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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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bezweifeln?«
    »Es ist zu lange her, seit Ihr Mann verschwunden ist.«
    Selbst Helena betrachtete mich neugierig. Das war unsere erste Möglichkeit, einzuschätzen, was hier vorging.
    Ich hatte darüber nachgedacht, während Helena und ich hierher unterwegs waren. »Die Sache passt nicht ins Muster, Holconius. Bei den Entführungsfällen, von denen wir wissen, gibt es strikte Regeln. Sie entführen Frauen, keine Männer; sie stellen ihre Geldforderungen normalerweise am selben Tag; sie schließen den Handel rasch ab; sie wählen Ausländer, die das Land verlassen, wenn sie bedroht sind. Generell vermeiden sie es, der Obrigkeit aufzufallen.«
    Holconius nickte. Seine Rolle beim Anzeiger bestand darin, die Notizen im Senat aufzunehmen. Für ihn musste es eine angenehme Abwechslung sein, eine lohnenswerte Argumentation zu hören, bei der die Punkte stichhaltig aufgezählt wurden.
    »Welche Wahl haben wir denn?«, wollte Mutatus wissen. »Keine. Das Rennen ist manipuliert. Jemand hat Diocles. Das Ergebnis ist eine todsichere Sache.« Mutatus berichtete über die Spiele. Als Sportkommentator neigte er zu raschen Einschätzungen und dachte vielleicht erst hinterher darüber nach, während die Leute brüllten, er sei ein kompletter Idiot.
    »Entführer arbeiten mit der Unerfahrenheit ihrer Opfer«, teilte ich ihm mit. »Sie wollen Ihnen so viel Angst um Diocles einjagen, dass Sie ihre Anweisungen genau befolgen. Sie beide waren nie zuvor in dieser Situation, und das erfüllt Sie mit Bestürzung. Aber ich habe die Sache durchdacht. Zum einen behaupten sie, Diocles seit seinem Verschwinden gehabt und ihn nach Sardinien verschleppt zu haben. Ist das glaubwürdig?«
    »Das klingt nach einer Vertuschung.« Helena verstärkte mein Argument. »Irgendein Opportunist hat sich die Tatsache zunutze gemacht, dass Leute nach Diocles suchen, und hofft, Geld dabei herauszuschlagen.«
    Ich stimmte zu. »Jemand hat gerade gehört, dass Sardinien voller Banditen ist, und beschloss, das klänge gut. Wenn Menschen vermisst werden, vor allem, wenn große Besorgnis um ihr Schicksal bekannt wird, dann passiert solcher Blödsinn.«
    »Sonderlinge, Wahnsinnige und Trickbetrüger werden von Tragödien angezogen«, erläuterte Helena den Scriptoren. »Familien, die Angehörige unter unerklärlichen Umständen verlieren, können auf entsetzliche Weise ausgenutzt werden.«
    »Das ist der Grund, warum ich Ihnen abzuwägen rate, ob Sie die Forderung ernst nehmen wollen«, erklärte ich. »Ehrlich gesagt, habe ich meine Zweifel.«
    »Sie wollen nicht, dass wir das Geld zahlen?«, fragte Mutatus.
    »Nein.«
    »Aber wir haben das Geld mitgebracht!« Diese unlogische Argumentation würde bei einer Entführerbande oder jeder Art von Ausbeutern helle Freude auslösen.
    Mir ging auf, dass sich das Geld in der großen Kiste unter dem Mantel befinden musste, auf dem die beiden Scriptoren ihr Mittagessen ausgebreitet hatten. Vielleicht glaubten sie, Räuber würden nicht unter ihr Tischtuch schauen. Höchstwahrscheinlich hatte das dämliche Paar jedoch keinerlei Gedanken an Sicherheit verschwendet.
    Ich wies sie an, ihr Geld zur Aufbewahrung in die Kellergewölbe eines der Forum-Tempel zu bringen. »Um sicherzugehen, sagen Sie denen, dass es sich um kaiserliche Geldmittel handelt.« Ich hielt inne. »Weiß der Kaiser von der ganzen Sache?«
    Die beiden bekamen einen unsteten Blick. Schließlich gab Holconius mit einem hochmütigen Wedeln zu: »Angesichts der Umstände und wegen der Notwendigkeit der Geheimhaltung wurde uns das Geld vom Kassierer im Büro des Oberspions ausgezahlt.«
    Ich sog scharf die Luft ein. »Ich gehe davon aus, dass Anacrites immer noch in seiner Ferienvilla weilt?« Beide wirkten erstaunt über die Vertraulichkeit, mit der ich von ihm sprach. »Er wird außer sich sein, wenn er erfährt, dass Sie beide seine Handkasse ausgeräumt haben.«
    »Es ist mehr als die Handkasse …« Holconius errötete. »Wir haben dem Kassierer gesagt, Sie hätten das autorisiert.«
    »Dann haben Sie ihn belogen«, erwiderte ich ruhig und mühsam beherrscht. Helena bedeckte verzweifelt ihre Augen mit der Hand. Anacrites hatte immer eine Bedrohung für mich dargestellt, die sie mit Furcht erfüllte. Das könnte mir weiteren Ärger einbringen. »Sie schulden dem Oberspion ein Geständnis und mir eine Entschuldigung. Ihr Handeln wird meiner Beziehung zu Anacrites schweren Schaden zufügen …« Nichts konnte sie beschädigen. Wir hatten keine Beziehung. Er und

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