Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman
das Buch zuklappte und nach ihr warf. Sie rief irgendetwas Albernes wie: »Nicht getroffen, Schnaps gesoffen!«, und rannte aus dem Zimmer. Damiano rannte hinterher und eine Weile hörte man sie oben herumtoben. Dann war alles still. Die beiden blieben ziemlich lange verschwunden, und als sie wieder auftauchten, hatten sie glühende Gesichter und sahen irgendwie zerzaust aus. Rafaela rollte mit den Augen.
Gegen Abend kam die verrückte Alte vorbei, und Rafaela gab ihr das letzte Stück Brot, das im Haus war. Die Alte bedankte sich mit einem Knicks und brabbelte wortreich. Rafaela glaubte verstanden zu haben, dass sie alle zum Tee einlud.
Die Männer kehrten zurück, als es schon dunkel war. Sie hatten nach Männerart eingekauft, das heißt nur fertige Sachen, solche, die nicht gekocht werden mussten, Pasteten, Braten, Konserven, Kuchen, Brot, Süßigkeiten und von allem sehr viel. Es wurde ein Festmahl. Beim Essen erzählten sie, was sie in der Stadt Neues erfahren hatten.
Man munkelte, dass die Königin und der Kronprinz immer noch verunstaltet seien, kein Gegenzauber habe bis jetzt so richtig gewirkt. Und noch was: Rattenkinder und ähnliches Gelichter waren aus den Kanälen gekrochen und verhaftet worden.
Churro war durch die Kneipen gezogen und hatte dort mit den einfachen Leuten gesprochen. Die meisten, erzählte er, fanden es ganz in Ordnung, dass die Kanäle ausgeräuchert worden waren. Nach Meinung der braven Bürger hatte sich schon viel zu lange allerlei lichtscheues Gesindel darin herumgetrieben.
Und apropos Gesindel, der Graf Vaserin, der von Damiano angeblich ermordet worden war, fuhr wieder recht lebendig in seiner vornehmen Kutsche herum. Churro hatte ihn selbst gesehen. Er hatte vor der Kneipe, in der Churro gerade ein paar Schnäpse kippte, anhalten lassen und verlangt, dass man ihm und seiner jungen, etwas grell gekleideten Begleiterin Speisen und Getränke nach draußen brachte. Er war nicht sehr beliebt, der Herr Graf. Hinter vorgehaltener Hand sagte man, es sei abzusehen gewesen, dass ihn mal einer abstechen würde. Schade sei nur, dass es ihn nicht schlimmer erwischt habe.
»Weißt du, wer die junge Frau war?«, fragte Damiano.
Churro verneinte.
»Warum willst du das wissen?«, fragte Wanda spitz.
»Nur so«, sagte Damiano.
Ellwin, der von volkstümlichen Kneipen nicht viel hielt, hatte einen alten Freund, einen Magier, besucht. Von ihm hatte er gehört, dass alle Hexen und Magier der Stadt und Umgebung zum Verhör bei der Hexenpolizei hatten antreten müssen. Was dabei herausgekommen war, wusste niemand, doch man ging davon aus, dass spätestens in ein paar Wochen Graviata der Prozess gemacht würde. Die Meinung über Graviatas Schuld oder Unschuld bei ihren Hexen- und Magierkollegen war geteilt. Mindestens die Hälfte hielt sie für schuldig, Ellwins Freund gehörte dazu. Auf Ellwins Frage, wie er zu dieser Meinung komme, hatte er geantwortet, Graviata sei ein wildes Weib, ihr sei im Prinzip alles zuzutrauen.
»So ein Hund!«, rief Rafaela empört. »Wie kannst du nur mit so jemandem befreundet sein!«
»Ihr müsst akzeptieren«, entgegnete Ellwin achselzuckend, »dass eure Mutter sich im Lauf ihrer Karriere nicht nur Freunde gemacht hat.«
Über Graviata selbst hatte er leider nicht viel erfahren. Nur dass sie noch lebte, so viel war sicher.
»Und unsere Tiere?«, fragte Lulu.
Churro zwinkerte Lulu zu. »Ich war in der Siedlung, wo die Palastdiener wohnen«, erzählte er. »Hab mich dort umgehört. Hab auch was erfahren. Ich hoffe nur, dass es gute Neuigkeiten sind. Kennt ihr eine Hexe namens Karamell oder so ähnlich?«
»Meinst du vielleicht Larabelle?«, fragte Rafaela.
»Genau!«, rief Churro. »Das war der Name. Sie kam in die Stadt und hat eine Audienz beim König erwirkt. Und irgendwie hat sie es geschafft, dass sie die Tiere mitnehmen durfte. Ich vermute mal, seine Majestät war reichlich froh, sie auf diese Art loszuwerden. Ist das eine gute Neuigkeit?«
»Eine wunderbare!«, rief Rafaela. »Tante Belle ist Mamas beste Freundin. Sie wird gut für unsere Tiere sorgen. Was sagst du dazu, Lulu? Ist das nicht wundervoll?«
Lulu nickte nur. Sie konnte nicht antworten, da sie gerade genüsslich in ein Cremetörtchen biss. »Wenn doch nur Evchen noch da wäre«, sagte sie mit vollem Mund. »Evchen könnte für uns die Zeit anhalten. Wir würden seelenruhig in den blöden Felsenkerker reinspazieren und Mama rausholen.«
»Und dann wärt ihr für den Rest eures Lebens auf
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