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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ihren Einkaufszettel
gekritzelt hatte. Liz meldete sich nach dem dritten Klingeln.
    »Es ist ein Zufall, daß Sie mich erreichen«,
sagte sie, als ich meinen Namen genannt hatte. »Normalerweise arbeite ich von
mittags bis um acht, aber ich bin heute einen Tag krank.«
    »Hoffentlich nichts Ernsthaftes.«
    »Nur eine Erkältung. Haben Sie Jane
gefunden?«
    »Sie ist irgendwo in der Umgebung von
Port San Marco; das heißt, sie hat zumindest gestern abend ihre Mutter
besucht.«
    »Dann geht es ihr gut.«
    »Ich vermute, ihre Mutter hätte wohl
bemerken müssen, wenn etwas nicht in Ordnung gewesen wäre.«
    »Darauf würde ich mich nicht verlassen.
Was sagen Sie zu Salmon Bay?«
    »Nicht viel. Aber ich nehme an, Sie
haben beide recht getan, von dort wegzuziehen. — Liz, ich habe eine Frage an
Sie. Kennen Sie einen früheren Freund von Jane namens Don?«
    »Klar, Don Del Boccio. Er ist
Diskjockey in Port San Marco, beim Sender KPSM.«
    »Kann es sein, daß sie ihn besucht?«
    »Das bezweifle ich. Nicht, nachdem sie —
«
    »Nachdem was?«
    »Nun, sie haben vor einer Weile
miteinander Schluß gemacht.«
    »Mrs. Anthony wollte nicht darüber
sprechen. Sie deutete an, Jane habe ihm etwas Schlimmes angetan.«
    Liz kicherte. »Schon möglich. Jane geht
nicht gerade zart um mit ihren Freunden.«
    »Nun, ich glaube, ich sollte mich auf
alle Fälle mit ihm unterhalten. Danke für die Information.« Und ich legte auf,
bevor sie das Gespräch weiter ausdehnen konnte.
    Im Büro des Motels kaufte ich mir eine
Lokalzeitung, dann ging ich hinaus und schlenderte zu dem Restaurant, wo ich am
Abend zuvor gegessen hatte. Während ich auf mein Essen wartete, warf ich einen
Blick auf das Radioprogramm. Die Sendung ›Dons tägliche Treffer‹ lief von zwei
Uhr mittags bis acht Uhr abends; ein Diskjockey hatte hier was zu leisten für
sein Geld. Da es fast zwei Uhr war, entschied ich mich, das Gespräch mit Del
Boccio bis zum Abend aufzuschieben und am Nachmittag das Hospiz ›The Tidepools‹
zu besuchen, auf die Chance hin, daß Jane bei ihrem früheren Arbeitsplatz
vorbeigeschaut hatte. Nachdem ich im Wagen saß, schaltete ich die Station KPSM
ein.
    Del Boccios Stimme ertönte, und sie
kündigte die Goldenen Top-hits aus den vierziger Jahren an. Er versprach, sie
alle zu spielen, ohne Werbeeinblendungen, und das während der nächsten sechs
Sunden. Er hatte eine hektische Art, die Titel anzusagen, die vermutlich dem
Stil des Rocksenders angepaßt war, mir aber geradezu körperliches Unbehagen verursachte.
Nach ein paar Minuten schaltete ich das Radio ab. Es reichte mir zu wissen, daß
er bis acht Uhr unabkömmlich war; ich brauchte ihm nicht auch noch zuzuhören.
Und während sich Del Boccio in die Herzen der Teenager röhrte, plärrte und
hustete, bestand für mich vielleicht die Chance, Jane ein paar Schritte
näherzukommen. Falls es mir gelang, sie zu finden, brauchte ich mich gar nicht
mehr um diesen Del Boccio zu kümmern.
     
    Das Hospiz ›The Tidepools‹ war so
beeindruckend, wie Liz es beschrieben hatte. Ein weitläufiger, flacher Bau mit
verwitterten, grauen Holzschindeln, der sich in mehreren Flügeln auf einer
Klippe hoch über dem Pazifik erstreckte. Es gab riesige Glasfronten, die einen
hinreißenden Blick auf die Brandung unterhalb der Klippe bieten mußten;
Eukalyptushaine und windgebeugte Zypressen standen zerstreut auf dem gepflegten
Parkgelände, und die sich sanft neigende Rasenfläche war sattgrün und gepflegt.
Ich parkte auf der Zufahrt und ging zu Fuß zum Hauptgebäude, dessen Fenster
hinter hohen Wacholderhecken versteckt waren.
    Durch eine schwere, reich geschnitzte
Holztür betrat ich eine Halle im spanischen Stil mit rostrotem Terracottaboden.
Die Rückwand war ganz aus Glas und öffnete sich auf einen Hof mit einem blauen
Mosaikbrunnen und Fuchsien in Hängeampeln. Die Frau am Empfang entsprach dem
Dekor: Sie war eine dunkle Schönheit und erinnerte an eine junge Indianerin,
die in der hacienda die rancheros bediente.
    Ich gab ihr meine Visitenkarte und
fragte nach dem Leiter der Personalabteilung. Sie telephonierte, sprach mit
gedämpfter Lautstärke, legte den Hörer auf und schaute zu mir auf. »Mrs. Bates
ist momentan in einer Besprechung. Aber bitte, sehen Sie sich hier doch etwas
um, während Sie warten — es wird nicht länger als eine Viertelstunde dauern.«
    Ein Spaziergang war mir jedoch lieber,
als auf einem der harten, holzgeschnitzten Stühle in der Empfangshalle zu
warten. Also ging ich in

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