Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
preisgab. Aufgrund seiner tiefschwarzen Haare, des schwarzen Bartes und seiner fast schwarzen Augen hielten ihn viele für einen Sarazenen. Was natürlich Blödsinn war, weil kein Muslim als Bruder des Tempels aufgenommen werden durfte und ihm damit auch nicht das Tragen des weißen Mantels erlaubt gewesen wäre. Aber es war eine Möglichkeit, den schweigsamen Schotten zu provozieren. Umso mehr bewunderte Gero Struan Geduld, indem er grundsätzlich nicht auf die Provokation einzelner Schwachköpfe einging.
„Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht an ihn denke“, bekannte Gero leise, ohne seinen Blick von der Wasseroberfläche abzuwenden, die in der Mittagssonne unzählige glitzernde Lichter reflektierte. „Ich frage mich, ob seine Seele inzwischen ins Paradies aufgefahren ist und er uns von dort oben zusehen kann.“ Gero stieß einen leisen Seufzer aus und begegnete dem mitfühlenden Blick seines hünenhaften Kameraden mit Hoffnung und Furcht zugleich.
„Selbstverständlich ist er im Himmel“, gab Struan mit unbeweglicher Miene zurück. „Wo sollte er sonst sein? Schließlich ist er im Namen unseres Herrn Jesu gestorben.“
„Ja“, erwiderte Gero und schluckte. „So wie Luigi, Geanfranco, Pedro, um noch einige andere zu nennen. Sie alle sitzen nun zur Rechten unseres Vaters. Und Tausende andere Brüder mit ihnen. Manchmal frage ich mich, ob es überhaupt so viel Platz im Himmel gibt, dass wir alle irgendwann dort unterkommen können.“
Gero hob eine Braue und überzeugte sich mit einem Seitenblick davon, ob niemand in Reichweite war, der ihnen zuhörte. „Außerdem frage ich mich“, gab er mit verhaltener Stimme zu bedenken, „ob Gott wirklich gutheißt, was wir hier tun. Oder ob er uns nicht längst verflucht für all das Blut, das wir vergießen. Nicht nur als Christen, sondern auch bei den Heiden.“
Struan ersparte sich einen Kommentar. Wer würde ihnen je bestätigen können, ob der Tod all dieser tapferen Männer tatsächlich etwas bewirkte? Bisher waren ihre Einsätze gegen die Mameluken nur Nadelstiche gewesen, die sie den Heiden unter hohen eigenen Verlusten hatten zufügen können. Dass im Auftrag des Herrn nicht nur männliche Gegner, sondern auch deren unschuldige Frauen und Kinder mitunter ihr Leben gelassen hatten, wurde dabei gerne verschwiegen. Die Rückeroberung des Heiligen Landes erschien Gero unterdessen weiter entfernt als je zuvor. Hatte er zu Beginn noch gedacht, es wäre leicht, Jerusalem von den Heiden zu erlösen, so wusste er inzwischen, dass der Kampf darum lediglich die sicherste Art für einen Templer war, den Tod zu finden. Wobei er selbst bisher merkwürdigerweise verschont geblieben war. Und dabei ersehnte er sich nichts mehr, als endlich mit seiner Lissy im Paradies vereint zu sein.
Hugo d’Empures kündigte unterdessen lautstark von Land her die Ankunft des Schiffskommandanten an. In seinem Gefolge rückten zwanzig Turkopolen an. Syrische Bogenschützen in braunschwarzer Kleidung, die auf ihren pfeilschnellen Araberpferden die größte Bedrohung für die Heiden darstellten. Während Kommandant Henri d’Arches an Bord ging, brachten die Männer mit den auffälligen Helmturbanen ihre schnaubenden Tiere unter Deck. Eine Weile später standen sie mit den zwanzig weißgewandeten Templern und hundert Ruderern stramm und grüßten mit einem „Gott sei mit Euch, Seigneur“ den Kommandanten auf See. D’Arches trug wie die anderen Ritter einen weißen Mantel mit einem roten Kreuz darauf. Nur die weiße, breitkrempige Kappe mit der goldfarbenen Kordel wies auf sein besonderes Amt als Befehlshaber dieses Schiffes hin.
„Rühren!“, rief der weißbärtige Bretone mit einer sonoren Stimme, die seinen breiten Brustkorb zu sprengen drohte.
Die Sonne versank am Horizont als rotglühender Ball im tiefblauen Meer, als die Galeere sich wenig später unter kräftigen Ruderschlägen in Bewegung setzte und mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit den befestigten Hafen verließ, von wo aus sie Kurs nach Osten nahm.
Von einem Mast am Bug des Schiffes hielten Späher Ausschau nach feindlichen Schiffen. Dort und an den Seiten des Schiffskörpers hatte man mächtige Geschütze installiert, die ähnlich wie eine gewaltige Armbrust Steingeschosse und Lanzen abschießen konnten, die mit Teerstreifen umwickelt und angezündet beim Gegner erheblichen Schaden anrichteten. Natürlich war die Gegenseite nicht unbedingt schlechter ausgerüstet, was eine gewisse Wachsamkeit
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