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Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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widerwillig in deren Büro gefolgt.
    Doch während der Erzählung war Grace wieder ganz schnell an ihre Grenzen gestoßen. Ihr wurde die ganze Sache langsam unheimlich, weil sie sich zunehmend mit Antonia identifizierte. Deshalb hatte sie eben um eine kleine Unterbrechung gebeten.
    »Kein Problem, ich muss sowieso noch etwas besorgen«, hatte Suzan verständnisvoll gesagt und ihr Büro verlassen.
    Nun saß Grace allein an Suzans Schreibtisch und wusste einfach nicht mehr, was sie tun sollte. Einerseits war sie geradezu süchtig nach einer Fortsetzung der Geschichte, aber sie sich weiter anzuhören tat ihr nicht gut. Außerdem wurde sie den Verdacht nicht los, dass Suzan mit der Geschichte etwas bezweckte. Grace fühlte sich seltsam hilflos. Sie verstand selbst nicht, warum sie dem Ganzen kein Ende bereitete. Suzan hatte sie schließlich nicht eingesperrt. Ich muss schwanger sein, dachte sie, denn ich könnte schon wieder heulen.
    Natürlich wusste Grace, dass ihre Dünnhäutigkeit noch einen weiteren Grund hatte: den Überraschungsbesuch von Hori Tonka, gepaart mit dem Entschluss, den Maori aus ihrem Leben zu streichen, bevor er für mehr Verwirrung sorgen konnte.
    Bei dem Gedanken, sich Hori aus dem Herzen zu reißen, wurden ihre Augen feucht, doch sie wischte sich mit dem Ärmel ihres Pullovers über das Gesicht, um die verräterischen Spuren ihrer Trauer rasch zu beseitigen.
    »Ist Ihnen nicht gut? Kann ich Ihnen helfen?«, fragte eine Frauenstimme freundlich. Grace fuhr herum.
    »Sie hätte ich heute hier nicht erwartet. Ist es nicht Ihr freier Tag?«, fragte sie erstaunt, als sie Suzans Mitarbeiterin Vanessa erblickte.
    Diese erwiderte lachend: »Sie geht demnächst auf eine Vortragsreise über den Moa und will bei der Gelegenheit Ihr gemeinsames Buchprojekt vorstellen. Da steht viel Arbeit an.«
    »Aha, und wohin geht diese Reise?«
    »Nach Wellington und Auckland. Ich wundere mich nur, dass Sie Ihnen noch gar nichts davon gesagt hat, denn sie möchte, dass Sie sie begleiten.«
    »Ich? Aber wann soll das denn sein?«
    »In knapp vierzehn Tagen soll es losgehen.«
    »Tja, da werde ich wohl bereits im Flieger sitzen. Vielleicht ist das der Grund, warum sie mich noch nicht gefragt hat.«
    »Aber was ist mit Ihrem gemeinsamen Buch?«
    »Kein Problem. Wir haben die Kapitel aufgeteilt und können uns über E-Mail austauschen.«
    Vanessa seufzte. »Es ist nicht immer einfach mit Suzan. Sie ist eine Einzelgängerin und äußerst menschenscheu.«
    Grace horchte auf. »Wie lange kennen Sie die Professorin eigentlich schon?«
    »Ich habe bei ihr studiert. Sie hat mich gleich von der Uni weg für die Ornithologische Gesellschaft gewonnen. Ja, sie forscht über den Moa und ich über sonstige ausgestorbene Vögel, besonders über einen erklärten Feind des Moa, den Haastadler.«
    »Wissen Sie eigentlich, was ihr Gesicht so verunstaltet hat?«, hörte sich Grace mit einem Mal fragen. Sie war selbst erschrocken darüber. »Verzeihen Sie, das ist mir einfach so herausgerutscht. Ich sollte Suzan lieber direkt darauf ansprechen.«
    Vanessa lächelte hintergründig. »Ich weiß, dass es nicht so leicht ist, sie zu fragen. Glauben Sie mir. Ich habe sieben Jahre eng mit ihr zusammengearbeitet, ohne diese Frage zu stellen. Bis sie mir eines Tages auf den Kopf zusagte: ›Ich schätze Ihre Diskretion, Vanessa, und ich weiß, dass Sie mich niemals danach fragen werden, aber möchten Sie nicht wissen, wie es geschehen ist?‹ Ich war völlig perplex und habe keinen Hehl daraus gemacht, dass ich natürlich neugierig war.«
    »Und dann hat Sie es Ihnen erzählt?«
    Vanessa nickte.
    »Aber trotzdem müssen Sie es nicht weitertragen. Ich kann sie wirklich selbst fragen ...«
    »Haben Sie denn noch sieben Jahre Zeit, bei uns zu bleiben?«, erwiderte Vanessa. »Ich glaube, es ist einfacher, wenn ich Ihre Neugier befriedige«, fügte sie lächelnd hinzu.
    »Gut, das ist ein Angebot, das ich nicht ablehnen kann.«
    »Sehen Sie hier«, erklärte Vanessa verschwörerisch, griff zielsicher in Suzans Schreibtischschublade, holte ein Foto hervor und reichte es Grace. Bei näherem Hinsehen erkannte Grace, dass es nur die eine Hälfte eines Bildes war, bei der man die zweite Person fein säuberlich abgeschnitten und entfernt hatte. Das Foto zeigte eine junge Frau, und es schien aus den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts zu stammen. Das erkannte Grace an der Kleidung. Die Frau trug ein Kleid mit einem weitschwingenden Rock und einem breiten

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