Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
Teufel ist denn in dich gefahren? Oder hast du es selbst so nötig, eine Frau zu besteigen, weil dir deine Gier die Sinne vernebelt?“ Er machte einen Schritt auf Warda zu und zog sie in seine Arme, zugleich zückte er seinen Dolch und setzte die Spitze an ihre Brust. Sie stieß einen hellen, kurzen Schrei aus, wagte es jedoch nicht, noch lauter zu schreien oder sich ihm zu entwinden.
„Wir können sie uns ja teilen“, schlug Hugo mit jovialer Stimme vor. „Sie ist eine Hure, sie treibt es mit vielen Männern, oder hast du das etwa schon vergessen?“
„Ich sagte, du sollst sie nicht anfassen“, zischte Gero mit Nachdruck und machte einen Schritt auf Hugo zu, „nicht mehr und nicht weniger, also nimm das Messer runter und verschwinde lieber, bevor ich vergesse, wer du bist und was uns verbindet.“
„Ich bin dein Kommandeur, und du hast mir zu gehorchen“, stellte Hugo ungerührt klar. „Ich hoffe, das ist dir bewusst.“ Beiläufig legte Hugo die Hand an seinen Schwertgriff. „Und deshalb befehle ich dir, dich unverzüglich auf die Festung zu begeben und wegen Ungehorsams deine Buße zu tun, indem du in der Kapelle einhundert Vaterunser betest. Tust du es nicht, werde ich dich in der Kapitelversammlung wegen Befehlsverweigerung anklagen, und das wird härtere Folgen für dich haben als den Verlust einer Hure.“
„Dann lassen wir es darauf ankommen“, knurrte Gero, fest entschlossen, Warda mit diesem Mann nicht allein zurückzulassen. Zumal sie die Gefahr, die von Hugo ausging, nicht klar zu erkennen vermochte. Er konnte sie töten und anschließend ins Meer werfen. Gero war jedoch sicher, dass Hugo eher die seichtere Variante wählte und sie unter der Androhung von Verrat an den König so lange missbrauchte, bis er ihrer überdrüssig war. Schon alleine deshalb rechnete er nicht damit, dass Hugo so einfach nachgeben würde.
Doch anstatt ihn anzugreifen, ließ Hugo plötzlich das Messer sinken und trat von Warda zurück. Offenbar, weil sich hinter Gero ein eindrucksvoller Schatten erhob. Als er sich umschaute, blickte Gero in das grimmige Gesicht des schwarzäugigen Schotten. Struan MacDhoughail hätte nicht passender aufkreuzen können.
„Ich habe nach dir gesucht“, erklärte der Schotte rau, „weil gleich noch eine zusätzliche Bußandacht für Fabius und die beiden anderen Brüder abgehalten wird, an der alle Ritterbrüder teilnehmen sollen.“
Mitten im Satz stutzte er, weil sein Blick offenbar auf Geros gezücktes Schwert gefallen war und auf Hugo d’Empures, der ebenso seinen Schwertgriff umklammert hielt. Dann bemerkte er Warda. Bisher war sie dem Schotten noch nicht über den Weg gelaufen, wenn man von der Tanzeinlage in Famagusta einmal absah, aber da hatte sie einen Schleier getragen, und Gero glaubte kaum, dass sie Struan danach als Wäscherin aufgefallen war. Allem Anschein nach interessierte sich der Schotte nicht besonders für Frauen. Aber das bedeutete nicht, dass er generell unaufmerksam war.
„Bist du in Schwierigkeiten?“, fragte er Gero und hob seine dunklen Brauen.
„Nein.“ Gero blieb vollkommen ruhig. „Bruder Hugo und ich wollten dieser Maid zu Hilfe eilen, weil sie glaubte, ein Ungeheuer im Wasser gesehen zu haben“, log er. „Nicht wahr, Bruder Hugo?“
„Ein Ungeheuer“, wiederholte der Schotte stoisch. „Dort, wo ich herstamme, gibt es Dutzende Ungeheuer in den Seen und auch im Meer. Normalerweise erscheinen sie friedlich, trotzdem sollte man sich vor ihnen in Acht nehmen und ihnen nicht zu nahe kommen, sonst fressen sie einen mit Haut und Haar.“
Diese Feststellung traf ohne Zweifel auch auf Hugo d’Empures zu, und Gero war nicht sicher, ob der Schotte diesen Vergleich absichtlich gewählt hatte.
Gero wechselte einen schnellen Blick mit seinem wütend dreinblickenden Kommandanten. „Ich glaube, es ist das Beste, wenn wir die Dame gemeinsam bis zur Festung begleiten, damit sie unbehelligt von jedweden Ungeheuern zur Burg gelangen kann“, schlug er vor und lächelte zweideutig.
Als sie auf der Festung angekommen waren, blieb Warda noch einen Moment bei Gero stehen, während Hugo und Struan sich ohne Abschied zur Kapelle davongemacht hatten.
„Danke, dass du mir schon wieder zu Hilfe geeilt bist“, erklärte Warda und schlug die Augen nieder.
„Versprich mir, dass du dich vor diesem Hund in Acht nehmen wirst. Geh ihm aus dem Weg, wenn es dir möglich ist, und komm nicht auf die Idee, ihn noch einmal mit deinen seltsamen Weissagungen zu
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