Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
glaubt, Bruder Gero, dann reist doch selbst einmal hin. Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Hause Breydenbach
solch widerwärtige Zustände herrschen.« Guy schenkte Gero einen provozierenden Blick, der mit einem gefährlichen Aufblitzen
in den sonst so überlegt wirkenden blauen Augen erwidert wurde.
»Lasst mein Zuhause aus dem Spiel und das von Struan erst recht«, zischte Gero wütend. »Hier sind wir alle gleich, falls unser
arroganter Bruder das noch nicht bemerkt haben sollte.«
Guy zuckte mit den Schultern und wandte sich gelangweilt ab. Sein |35| Desinteresse an Geros Retourkutsche unterstrich er damit, indem er akribisch die Reinigung seines Kettenhemdes fortsetzte.
»Struan hat sich krank gemeldet«, wusste Francesco zu berichten und hoffte, damit die Spannung ein wenig beizulegen.
Gero hob fragend die Brauen.
Guy de Gislingham hielt inne und drehte sich langsam um. Linkisch legte er seinen Kopf schief, während sein wissender Blick
über die Anwesenden glitt. »Schon ziemlich lange krank, der Junge – hat sich wohl ein hartnäckiges Leiden eingefangen, der
Arme.« Ein höhnisches Grinsen glitt über seine Gesichtszüge, die nicht unbedingt so edel waren wie seine Herkunft. Abwechselnd
blickte er von Gero zu Johan, die mittlerweile nebeneinander standen. »Vielleicht sollten wir Vater Augustinus befragen, ob
es die speziellen Symptome einer Krankheit sind, vor der er uns fortwährend warnt.« Guys hässliches Kichern forderte Gero
geradezu heraus.
Mit zwei mächtigen Schritten war der deutsche Ritter am Bett des englischen Bruders angelangt. Seine eiserne Faust packte
das Leinenhemd des Engländers und drehte es geschickt zu einem Strick. Dann riss er den unsympathischen Bruder ohne Gnade
in die Höhe, geradeso, als ob er ihn an einen Haken hängen wollte.
Guy de Gislingham, der eine halbe Elle kleiner war als Gero, röchelte, während sein Gesicht blutrot anlief und sein ansonsten
unscheinbarer Kopf unter der Strangulation immer weiter anzuschwellen schien. Vergeblich versuchte er sich zu befreien, indem
er mit den Beinen strampelte und sich verzweifelt bemühte, mit beiden Händen Geros Faust zu lockern. Das Einzige aber, was
ihm blieb, war das Sehnenspiel in den mächtigen Unterarmen seines Gegners zu beobachten. Er besaß nicht einmal genug Luft,
um zu schreien. Und es hätte ihm wahrscheinlich auch niemand geholfen, hätten die Brüder nicht gefürchtet, Gero könnte den
Engländer töten und dafür am Galgen landen.
Mit einem Mal spürte Gero, wie mehrere starke Arme an ihm zerrten und Johan van Elk beruhigend auf Deutsch auf ihn einredete.
»Bruder, lass ihn los … du machst dich nur unglücklich und uns dazu … bitte!«
Mit einem Ruck stieß Gero seinen Widersacher zu Boden. Seine |36| Nasenflügel blähten sich wie die eines schnaubenden Stiers, und sein Atem ging stoßweise. Es fehlte nicht viel, und er hätte
vor dem immer noch nach Luft ringenden Bruder Guy ausgespuckt. Abrupt drehte er sich weg und ging zurück zu seinem Lager.
Johan, der noch einen Moment verharrte und auf den verstört drein schauenden Bruder Guy herabblickte wie auf ein Stück Aas,
vergaß hingegen seine gute Kinderstube.
»Arschloch!«, zischte er auf Deutsch, und als Gislingham ihn mit blöden Augen anstierte, beugte er sich zu ihm hinab und buchstabierte
dem begriffsstutzigen Bruder in englischer Sprache, indem er jeden einzelnen Buchstaben betonte.
»A-s-s-h-o-l-e!«
Dann richtete er sich auf und ließ den verblüfften Bruder Guy einfach sitzen.
Dieser krabbelte mühselig wie ein Käfer, der zu lange auf dem Rücken gelegen hat, auf sein Bett, während er sich seinen strangulierten
Hals massierte. Mit zusammengekniffenen Augen sah er hasserfüllt zu Gero hinüber, der nicht weit entfernt stand und ihn keines
Blickes würdigte.
Die übrigen Brüder beobachteten mit Argusaugen, wie Gero auf seinem Bett offenbar unbekümmert einige Kleidungsstücke zusammenlegte
und sich den Anschein gab, als ob nichts geschehen wäre.
Durch die offenen Fenster drang das Läuten der Glocken herein und rief all die Brüder zum abendlichen Vespergesang, die nicht
von den Stundengebeten befreit waren. Gero zog sich rasch seinen Haushabit über und sah sich nach seinem deutschen Bruder
um, der bereits neben ihm stand. »Kommst du mit zur Vesper?«
Johan nickte. »Was wolltest du von mir?«
»Ich muss im Auftrag des Komturs ein paar Brüder für einen Einsatz rekrutieren,
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