Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
Sie weiß nicht einmal mehr, dass sie mir alles erzählt hat. Sie ist jetzt wieder Alma, nicht Deborah.«
»Kannst du mir je verzeihen, dass ich dich hergelockt habe, um Rache an deiner Mutter zu üben? Ich habe dich von Anfang an belogen. Ich wusste nämlich von deiner Existenz. Ja, ich habe dich sogar einmal kurz gesehen, bevor sie dich nach Deutschland gebracht haben. Ich war gerade aus dem Krankenhaus entlassen, da traf ich Ethan zufällig auf der Straße. Er schob einen Kinderwagen, und ich riskierte einen Blick. Ethan verhielt sich merkwürdig. Er war hochgradig nervös und hat mir weiszumachen versucht, du seiest sein Kind, aber deine Augen, deine Augen haben dich verraten. Da ahnte ich, dass Debbie damals schwanger gewesen ist, als sie es getan hat ...« Sie stockte, bevor sie hastig fortfuhr: »Lange Jahre habe ich vergeblich herauszubekommen versucht, wo genau Ethan lebt, aber er hatte ganze Arbeit geleistet. Er war spurlos verschwunden und mit ihm auch du. Dann bin ich zufällig in einer Zeitschrift über deinen Namen gestolpert, und ich sah endlich meine große Chance gekommen, dass du meine Schwester für mich aufspüren würdest ... Sie war nämlich nach ihrer Entlassung wie vom Erdboden verschluckt. Ich wollte dir nachschleichen, dir in ihrer Gegenwart die Wahrheit sagen, ihr ins Gesicht lachen, so wie sie mir damals ins Gesicht gelacht hat, als sie auf meinen Bauch ...« Suzans Atem ging schwer.
»Es ist vorbei, Suzie! Endgültig vorbei. Sie lebt in einer Welt, die sie das alles gnädig vergessen lässt, und wir beide, wir haben uns. Wir können einander unterstützen, mit dieser Wahrheit leben zu lernen. Und ob du es glaubst oder nicht, ich bin dir dankbar, dass du mich so manipuliert hast, bis ich die Wahrheit gesucht und schließlich gefunden habe. Denn tief in mir verborgen war immer schon diese Ahnung, dass ...« Zögernd erzählte Grace ihr von dem schrecklichen Albtraum, der sie jahrelang gequält hatte.
Suzan begann leise zu weinen. Schließlich gingen sie schweigend zum Wagen.
Erst als sie über die enge Straße in die Stadt zurückfuhren, die zu beiden Seiten von dem aufgewühlten Meer umspült wurde, räusperte sich Grace. »Suzan, ich würde gern wissen, wie mein Vater und du, wie ihr doch noch dazu gekommen seid, eure Liebe zu leben. Ich weiß nur, wie sie endgültig zerstört wurde ...«
»Unsere Liebe wurde nicht zerstört, nein, wir wurden zerstört, aber die Liebe ist für die Ewigkeit, und sie lebt in dir weiter. Sogar seine einzigartigen Augen hat er dir vererbt.«
»Das hat meine Mutter auch bemerkt. Dass ich diese bernsteinfarbenen Augen besitze. Aber sie wusste es glücklicherweise nicht einzuordnen.«
»Du willst also wissen, wie wir doch noch zusammengekommen sind?«
»Ja, bitte sag es mir. Ich glaube, es könnte mir helfen, meinen eigenen Weg in der Liebe zu finden.«
Suzans Miene erhellte sich. »Das kann ich dir auch so sagen. Ich habe doch Augen im Kopf. Es ist der Bruder. Er liebt dich, und wenn du ehrlich bist, dann liebst du ihn auch. Und wo ist das Problem? Ihr seid jung, ihr seid frei. Über eurer Liebe hängt kein Fallbeil, das jeden Augenblick hinuntersausen kann. Und ihr seid eine andere Generation. Was ist schon dabei, wenn du dich für den anderen Bruder entscheidest, nachdem du mit dem einen zusammen warst. Du hast dich eben geirrt. Ach Grace, so unbeschwert hätte ich die Liebe gern genossen. Glaube mir! Wenn ich das Rad noch einmal zurückdrehen könnte, ich hätte den verdammten Schwur gebrochen und Sean die Wahrheit über Debbies angebliche Schwangerschaft gesagt, und dann wäre ich mit ihm fortgegangen ...« Sie stutzte und warf Grace einen Seitenblick zu. »Aber dann würde ich jetzt nicht mit dir hier sitzen. Kind, sei nicht dumm, pack dein Glück beim Schopf. Noch kannst du Kinder von ihm bekommen ...«
Grace schluckte trocken. Was würde Suzan ihr wohl raten, wenn sie erfuhr, dass sie von Barry Tonka schwanger war, obwohl sie seinen Bruder liebte? Dass es alles viel verworrener war, als Suzan glaubte.
Grace kämpfte mit sich. Sollte sie ihrer Tante dieses Geheimnis anvertrauen? Sie entschied sich dagegen. Wie sie Suzan kannte, würde die alle Hebel in Bewegung setzen, dass sie mit dem Kind in Neuseeland blieb. Dabei war es nun allerhöchste Zeit, nach Deutschland zurückzureisen, um ihr Kind fern der Tonka-Brüder aufzuziehen. Ein eiskalter Schauer durchfuhr sie. Was, wenn ihr Kind eines Tages fragen würde: Wo ist mein Vater? Warum habe ich
Weitere Kostenlose Bücher