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Das Geheimnis des Templers - Episode VI: Mitten ins Herz (German Edition)

Das Geheimnis des Templers - Episode VI: Mitten ins Herz (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Templers - Episode VI: Mitten ins Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Knappen im Alter von elf bis achtzehn Jahren, die bereit standen, für ihre Chevaliers das Abschirren und Versorgen der Pferde
     zu übernehmen.
    Matthäus von Bruch, ein schmächtiger, zwölfjähriger Lockenkopf, nahm Gero mit einem strahlenden Lächeln die Zügel des silbergrauen
     Percherons ab. Währenddessen entledigte sich sein Herr der eisenbeschlagenen Plattenhandschuhe und fuhr mit einer ruppigen
     Geste über den wuscheligen Kopf seines Knappen.
    »Na, Mattes, alles klar?«
    Matthäus nickte selig und führte den riesigen Kaltblüter zu den Tränken. Gero marschierte indes mit seinen Kameraden auf die
     Mannschaftsräume am anderen Ende des Innenhofes zu. Noch bevor sie die Unterkünfte erreichten, scherte er aus und genehmigte
     sich trotz seiner Eile rasch zwei Kellen Wasser aus einem der Holzeimer, die halbgefüllt am Brunnen standen. Danach hastete
     er mit der gesiegelten Pergamentrolle in der Linken im Laufschritt die steile Außentreppe eines dreistöckigen Sandsteingebäudes
     hinauf. Auf einem schmalen Absatz im ersten Stock machte er halt und öffnete unter einem leisen Knarren eine schwere, nach
     innen aufgehende Eichentür. Während er den langen, düsteren Gang entlang ging, überprüfte er mit einer ordnenden Geste den
     Sitz seiner Chlamys, jenes legendären Umhangs aus ungebleichter, heller Wolle, der nur von Rittern getragen werden durfte,
     die dem Tempelherrenorden ein lebenslanges Gelübde geschworen hatten.
    Am Ende des Flures erwartete ihn Bruder Claudius. Mit dem Blick eines Adlers, der unvorsichtigen Kaninchen auflauert, registrierte
     der junge, in braun gewandete Bruder der Verwaltung jeglichen sich nähernden Besuch, der seinem Vorgesetzten galt. Ohne eine
     entsprechende Voranmeldung erlangte niemand Zutritt zu den Räumlichkeiten des Befehlshabers der hiesigen Komturei.
    »Ihr könnt da jetzt nicht rein«, ließ Claudius vorsorglich verlauten, als er sah, dass Gero auf das Arbeitszimmer seines Komturs
     zuhielt. »Er sitzt zu Rate mit Vater Augustinus und will im Augenblick nicht gestört werden.« Der Bruder streckte seinen dürren
     Arm aus und öffnete seine Hand zu einer fordernden Geste, um die Botschaft stellvertretend in Empfang zu nehmen.
    »Ich warte«, sagte Gero knapp. Claudius nickte beiläufig und |21| wandte sich mit einer missmutigen Miene seinem Schreibpult zu, während er seinen weiß gewandeten Bruder geflissentlich ignorierte.
    Wenig später öffnete sich die Tür zum Gemach des Komturs, und der Kaplan der Komturei huschte in Richtung Ausgang, ohne Gero
     Beachtung zu schenken. Claudius blickte kurz auf, und Gero erhielt mit einem kaum merklichen Nicken die Erlaubnis, die Räumlichkeiten
     seines Vorgesetzten zu betreten.
    Komtur Henri d’Our war eine drahtige Erscheinung mit grau schimmernden Augen, die einem Leitwolf gleich in ständiger Wachsamkeit
     leuchteten und einer Hakennase, die aussah wie der Schnabel eines Falken. Zudem sorgte seine Größe von fast sieben Fuß dafür,
     dass man ihm uneingeschränkte Aufmerksamkeit entgegen brachte. Das dichte, weiße Haar war kurz geschnitten und voller Wirbel,
     was ihn auf eine sympathische Art und Weise unvollkommen erscheinen ließ. Darüber hinaus verfügte er über einen unbeugsamen
     Charakter und einen scharfen Verstand. Sein Herz war erfüllt von einem unnachahmlichen Sinn für Gerechtigkeit und – wenn es
     die Situation erlaubte – einer eigentümlichen Art von Humor.
    Das Arbeitszimmer des Mannes, der sich als Herr über mehr als hundert Bewohner der hiesigen Komturei bezeichnen durfte, war
     nicht besonders groß. Die zwei kleinen Fenster zum Hof waren nicht verglast, sondern wurden im Bedarfsfall mit geölten Ziegenhäuten
     verhangen, durch die zwar kaum Licht herein drang, die aber wenigstens die Kälte abhielten. Das Mobiliar erschien karg wie
     überall in der Komturei; ein Bett, ein Tisch mit vier Stühlen, eine schmucklose Kommode.
    Gero trat einen Schritt zurück, straffte seine Schultern und legte die Arme an den Körper an, dabei hob er kaum merklich den
     Kopf und sah seinem Vorgesetzten fest in die Augen. »Gott sei mit Euch, Sire!«, salutierte er. Dann überreichte er seinem
     Komtur die sorgsam gehütete Botschaft.
    »Und mit Euch Bruder Gerard«, erwiderte d’Our freundlich, während er das gesiegelte Pergament entgegen nahm. »Schließt die
     Tür! Ich habe etwas mit Euch zu besprechen.« An den angespannten Gesichtszügen seines Vorgesetzten glaubte Gero zu erkennen,
     dass

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