Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
sogar, dass sie schwimmen konnten, was längst keine Selbstverständlichkeit war.
Wie üblich würden Gero und seine Kameraden die schmale Passage des Mittelländischen Meeres zwischen Antarados und einem Ort oberhalb von Tortosa mit einer Tarida überqueren, einer großen Kriegsgaleere, von denen zurzeit zwei im Hafen von Antarados lagen. Bei Einbruch der Dunkelheit sollte das Schiff an der gegenüberliegenden Küste oberhalb von Tortosa an einem unbewohnten Küstenstreifen anlanden. Die etwa hundert Ruderleute an Bord benötigten etwa ein bis zwei Stunden, um die zwanzig Ordensritter und noch einmal so viele Turkopolen, wie man die syrischen Bogenschützen nannte, samt Rössern zum schräg gegenüberliegenden Ufer zu bringen. Aufgrund der Größe der Galeere durften sie, um nicht aufzufallen, erst in der Dämmerung ablegen. Auf dem Festland angekommen, sollte es zu Pferd zu einem Waffenlager der Mameluken weitergehen, das der Ordensmarschall nach Rücksprache mit seinen Kommandeuren für einen Angriff auserkoren hatte. Es lag in einer Talsenke, unterhalb der ehemaligen Templerfestung Marqab. Bei Tag war dieser Ort wegen seiner glühenden Hitze ein übler Höllenkessel, doch bis sie dort eintreffen würden, war es längst Nacht und würde deutlich kühler sein.
Vom Hafen strich ein frischer Wind über Geros blonden Bart und das kurzgeschorene Haupthaar, das so typisch für die Templer war. Einen Moment lang verspürte er Linderung von der allgegenwärtigen Hitze, doch die Luft war noch zu warm, um ihr Versprechen halten zu können.
Bis zum Ende des Sommers hatten die Angehörigen des Templerordens auf Antarados vergeblich auf Abkühlung gehofft, was sowohl das Wetter als auch die politische Lage betraf. Die heidnischen Mameluken, die das Heilige Land eisern im Griff hielten, wehrten sich hartnäckig gegen die Übergriffe der Christen. In den vergangenen Wochen und Monaten waren Gero und seine Kameraden immer wieder im Auftrag des Ordens zu kräftezehrenden Raubzügen gegen die Heiden entsandt worden. Mit dem Ergebnis, dass sie inzwischen vierzehn Brüder im Kampf verloren hatten und die Mameluken sich wie wütende Hornissen benahmen, die ihre Nester verteidigten. Dabei hatten Gero und seine Ordensbrüder nur wenig Beute und noch weniger Gefangene gemacht. Ein paar mehr oder weniger wertvolle Verwandte diverser Emire befanden sich darunter, die man für einen möglichen Austausch auf der Festung unter Verschluss hielt. Ansonsten ergab es keinen Sinn, noch weitere, gewöhnliche Heiden auf die Insel zu schleppen, weil Essen und Trinken kaum für die Menschen ausreichend vorhanden war, die bereits auf Antarados lebten, geschweige denn für Hunderte von mamelukischen Sklaven, die ebenso hätten versorgt werden müssen.
Erschwerend kam hinzu, dass das winzige Eiland nur eine einzige Süßwasserquelle besaß, die zu dieser Jahreszeit kaum etwas hergab. Auch die Wasservorräte in den selbsterbauten, unterirdischen Auffangbecken waren so gut wie aufgebraucht. Wenn es so weiterging und der Nachschub aus Zypern mal wieder auf sich warten ließ, würden sie am Ende gezwungen sein, das Blut ihrer Pferde zu trinken, wie ihre Vorfahren auf den Kreuzzügen in den Jahren zuvor. Gekocht und gewaschen wurde ohnehin nur mit Meerwasser, und inzwischen tranken sie unverdünnten Wein, weil an Süßwasser gespart werden musste. Doch der Wein stieg manchen zu Kopf und animierte sie zu Schlägereien oder dazu, die wenigen Frauen auf der Festung zu belästigen.
Kaum hatten Gero und seine Kameraden den gepflasterten Zufahrtsweg erreicht, der zur Verladerampe am Hafen führte, huschte eine schlanke Gestalt an ihrem Tross vorbei. Obwohl der schwarze Umhang das lange dunkle Haar fast vollständig verbarg, war Gero sicher, dass es sich bei der Frau um Warda handelte. Oder sollte er besser Maria sagen, wie sie sich seit ihrer Ankunft auf dieser Insel nannte?
Leichten Schrittes und ohne sich nach den Reitern umzuschauen, nahm sie eine enge Steintreppe hinunter zu den weißgetünchten Fischerhäusern, die den Hafen umringten wie ein Wall aus ineinander verschachtelten Quadern, mehrstöckig und mit winzigen engen Gassen durchzogen. Königsblaue Türen zierten die meisten Eingänge, und bunte Stoffe wehten aus den kleinen Fenstern. Auf den flachen Dächern hatten die Bewohner wie üblich ihre Sommerlager aufgeschlagen, die ihnen des Nachts als Schlafstätte dienten. Gero schaute Warda nachdenklich hinterher, während sie wie ein junges Mädchen
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