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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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»Ich habe in Ruhe mit ein paar Verwandten an einem Forumsstand einen Becher Wein getrunken. Wir sind uns nur durch Zufall über den Weg gelaufen. Und doch wird es Ihnen berichtet, und Sie beschließen, wir wären eine organisierte Mannschaft? Eine, die Ihnen vielleicht auf die Zehen tritt?«
    »Oh …« Caninus erkannte nun, wie lächerlich das war. »Ich hatte nur mit einem Mann gesprochen, der meinte Ihren Onkel aus dem Ausland zu kennen.«
    »Ich weiß nicht, wo er gewesen ist«, sagte ich barsch. »Er ist berühmt dafür, nach Pessinus reisen zu wollen und das falsche Schiff erwischt zu haben. Das ist Jahre her. Soweit ich weiß, war es kein Schiff nach Kilikien.« Falls das klang, als würde ich Caninus an den Latz knallen, das gehe ihn nichts an, war das auch gut.
    »Pessinus?« Caninus schaute verwirrt.
    »Uralter Schrein der Großen Mutter«, bestätigte ich in feierlichem Ton. »Er wollte sich verändern. Onkel Fulvius nimmt Religion sehr ernst.«
    »Ich dachte, es sei einem Bürger verboten, sich zu verstümmeln …«
    »Ja, ist es.«
    »Oder in Frauenkleidern herumzutanzen?«
    »Ja. Zum Glück hasst Fulvius das Tanzen. Aber wie Sie vielleicht wissen, ist es Bürgern erlaubt, dem Kult Geld zu spenden. Onkel Fulvius ist so wohltätig, dass er nicht auf das jährliche Fest in Rom warten konnte. Er wollte nur so schnell wie möglich zum Unterhalt der Eunuchenpriester beitragen.«
    Das war frei erfunden, da ich das alles nicht ernst nehmen konnte, aber Caninus hörte begierig zu. »Er klingt faszinierend.«
    »Mit seinen mangelnden Geographiekenntnissen beim Buchen einer Schiffspassage? Nein, ich hätte keinen interessanteren Onkel haben können.« Mama wäre stolz auf mich gewesen.
    »Und hat er tatsächlich sein Dingens mit einem Stück Feuerstein abgesäbelt?«
    »Nicht dass ich wüsste.« Selbst wenn ich geglaubt hätte, Fulvius hätte das getan, war Selbstkastration ein Vergehen, und er war immer noch mein Verwandter. Ich würde der Marine keine Ausrede verschaffen, ihm unter die Tunika zu glotzen und nachzuschauen. Die konnten sich ihren Nervenkitzel woanders holen.
    Ich blickte den Attaché versonnen an und fragte mich, warum ihn mein lange verloren geglaubter Onkel so faszinierte.
    Der vierte Fremde, ein unauffälliger Mann in den Vierzigern, war mit einem Schwamm beschäftigt. Caninus warf ihm einen Blick zu und entschied, dass er gefahrlos fortfahren konnte. Ohne den Ton oder den Gesichtsausdruck zu verändern, kam er auf den Punkt. »Auf den Kais erzählt man sich, dass Ihr Onkel Fulvius zurückgekommen ist, nachdem er in Illyrien gelebt hat.«
    »Das ist mir neu«, entgegnete ich verärgert. »Nach meiner letzten Information war Onkel Fulvius beim Haifischangeln.«
    Ich sah keinen Grund für eine höfliche Verabschiedung. Ich stand auf und ging.

XLIX
    A ls ich wieder auf den Kai hinaustrat, war mir schlecht. Ich hatte keine Ahnung, wo Fulvius das letzte Vierteljahrhundert verbracht hatte. Selbst wenn er in Illyrien gewesen war, musste das nicht heißen, dass er mit Piraten und Entführern zu tun hatte. Aber die hinterhältigen Andeutungen des Schiffszwiebacks klangen, als wären sie nicht aus der Luft gegriffen. Ich war mit mehreren Unternehmern verwandt, deren Geschäftsgebaren besser hinter einem Schleier verborgen blieb. Fabius und Junius waren einfach nur peinlich, doch ihr älterer Bruder besaß eine Ader düsterer Intelligenz und dazu noch einen Abscheu vor gesellschaftlichen Regeln. Er machte sich einen Spaß daraus, Menschen zu verunglimpfen. Ich sah es ganz deutlich. Fulvius würde durchaus den Vermittler der Entführer abgeben können.
    Die Behauptung, der Illyrier sei eine »schäbige alte Schwuchtel«, hörte sich ebenfalls zutreffend an. Fulvius hatte zu einem Kult durchbrennen wollen, dessen Göttin laut dem Mythos als Zwitter geboren wurde. Kybeles männlicher Partner wurde aus ihren abgetrennten Genitalien geschaffen, nur um sich selbst verzückt zu entmannen. Das war eine Familie, die ich nicht beneidete. Wenn sie an den Saturnalien ums Feuer saßen und Krankengeschichten austauschten, konnte das nicht lustig sein. Aber kein glückloser Neffe hatte Kybele, der Großen Mutter vom Berg Ida mit ihrer Türmchenkrone, je erklären müssen, dass Attis nicht nur ein Eunuch mit einer Zipfelmütze war, sondern ein Hauptdarsteller bei einem hässlichen Lösegeldschwindel.
    Ich war hart im Nehmen, aber nicht so hart, das auch noch am Hals haben zu wollen. Die Schreckgespenster meiner

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