Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)
»Warum?«, wollte er wieder wissen. Seine Stimme hallte viel zu laut zwischen den Häusern der engen Gasse. Benthe zuckte zusammen.
»Scht«, fuhr Ellie ihn an und stieß ihm den Ellenbogen in die Seite.
Nik stolperte und sein Knie schmerzte. In der Ferne erklangen Schritte. »Warum?«, stieß er zwischen den Zähnen hervor. Er wusste, wie leichtsinnig er ihr aller Leben aufs Spiel setzte, aber er konnte nicht anders. Er musste es wissen, denn er vertraute Luuk nicht. Was auch immer Benthe behauptete, es musste der Spiegelmacher dahinterstecken, wenn Luuk bei ihnen bleiben wollte.
Aber Luuk antwortete nicht. In der Nähe klappte eine Tür. Nik wartete auf eine Antwort. Warum sollte Luuk ihn selbst an den Spiegelmacher ausliefern und dann Benthe aus dessen Gewalt befreien? Ellie fasste Nik am Arm und zog daran.
»Wir verschwinden hier«, sagte Benthe leise. Sie drehte sich um und ging die Straße erst mit kleinen zögernden Schritten, dann immer bestimmter entlang, um die Werkstatt des Spiegelmachers weit hinter sich zu lassen. Luuk wandte den Kopf und sah ihr hinterher. Stumm folgte er ihr.
Nik fluchte. Ellie zerrte noch immer an seinem Arm und schließlich gab er nach.
Bei jedem Schritt schmerzten Niks Knie und sein Rücken, aber da Luuk nicht stöhnte, würde auch er die Zähne zusammenbeißen. Benthe führte die kleine Gruppe zu ihrem Versteck im Lagerhaus. Nik wurde ganz schlecht, als er es bemerkte. Dort würde er sich nie wieder verbergen können, weil Luuk den Ort nun auch kannte. Nik blieb stehen und wollte ein anderes Ziel vorschlagen, doch Ellie hielt seinen Arm fest umschlossen und Luuk und Benthe waren schon um die nächste Hausecke gebogen. Seufzend fügte er sich seinem Schicksal.
Allerdings würde er wachsam bleiben, denn schließlich hatte Luuk ihn an die Gilde verraten. Selbst wenn er Benthe wirklich geholfen hatte, musste es dafür einen Grund geben. Außerdem hatten Ellie und er den ersten Riegel des Fensters schon wieder geöffnet. Sie hätten seine Hilfe nicht gebraucht, um Benthe zu retten.
Ellie zog ihn dichter zu sich heran. »Wir finden heraus, was er weiß. Dann kann er sich zum Teufel scheren.«
Nik schnaufte.
»Denk nach«, zischte Ellie. »Sein Wissen könnte uns nützlich sein.«
»Warum sollte er uns etwas verraten? Er arbeitet für Heinrich.« Ellie lachte leise und deutete mit der Hand nach vorn.
Luuk und Benthe hielten sich an den Händen. Aber nicht wie Ellie und er. Sie zerrten nicht aneinander. Es zog nicht einer den anderen die Straße entlang, um ihn von unüberlegtem Handeln abzuhalten. Nein, sie gingen nebeneinander her.
Nik stolperte. Schmerz zuckte durch seinen Rücken und ihm wurde schlecht. Er wollte sich auf Luuk stürzen, ihm jede Gemeinheit heimzahlen und ihn so lange treten, bis er endlich Benthes Hand losließ.
Ellie blieb stehen und legte ihm beide Hände auf die Schultern. Sie wartete, bis er ihr ins Gesicht sah. »Ich soll keine Rache nehmen und du darfst es auch nicht. Das hilft uns nicht.«
Nik wollte ihr widersprechen, doch ihm fiel nichts ein, womit er sein Verhalten rechtfertigen konnte. Er betrachtete Benthe und Luuk und spürte dabei Ellies warnenden Blick auf sich liegen. Langsam schob er die geballten Fäuste in seine Taschen und senkte den Kopf. Schweigend gingen sie nebeneinander zum Lagerhaus.
Ellie öffnete die Tür und sie stiefelten die Treppe hinauf bis unter das Dach. Nik stieß mit dem Fuß gegen die Säcke, auf denen sie geschlafen hatten. Als sie einen Kreis bildeten und nicht mehr zu nah beieinanderstanden, setzten sie sich.
»Nun«, sagte Ellie nach einer Weile, in der sie sich stumm angestarrt hatten, »ich bin Ellie und du bist …«
»Luuk.«
»Ja«, sie nickte ernst. »Von dir habe ich schon gehört.«
Nik betrachtete entschlossen seine Knie. Die Hosen waren nicht aufgerissen, doch etwas Blut klebte an dem Stoff.
»Hast du dem Spiegelmacher Niks Namen verraten?«, wollte Ellie wissen.
Nik untersuchte seine Stiefel. Trotzdem sah er, wie Luuk nickte.
Ellie sprang auf. Mit einem Satz stand sie vor Luuk und griff mit den Händen nach seinen Schultern. Sie schüttelte ihn. »Verräter«, brüllte sie. Luuk starrte sie mit offenem Mund an und wehrte sich nicht.
»Du hast ihn getötet«, schrie Ellie. »Du hast Nik an einen Mörder verraten. Genauso gut kannst du ihn gleich selbst umbringen.«
Nik stand auf, zog Ellie neben sich auf den Sack und legte ihr einen Arm um die Schultern.
Benthe beobachtete ihn dabei und
Weitere Kostenlose Bücher