Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
dicken Locken, »ich möchte ihn Euch als Knappen zuteilen, Bruder Gerard. Es ist Euch doch recht, oder? Ich meine, er ist noch ein bisschen zu jung, um das Waffenhandwerk zu erlernen, aber ich bin sicher, dass er bei Euch in guten Händen ist.«
Gero blickte auf den Blondschopf hinab, der für sein Alter nicht besonders groß geraten war, und empfand sofort ein Gefühl inniger Zuneigung für den Jungen. Matthäus war zwar klein, aber zäh, wie man an seinem Körperbau trotz der dicken, braunen Kutte erkennen konnte. Und als er schließlich doch zu ihm aufblickte, hatte er die gleichen blauen Augen wie Gero und auch die Sommersprossen waren ähnlich wie jene, die er selbst als Junge gehabt hatte.
»Wir kriegen das schon hin«, entgegnete Gero aufmunternd. »Willst du mit mir kommen, Mattes?«, fragte er in einem lothringischen Dialekt, der für die Heimat von Matthäus typisch war, und brach damit das Eis. »Ich werde dich mit meinem Schlachtross bekannt machen. Es ist sehr klug und frisst liebend gerne Äpfel. Du könntest ihm welche geben. Als mein Knappe ist es für dich wichtig, dass ihr euch möglichst rasch anfreundet.«
»O ja!« Matthäus’ blaue Augen begannen unvermittelt zu leuchten.
»Aber zuerst müssen wir noch einen Kameraden besuchen. Ihn hat es schlimm erwischt, als wir vor ein paar Tagen ein Räubernest ausgehoben haben. Er kann ein bisschen Unterhaltung sicher gut gebrauchen. Vielleicht willst du ihm erzählen, wo du herkommst und wie es dort so ist.«
Matthäus erwachte vollends aus seiner Erstarrung, schaute zu Gero auf und nickte zustimmend.
Henri d’Our machte ein erstauntes Gesicht. »Ihr wärt ein guter Vater geworden, wenn Gott Euch nicht zu den Templern geführt hätte«, sagte er, ohne zu wissen, welchen Schmerz er Gero mit dieser harmlosen Bemerkung zufügte. »Beinahe schade, dass Ihr Euch für den Orden und damit gegen Frau und Kinder entschieden habt.«
»Solange ich im Orden auch ein Lehrmeister sein kann, geht ja nichts von meinen Talenten verloren«, bekannte Gero geduldig.
»Wie geht es Bruder Johan?«, fragte d’Our unvermittelt, bevor er Gero und den Jungen entließ.
»Schon besser«, antwortete Gero. »Der Eremit hat ganze Arbeit geleistet. Johans Antlitz wird nie mehr so sein, wie es vorher war, aber er wird überleben, und das ist die Hauptsache.«
»Ja«, fügte d’Our bestätigend hinzu. »Als Ordensritter muss er mit seinem Aussehen wenigstens keiner Frau imponieren, insofern hat er Glück, einer der unseren zu sein.«
Gero war nicht sicher, ob Johan das genauso sehen würde. Als er wenig später in die unglücklichen Augen des flandrischen Bruders blickte, der unglücklicherweise nach einem Spiegel verlangt hatte, wurde ihm klar, dass ihn die Worte des Komturs wohl kaum trösten würden.
»Wer ist das denn?«, fragte er schwach, als Gero seinen jungen Begleiter zum Lager des flandrischen Bruders führte. Matthäus war anzusehen, dass ihm der Anblick des Kopfverbandes, der Johans komplettes Gesicht bis auf Augen und Lippen bedeckte, ein wenig Unbehagen bereitete. Zumal auch die Lippen durch kirschrote Schwellungen und aufgeplatzte Stellen gekennzeichnet waren.
»Matthäus von Bruch, mein neuer Knappe. Auch Mattes genannt. Er ist d’Ours Neffe und ab heute ein wertvoller Gehilfe des Ordens.« Gero klopfte dem Jungen anerkennend auf die Schultern und lächelte ihn an.
»Tut das weh?«, fragte Matthäus, der unbeeindruckt von Geros Ankündigung weiterhin Johans Gesicht mit argwöhnischen Blicken fixierte und dabei die Stirn in Falten legte.
»Ja, es tut weh«, flüsterte Johan. »Verdammt weh.«
»Du könntest Johan etwas vorlesen, um seine Schmerzen zu lindern.« Gero zwinkerte Johan zu, was Matthäus nicht sah. »Du kannst doch lesen, oder?«
»Natürlich kann ich lesen, Herr. Ich war von meinem siebten Lebensjahr an in der Klosterschule. Dort habe ich neben dem Lesen auch das Schreiben und Rechnen erlernt. Außerdem spreche ich Deutsch, Franzisch und ein wenig Latein.«
»Oho!«, entfuhr es Gero. »Dann bist du ja genau richtig hier. Damit erteile ich dir den Auftrag, Bruder Johan ab sofort die Langeweile zu vertreiben, damit er von seinen Leiden abgelenkt wird. Mindestens eine Stunde pro Tag, jeweils vor der Messe, liest du ihm etwas vor.«
»Zu Befehl, Seigneur!« Matthäus nahm Haltung an.
Johan verdrehte die Augen. Lächeln konnte er nicht.
»Dank dir, Mattes«, sagte er heiser, »das ist sehr großzügig von dir. Ich freu mich schon
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