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Das Geheimnis Des Kalligraphen

Das Geheimnis Des Kalligraphen

Titel: Das Geheimnis Des Kalligraphen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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Schulbücher geschrieben werden sollten.
    Das Lob, das er für seine Arbeit erhielt, war für Hamid wichtig als Hebel, mit dem er den Stein der Reform ins Rollen bringen wollte, eine Reform, die weiter gehen sollte, als der Minister der allgemeinen Runde erklärt hatte.
    Nächtelang schlief er unruhig.
    Sie sprachen beide offen miteinander. Als sich Hamid darüber wunderte, dass sich ein Christ so intensiv mit der arabischen Sprache beschäftigte, die die Muslime für heilig hielten, lachte der Minister.
    »Mein lieber Hamid«, sagte er, »es gibt keine heilige Sprache. Der Mensch hat sie erfunden, um seine Einsamkeit zu lindern. Sie ist also ein Spiegel des vielschichtigen menschlichen Daseins. Mit ihr kann man Hässliches und Schönes sagen, Mord und Liebe aussprechen, Krieg und Frieden erklären. Ich war als Kind ängstlich, und die Ohrfeige, die ich vom Arabischlehrer bekam, weil ich darauf bestand, dass es nur achtundzwanzig Buchstaben waren und sind, zwang mich zu suchen. Ich wollte den Lehrer mit meinen Beweisen erschlagen, aber als ich so weit war, war er zu meinem Pech bereits gestorben.«
    »Aber wir brauchen auch neue Buchstaben«, nutzte Hamid die Gelegenheit, um seinen Traum zu realisieren, »es fehlen vier, und dafür kann man andere rausschmeißen, so dass wir am Ende ein dynamisches Alphabet haben, das elegant alle Sprachen der Welt in sich aufnehmen kann.«
    Der Minister schaute ihn erstaunt an. »Ich verstehe Sie nicht ganz, wollen Sie das Alphabet verändern?«
    »Von seinem Ballast befreien und vier neue Buchstaben hinzufügen«, erwiderte Hamid. »Wenn unsere Buchstaben verkrüppeln, hinktunsere Sprache und kann dann unmöglich mit dem gewaltig schnellen Schritt der Zivilisation mithalten«, setzte Hamid noch einmal nach und fügte hinzu: »Jahre habe ich experimentiert. P, O, Wund E könnte ich ohne großen Aufwand aus den bestehenden arabischen Buchstaben ableiten ... «
    »Oh nein«, rief der Minister empört, »dann habe ich Sie doch verstanden. Mein lieber Hamid«, sagte er, »ich bin froh, wenn ich ab Oktober, im neuen Schuljahr, mit meiner bescheidenen Reform durchkomme und die Rente ohne Messer in den Rippen erreiche. Ihre Vorschläge mögen genial sein, aber sie müssen bei den Gelehrten erst noch Anerkennung finden. Mit meinen Vorschlägen zur Abschaffung von LA und meinem Sprachsystem, das sich auf der Ganzheit der Wörter aufbaut, gerate ich bereits an den Rand meiner Möglichkeiten.«
    Er stand auf und gab ihm die Hand. »Ich finde ihre Idee mutig, aber sie ist nicht durchführbar, solange Staat und Religion nicht getrennt werden. Und dies liegt noch in weiter Ferne. Ich habe es eilig und will jetzt etwas ändern. Aber«, sagte der Minister und hielt Hamids Hand fest, »gründen Sie doch ein, zwei, drei, zehn Kalligraphieschulen im ganzen Land. Wir brauchen eine Menge für die neuen Druckereien und den Aufschwung der Presse und der Bücher. Und noch wichtiger ist, dass Sie mit diesen Männern, die Sie schulen, Verbündete gewinnen, die Ihre Ideen verstehen und verteidigen, und sie werden effektiver sein als zehn Ministerien«, fügte der Minister hinzu. Und schließlich sagte er ihm im Vertrauen, er solle auf sich aufpassen. Auch bei ihm im Kultusministerium solle er leise reden, weil das Haus voll von Mitgliedern der Moslembruderschaft sei. Die meisten seien harmlos, aber einige unter ihnen bildeten im Untergrund geheime Verbindungen, die sich die »Reinen« oder »Jenseitigen« nannten und nicht davor zurückschreckten, jemanden umzubringen.
    Hamid verspürte keine Angst.
    Als er ging, brodelte seine Seele. Er fühlte sich wie der Fischer, den er einmal in einem Film gesehen hatte. Er war in einem winzigen Boot mitten im stürmischen Ozean gesessen und das Boot ritt so waghalsig über die Wellenberge und in die Tiefe, dass Hamid damals im KinoAtemnot spürte. So wie jetzt. Der Minister hatte ihn durch seine Abweisung und die darauf folgende Ermunterung völlig durcheinandergebracht. Aber recht hatte er, es mussten Kalligraphieschulen gegründet werden als Basis für eine kleine Armee von Kalligraphen, die mit Rohrfeder und Tinte gegen die Dummheit kämpfen sollten.
    Er konnte sich über das Vorhaben aber nicht freuen, sosehr er sich bemühte. Die Gründung von Kalligraphieschulen war wieder eine Vertagung der Aktionen um Jahre. Noch auf dem Weg ins Atelier fasste er wieder Hoffnung. Wenn er einen einzigen angesehen Islamgelehrten überzeugen könnte, würde er den Minister mit

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