Das Geheimnis des Scriptors
mit der Mistgabel dazwischen, wenn sie sich gegenseitig umbringen wollen.«
»Verstehe.« Mit einem Heben ihrer fedrigen Augenbrauen widmete sich Albia wieder meinen Töchtern. Ich nahm Helena zu Maias Haus mit und hoffte, dass Onkel Fulvius noch da war.
Als der schwer Fassbare war Fulvius dort gewesen und wieder gegangen.
Stattdessen stieß ich auf Gaius Baebius. Junia versuchte Mama zu überreden, den Invaliden auf ihrem Karren mit nach Rom zu nehmen. Mama belehrte sie mit scharfen Worten eines Besseren. Sie schien bedrückt zu sein. Was immer sie von Fulvius gewollt hatte, war wohl nicht so glatt gelaufen.
Nachdem sie nun mit ihrem Bruder gesprochen hatte, kehrte Mama nach Hause auf den Aventin zurück, dachte aber nicht im Geringsten daran, sich die Fahrt mit meiner Schwester und ihrem jammernden Ehemann zu teilen. Mama betrachtete es als ein Privileg des Älterwerdens, nicht mehr höflich zu Gaius Baebius sein zu müssen. Was voraussetzte, dass sie jemals höflich gewesen war.
»Ah, Marcus!« Nach der Abfuhr von Mama hielt sich Gaius an mich. »Ich denke darüber nach, zur Villa von Damagoras zurückzukehren und eine formelle Beschwerde über die Art unserer Behandlung abzuliefern. Ich werde nie wieder derselbe sein.« Ein amateurhaftes Husten bestätigte das.
Und Junia bedrängte mich: »Du wirst mit ihm gehen! Ich kann mich nicht der Gefahr einer Bande gewalttätiger Piraten aussetzen, und Gaius ist nicht mehr in der Lage zu fahren.«
Ich sah, wie meine Mutter ihren speziellen Blick auf Gaius heftete. Boshaft hörte ich mich versprechen, den Protest zu überbringen. Ich hatte eine ziemlich gute Vorstellung, was Damagoras und Cratidas zu der Geldforderung sagen würden. Ich hatte nicht die Absicht, sie zu verärgern, fand aber, dass es mir die Möglichkeit geben könnte, für meine eigenen Zwecke einen weiteren Blick auf die Kilikier zu werfen.
»Du solltest auch ein ernstes Wort mit Onkel Fulvius sprechen«, wies mich Junia an. »Du bist das Oberhaupt der Familie.« Seit dem Tod meines Großvaters hätte das Fulvius sein sollen, aber er lehnte diese Pflicht ab. Nach allem, was ich wusste, würde er glatt die Büsten unserer Vorfahren verscherbeln (wenn wir welche besessen hätten). »Hier ist unsere arme Mutter, die versucht hat zu vermitteln und ihn in die Familie zurückzuholen, aber er hat es einfach abgelehnt, irgendwas mit uns zu tun zu haben. Er hat Mutter vollkommen verstört.«
»Ich bin nicht verstört«, log Mama. Sie entschied lieber selber, wann sie die Hilflose spielen wollte.
»Wollen Fabius und Junius ihn wirklich wiederhaben?«, fragte ich.
»Fulvius ist der Gescheite«, gab Mama zurück, als würde der Hof jemanden mit Intelligenz brauchen. Das stimmte, aber ich betrachtete es als genau den Grund, warum seine Brüder glücklicher wären, wenn Fulvius im Exil bliebe.
»Was macht er denn eigentlich, Mama, und warum ist er nach Ostia gekommen?«
»Das hat er nicht gesagt.«
»Was, und du hast es nicht geschafft, ihm das aus der Nase zu ziehen?«
Meine Mutter schien etwas zurückzuhalten. Offensichtlich hatte Onkel Fulvius eine weitere absurde Betätigung gefunden, die uns gewaltige Peinlichkeiten bescheren würde. Mama erriet meine Gedanken. Daher murmelte sie rasch: »Er erzählte mir, er hätte sich aufs Haifischangeln verlegt.« Sie pflegte Erklärungen auf eine Art abzugeben, die darauf abzielten, dass man sie ihr nie wirklich glaubte.
Ich war mir nicht sicher, wie alt meine Mutter war, aber von Onkel Fulvius wusste man, dass er zehn Jahre älter war als sie – ein bisschen geriatrisch, um noch mit Tiefsee-Menschenfressern zu rangeln. Typisch für meine Familie. Ihr Wahnsinn führte selten zu echtem Schaden, aber sie wusste nie, was sich schickte. Ich hätte mich zurücklehnen und das alles nur als gute Unterhaltung betrachten können, doch seit dem Tod meines Großvaters drängten mich Familienmitglieder ständig dazu, andere Verwandte zu läutern unter diesem tödlichen Edikt: »Du bist das Familienoberhaupt.«
Privatermittler, die ihre unzuverlässige Seite ausspielen, gehen dem aus dem Weg. Mit plötzlicher Zuneigung schaute ich zurück auf meine verantwortungslosen Tage.
Am nächsten Tag mietete ich erneut einen Esel und ritt an der Küste entlang hinaus. Am Tor zu der sogenannten Piratenvilla stand diesmal ein Wächter, aber er ließ mich ohne weiteres ein. Als ich den sandigen Pfad hinunterritt, kam ich an einem Mann vorbei, der in der Gegenrichtung unterwegs war.
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