Das Geheimnis des Templers - Episode VI: Mitten ins Herz (German Edition)
gescheiten Frau begegnet.«
»So gescheit, dass sie dir hemmungslos den Kopf verdreht hat.« Gero kniff die Lippen zusammen und schenkte seinem Freund einen |44| verständnislosen Blick. »Ehrlich gesagt, hatte ich dich für vernünftiger gehalten.«
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist, ihren weichen Körper zu spüren, ihre sanften Küsse … wie es sich anfühlt, wenn
sie mich berührt, leicht wie eine Feder … und doch so voller Leidenschaft wie ein tosender Orkan«, rechtfertigte sich Struan
flüsternd. Sein Blick war abwesend und fixierte ein im Halbdunkel kaum noch auszumachendes, verlassenes Schwalbennest. Dann,
als würde er aus einem Traum erwachen, wandte er sich seinem besten Freund zu, und eine trotzige Entschlossenheit lag in seiner
Stimme. »Um bei ihr zu liegen, würde ich alles riskieren, nicht nur meine Ehre.«
»Auch deinen Mantel?«
»Vielleicht«, antwortete Struan und senkte zerknirscht den Kopf. Gleich darauf hob er ihn wieder, und sein Blick verdüsterte
sich. »Verdammt, was sollte ich denn machen? Sie wollte mich. Sag mir einen, der einer solchen Frau entwischen kann. Entweder
ist er nicht normal im Kopf oder ein Sodomit.«
»Oder ein Mönchsritter, der sich an sein Gelübde hält …«, gab Gero vorsichtig zu bedenken.
Der schottische Bruder erwiderte nichts, sondern nickte nur mit einem tiefen Seufzer.
»Wie lange geht die Geschichte schon?«
»Seit April«, antwortete Struan leise. »Kurz bevor wir nach Poitiers aufgebrochen sind, habe ich sie das erste Mal heimlich
getroffen.«
»Und wie lange ist sie schon guter Hoffnung?«
»Fünf Monate, nach allem was ich weiß.«
»Wer rechnet auch schon damit, dass der Samen sogleich eine Frucht hervorbringt?« Gero schüttelte leise lachend den Kopf.
»Findest du das vielleicht noch lustig?« Struan blickte entrüstet auf und musterte seinen Kameraden verärgert. »Mir ist nicht
nach Späßen zumute. Seit ich es erfahren habe, zermartere ich mir den Kopf, um eine Lösung zu finden, damit wir zusammen bleiben
können.« Für einen Moment schimmerten die Augen des Schotten verdächtig. Er schluckte die Tränen hinunter und räusperte sich.
»Ich habe sie ohne Zweifel entehrt, und wenn mir nichts Brauchbares einfällt, werde nicht nur ich, sondern auch sie und das
Kind dafür büßen müssen.«
|45| »Und wie soll es jetzt weitergehen?« Geros Frage klang harmlos, aber dahinter verbarg sich eine gewaltige Anspannung. »Willst
du den Orden verlassen?«
»Wie denn?« Struan schüttelte verzweifelt den Kopf. »Der Großmeister wird mir nicht die Ehre erweisen und meiner Entlassung
zustimmen. Und mein Vater und unser Clan werden mich vierteilen und meinen Kadaver in alle vier Himmelsrichtungen unserer
Burg hängen, wenn ich dem Orden den Rücken kehre. Meine Aufnahme bei den Templern geschah aus politischen Gründen. Wenn ich
fliehe, brauche ich mich zu Hause nicht mehr blicken zu lassen. Wovon sollten wir leben, wenn ich mit Amelie die Flucht ergreife
und wir – von allen geächtet – keinen Stein finden, unter dem wir uns verkriechen können?«
Für einen Moment hielt er inne und seufzte. »Fin Amor«, sagte er bitter. »Ewige, einzige Liebe. Verdammt.« Wieder schluckte
er hart und starrte ratlos auf seine riesigen Stiefel.
Gero nickte und sah Struan verständnisvoll an. »Ich habe nie darüber gesprochen, aber im Gegensatz zu dir bin ich schon seit
sechs Jahren verwitwet.« Dem deutschen Kreuzritter gelang es trotz aller Tapferkeit nicht, den bleiernen Schmerz zu verbergen,
den er immer noch empfand. »Die Verbindung mit meiner Frau war nicht gerade das, was man gesegnet nennen könnte«, fuhr er
fort. »Elisabeth und unsere Tochter sind unter der Geburt elendig gestorben. Es war meine Schuld. Mein alter Herr wollte immer,
dass ich den Templern beitrete. Nun – ich hatte andere Pläne und habe mich für die Liebe entschieden. Ohne die Zustimmung
meines Vaters und ohne die Aussicht auf ein Erbe.« Gero schluckte, bevor er stockend weiter erzählte. »Mein Vater ist der
Meinung, ich sei ein Versager. Nicht nur, weil ich die Frau meines Herzens gegen seinen Willen geschwängert und geehelicht
habe, sondern weil ich die Verantwortung dafür trage, dass er darüber hinaus ein Gelübde brechen musste.«
Struan hob erstaunt seine schwarzen Brauen. »Welches Gelübde?«
Geros Lippen umspielte ein bitterer Zug. »Meine Frau war die jüdische Pflegetochter meiner Eltern. Mein Vater
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