Das Geheimnis des toten Fischers
Sie wiegte
langsam den Kopf hin und her. »Was für Jobs die Mädchen heutzutage haben...
Dieser Abe Snelling — ist er ein Liebhaber von Jane?«
»Sie sind meines Wissens nur Freunde.«
»Das ist gut. Sie hat niemals viele
wirkliche Freunde gehabt, wissen Sie. Sie hat auch nicht hierher ins Dorf
gepaßt. Die anderen Kinder fanden, daß sie irgendwie anders war... Und
wahrscheinlich haben sie recht gehabt. Ich bin froh, daß sie einen Freund wie
Abe Snelling hat.«
»Ich auch, Mrs. Anthony.« Ich stand
auf.
Auch Mrs. Anthony erhob sich aus ihrem
Schaukelstuhl. »Sie müssen mich für eine schlechte Mutter halten, Miss McCone.«
»O nein.«
»Sie müssen verstehen — ich liebe meine
Tochter.«,,
»Davon bin ich überzeugt.«
»Wenn ich sie nicht liebte, würde sie
mich nicht immer wieder so wütend machen.«
»Natürlich. Das ist mir klar.«
Sie schaute mir in die Augen, während
sie die Hand schon auf dem Türknopf hatte. »Haben Sie Kinder, Miss McCone?«
»Nein.«
»Dann können Sie das nicht verstehen.«
»O doch, ich verstehe es durchaus. Ich
habe eine Mutter.«
Während ich hinausging zur Straße, ließ
Mrs. Anthony die Jalousie schon wieder herunter. Das erinnerte mich an Abe
Snelling, der sich nach Einbruch der Dämmerung in seinem einsamen Haus
verschanzte. 1
Kapitel
5
Ich fuhr zurück zum Motel und rief
Snelling an, um ihm zu berichten, was ich bisher herausgefunden hatte. »Es
sieht also so aus«, schloß ich, »als ob es Jane gutgeht und sie, wenn ihr der
Sinn danach steht, mit Ihnen in Kontakt treten wird.«
Daraufhin entstand eine Pause. »Bis
jetzt war das bedauerlicherweise nicht der Fall. Obwohl ihre Mutter ihr schon
gestern abend meine Nachricht bestellt hat.«
»Vermutlich hält sie es für nicht so
dringend.«
»Ja, vermutlich.« Wieder zögerte er.
»Sharon, sie muß sich irgendwo in der Umgebung von Port San Marco aufhalten. Da
Sie schon dort sind, könnten Sie sich nach ihr umschauen?«
»Das kann ich, aber ich fürchte, das
kostet Sie eine Menge Geld und bringt Ihnen nicht viel.«
»Ich wäre Ihnen trotzdem dankbar, wenn
Sie es versuchen. Und machen Sie sich keine Gedanken über die Kosten. Versuchen
Sie, Jane zu finden — ich muß mit ihr reden.«
Snelling ging es offenbar darum, mit
Jane zu sprechen; das schien ihm wichtiger zu sein als die Versicherung, daß es
ihr gutgehe. Aber worauf kam es ihm an? Nun, das brauchte mich im Grunde nicht
zu interessieren, und wenn er bereit war, mich für meine Recherchen zu
bezahlen, hatte ich nichts dagegen, seine verschwundene Mitbewohnerin ausfindig
zu machen. Außerdem machte es mir Spaß, einmal eine Weile der Stadt den Rücken
zu kehren. »Okay«, erklärte ich mich einverstanden, »also werde ich mich weiter
nach ihr umsehen.« Dann fiel mir dieser Mann namens Don ein. »Abe, hat Jane
jemals von einem früheren Freund namens Don gesprochen?«
»Don? Nein, der Name sagt mir nichts.«
»Fabelhaft. Es muß Hunderte von Dons in
der Gegend geben.«
»Glauben Sie, Jane ist bei ihm?«
»Ihre Mutter bezweifelt es, aber es ist
eine Möglichkeit.«
»Warum fragen Sie nicht Mrs. Anthony,
wie er heißt und wo er wohnt?«
»Sie wollte es mir nicht sagen.«
Sein resigniertes Seufzen war deutlich
zu hören. »Mütter...«
Dann fiel mir jemand ein, der es
vielleicht wußte und es mir auch sagen würde. »Abe, kennen Sie eine Freundin
von Jane mit dem Namen Liz Schaff?«
Er schwieg einen Augenblick. »Liz — wie?«
»Schaff. S-c-h-a-f-f.«
»Ich erinnere mich nicht.«
Also hatte Liz die Wahrheit gesagt, als
sie behauptet hatte, Snelling nicht zu kennen. Dennoch seltsam, daß Jane ihre
Freundin nie zu sich eingeladen hatte. Aber ihre Mutter hatte ja gesagt, daß
Jane nicht leicht Freundschaften schloß; vielleicht pflegte sie solche auch
nicht so, wie andere das taten.
»Wer ist diese Liz?« fragte Snelling.
»Sie ist Krankenschwester im General
Hospital in San Francisco. Sie hatte eine Verabredung zum Mittagessen mit Jane,
und Jane ist nicht aufgetaucht. Deshalb machte sich Liz Sorgen um sie.«
»Wie sind Sie auf diese Liz gestoßen?«
»Das würde jetzt zu weit führen.« Ich
schaute auf meine Armbanduhr. »Hören Sie, Abe, ich überprüfe ein paar Dinge und
melde mich dann wieder, wahrscheinlich noch heute abend.«
»Okay.« Er schien nur ungern das
Gespräch beenden zu wollen. »Halten Sie mich auf dem laufenden.«
Ich meldete ein zweites Gespräch nach
San Francisco an, mit der Nummer, die mir Liz auf
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