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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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bekam es mit der Angst zu tun und spielte unser Spiel dann mit. Eine Liste von Namen, Heimatstädten und Gewerben wurde rasch zusammengestellt.
    Niemand bekannte sich dazu, Kilikier oder Illyrier zu sein. Oder Pamphylier, Lykier, Rhodier oder Delier. Es gab einen Kreter, aber er war allein, nur vier Fuß groß, hatte O-Beine und kotzte vor Angst, als wir ihn befragten. Wir beschlossen, dass er kaum an dem Betrug der beiden Anzeiger- Scriptoren beteiligt gewesen sein konnte, und daher nahmen wir ihm das Versprechen ab, es nie wieder zu tun (was er uns gab, obwohl er unschuldig war, und dabei einen seltsamen kretischen Schwur leistete). Wir ließen ihn gehen. Als er den Kai hinunterflitzte, verfluchte er uns. Fusculus blickte nervös.
    »Irgendwas hat er getan«, entschied Petro düster, mit der Stimme des Erfahrenen. Aber jetzt war es zu spät. Für einen Mann, dessen Beine so verbogen waren, dass man drei Ziegen zwischen ihnen hindurchtreiben konnte, bewegte sich der Kreter wie ein olympischer Sprinter, der einer heißen Braut versprochen hatte, mit einem Kranz aus dem Stadion zurückzukehren. Das war ein weiterer Grund für die Verdächtigung. Die anderen waren größtenteils mit absichtlich unbesorgtem Blick davongeschlendert.
    »Lemnus«, sagte Fusculus, der die Liste noch mal durchging. »Lemnus aus Paphos. Arbeitet an Baustellen als Betonmischer, freiberuflich. Momentan ohne Arbeit.«
    »Was macht er dann auf den Kais?«
    »Sucht nach Arbeit, behauptet er.«
    »Auf der Matratze einer billigen Hure?« Wir lachten alle. Die Puffmutter kreischte uns an, ihre Frauen seien alle bestens ausgebildet und nicht billig.
    Das Leben hatte aus dieser Vettel eine hervorragende Geschäftsfrau gemacht. Als die Vigiles zusammenpackten, versprach sie ihnen einen Rabatt, wenn sie in einer Nacht mit wenig Betrieb vorbeikämen.

    Petronius Longus wollte mit seinen Männern zurück nach Ostia. Rubella würde meine Anwesenheit bei der Nachbesprechung über das morgendliche Fiasko auf dem Fluss nicht gutheißen. Ich bat Petro, Helena auszurichten, dass unser Einsatz fehlgeschlagen war, falls er sie sah. Da ich schon mal in Portus war, gedachte ich, noch ein bisschen zu bleiben und herumzuschnüffeln.
    Die Vigiles zogen ab. Ich ging zurück zum Delphin. Alles schien vorbei zu sein – aber nun war ich allein, ohne Verstärkung. Für mich war das der Moment, in dem das Abenteuer des Tages begann.

XLVIII
    I ch bestellte mir ein Mittagessen. In offener Missachtung der kaiserlichen Cauponaregeln bestand das Tagesgericht des Delphin aus einem heißen Fischeintopf. Es hätten Hülsenfrüchte sein sollen, aber der Kellner hatte eine Angelschnur über der Hafenmauer hängen. Fisch kostete nichts. In Portus wimmelte es von Beamten, von den Getreidenachschub-Ädilen über die Mistkäfer vom Zoll bis zum Hafenmeister, den Leuchtturmwärtern und Wachleuten. Hier hätte alles nach den Regeln laufen sollen. Keine Chance. In Häfen ist Ungehorsam so alltäglich wie Schlick.
    Ich wischte meine Schale gerade mit einem Stück Bauernbrot aus, als kein anderer als Lemnus zur Pflaumenblüte zurückgetrottet kam. Seine verbogenen kretischen Beine wirbelten immer noch Staub auf wie ein äußerst schlechtgelaunter Haussklave. Mit einem verstohlenen Blick über die Schulter flitzte er in das Bordell hinein. Eine Minute später folgte ich ihm.
    Der Rausschmeißer war zum Mittagessen gegangen. Ein kurzgewachsenes, rundes, mürrisches Mädchen bewachte jetzt die Tür. »Du schon wieder!«, begrüßte sie mich.
    »Ich liebe es, so erinnerungswürdig zu sein. Wo ist Lemnus?«
    »Vergiss es.«
    »Hör zu, mein Pummelchen, bring mich zu dem Kreter, und das schnell!«
    »Sonst?« Sie erwartete eine Drohung, daher zeigte ich ihr einen halben Denarius.
    »Sonst gebe ich dir das hier.« Ich hatte nicht vor, ihr überhaupt Geld zu geben, ganz gleich, was sie tat, aber sie war nicht sehr helle und fiel darauf rein.
    Mit etwas, das sie für ein aufreizendes Lächeln hielt, führte sie mich den Flur entlang. Sie war etwa so aufreizend wie eine schwangere Ente und sah höchstens wie vierzehn aus. Schlimm genug, in dem Alter übergewichtig und missmutig zu sein, wenn man ein annehmbares Leben hat; dazu noch in einem Bordell zu arbeiten musste tödlich sein.
    Lemnus saß alleine in einer Zelle.
    »Nun denn, kleiner Mann aus Paphos, was machst du hier schon wieder?«
    »War noch nicht fertig.« Petros Männer hatten bereits festgestellt, dass Lemnus unter Druck wimmerte. Er

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