sie sich noch einmal um: »Deine Ordnung gefällt mir. Du gibst einen guten Ehemann einer sehr beschäftigten Schneiderin ab.«
    Als sie aus der Abbaragasse in die Gerade Straße trat, fragte sie sich, ob es richtig war, Salman noch nichts von den drei Briefen des lästigen Gockels erzählt zu haben. Jedes Mal hatte sie es sich vorgenommen, und dann hatte ihre Zunge die Worte gestoppt und in die Speiseröhre umgeleitet. Sie musste schwer daran schlucken.
    Sie tröstete sich auch diesmal damit, dass in der Zukunft noch genug Zeit bliebe, um auch diese langweilige Geschichte zu erzählen. Jetzt standen andere gefährlichere Aufgaben an, und bei diesem Gedanken ballte sie die rechte Faust in ihrer Manteltasche. Sie war entschlossen, den Weg zu Ende zu gehen.
    Zwei Tage später fuhr Salman mit dem Fahrrad nach Hause. Ein Paket tanzte bei jeder Straßenunebenheit im Korb. Als er das Rad vor der Wohnungstür abstellte, grüßte ihn Barakat, der im Hof stand.
    »Ist das essbar?«, fragte Barakat vergnügt.
    »Nein, es ist nur lesbar«, erwiderte Salman und lachte.
    »Dann lasse ich dir das Ganze, viel Vergnügen«, sagte der Nachbar.
    Salman öffnete den großen Koffer, den er für die Reise gekauft hatte. Noch war er leer. Er wog das schwere Paket einen Augenblick in den Händen und legte es ungeöffnet in den Koffer.
    Erst etwa drei Monate später sollte Salman das Paket aufmachen und darüber staunen, welch geheimes und gefährliches Wissen er vor Augen hatte.
    Als er bei ihrem

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