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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gewesen. Es gab praktisch überall Tempel, manche brandneu, andere noch aus der Zeit, als der Ort nur eine Ansammlung von Salzsiederhütten in einem Sumpf gewesen war. Wenn die Ostianer Platz für irgendeine Art geweihter Einfriedung fanden, bauten sie hurtig eine Mauer um drei Seiten und errichteten ein Podium mit einem von Säulen getragenen Schrein. Ihr Motto war: Warum einen bauen, wenn da Platz für vier ist? Eine Anhäufung von Altären war besser als ein einzelner. Als ihnen die Götter ausgingen, schwenkten sie zu allegorischen Konzepten um. In der Nähe unserer Wohnung stand eine Reihe von vier kleinen Tempeln, Venus und Ceres geweiht und dazu auch noch Spes und Fortuna, also Hoffnung und Glück. Ich für meinen Teil hatte keine Zeit für Liebe, und mit zwei sehr kleinen Kindern unter den Füßen war ich absolut gegen weitere Fruchtbarkeit. Da es mir nicht gelingen wollte, Diocles aufzuspüren, verfluchte ich schon bald mein Unglück und hatte die Hoffnung aufgegeben.
    Nach meiner Rückkehr führte mich die Suche nach der Tante des Scriptors durch die gesamte Stadt. Ich nahm an, dass ich die beiden Riesentempel, die das Forum beherrschten, geweiht dem Jupiter sowie der Roma und dem Augustus, außer Acht lassen konnte. Jeder, der dort wohnte, beschrieb sein Haus als nahe dem Forum. Aufgeblasene Menschen würden es vielleicht beim Kapitol nennen. Unbestimmte würden sagen, sie würden mitten in der Stadt wohnen.
    Von diesen beiden abgesehen, musste ich sehr viele Tempel aufsuchen. Ich wurde versiert darin, den Rauch von Opferfeuern wahrzunehmen. Außerdem hingen mir Nymphäen bald zum Hals heraus. Die Ostianer schmückten gern Mauern am Wegesrand mit Wassertrögen, und obwohl einige nur Tränken für Lasttiere waren, hatten sie aus vielen dekorative Schreine für Wassergottheiten gemacht. Helena musste sich meine tägliche Ausbeute anhören, als Tempel zu meinem zwanghaften Sammeltick wurden, schlimmer noch wie zu der Zeit, als ich mit acht Jahren versuchte die sieben Hügel Roms zu erforschen, obwohl mir nicht erlaubt war, den Aventin allein zu verlassen. Jetzt war ich in Gesellschaft nicht mehr zu gebrauchen. Ständig hatte ich Notiztafeln mit den Einzelheiten der entdeckten Tempel dabei, wie das Tagebuch eines grässlichen Touristen. Bei der kleinsten Ermunterung zeigte ich den Leuten meine Karte mit den rot markierten Schreinen.
    Meine Mutter, die bei Maia untergekommen war, wurde ganz aufgeregt, als sie dachte, Helena hätte begonnen der Guten Göttin Opfer zu bringen. (Mir wurde erlassen, daran teilzunehmen; Männer sind nicht gut genug.) Bona Dea war für eine Weile die Favoritin bei unserem Rätselraten, da ihr hübscher Tempel mit Meeresblick außerhalb der Porta Marina lag. Wir fragten uns, ob Diocles eine Unterkunft in einer Gegend gewählt hatte, die er kannte – doch wenn sein Tantchen tatsächlich in dieser Nachbarschaft wohnte, hätten wir nicht erklären können, warum er sich eine Unterkunft gesucht hatte. Es gelang uns nicht, Vestina in der Nähe von Bona Dea aufzufinden, und so verlegte ich meine Suche wieder ins Zentrum der Stadt.
    Die oberste Gottheit hier war Vulkan, ein gradliniger Ambossgott mit einem einnehmenden Humpeln. Helena und ich verbrachten einen angenehmen Tag in seinem uralten Tempelkomplex. Wir nahmen Albia und die Kinder mit und benutzten es als Ausrede für ein Picknick, was auch gut war, da uns der Ausflug als Arbeitseinsatz nichts einbrachte. Vulkan mit Wasser in Verbindung zu bringen gelang uns nur durch eine weitschweifige Verknüpfung mit den feuerlöschenden Vigiles. Dürftig. Aus Gründen, die inzwischen niemand mehr wusste, war der Hohe Priester des Feuergottes der wichtigste Mann in Ostia und führte sich auf wie der Herr über die Prätoren und Ädilen des eigenen Kultes. Es war eine lebenslange Berufung von uralter Herkunft, die, soweit ich das erkennen konnte, heutzutage keine Vorteile mehr bot, außer dass unterwürfige Stadträte vor ihm katzbuckelten, alle in der Hoffnung, der momentane Oberpriester des Vulkan würde möglichst rasch tot umfallen, damit sie sich um seinen Posten balgen konnten.
    An dem Abend setzte sich Helena plötzlich im Bett auf und kreischte: »Kybele!« Das begeisterte mich nicht. Östliche Gottheiten sind generell erbärmlich, und ich zucke wirklich zusammen bei dem Gedanken an die Große Mutter und ihren selbst kastrierenden Kumpan Attis. Kein Mann, der das Leben liebt, kann ruhig über einen Gefährten nachdenken, der sich seine

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