Das Geheimnis des toten Fischers
war wie gutem Essen. »Was wollen Sie?« fragte er mürrisch.
»Ich suche Doktor Allen Keller.«
»Der bin ich.«
»Mein Name ist Sharon McCone. Ich bin
Ermittler, das ist meine Berufsbezeichnung, bei der All-Souls-Rechtshilfe in
San Francisco.« Ich hielt ihm meinen Dienstausweis entgegen.
Er warf angewidert einen Blick darauf.
»Sind Sie eine Art von Detektiv?«
»Ja. Ich versuche — «
»Geht es um meine Scheidung?«
»Nein, ich — «
»Denn, wenn es sich darum handelt,
können Sie Arlene mitteilen, sie hat bereits alles, was sie jemals bekommen
wird, und braucht sich nicht mehr weiter zu bemühen.«
»Es geht nicht um Ihre Scheidung.«
»Mir sind die Gesetze über
Gütergemeinschaft gleichgültig. Ich habe das alles selbst aufgebaut, es ist
alles mein Verdienst, und sie kann — «
Ich wurde lauter. »Aber, es geht nicht
um Ihre Scheidung!«
»Ach.« Keller, dem die Luft ausgegangen
zu sein schien, musterte mich genauer. »Eigentlich sehen Sie auch nicht aus wie
die Sorte Detektive, die mich im vergangenen Jahr bespitzelt haben. Und es
waren, weiß Gott, genug. Sind Sie sicher, daß Sie nicht im Auftrag von Arlene
hier sind?«
»Völlig sicher. Ich habe Ihre Frau nie
kennengelernt.«
»Da haben Sie nicht viel versäumt.« Er
schaute nachdenklich drein. — »Sagen Sie, können Sie Spiegeleier braten?«
»Ob ich was kann —?«
»Spiegeleier braten.«
»Ja, sicher, aber was hat das zu tun
mit — «
»Kommen Sie rein.« Er öffnete die Tür
ganz und bat mich ins Haus.
Ich war unschlüssig, dann zuckte ich
mit den Schultern und betrat eine große Diele. Keller schloß die Tür und ging
voraus.
»Ich mag sie, wenn das Eigelb noch
weich ist«, sagte er über die Schulter. »Aber ich hab’ jedesmal den Dotter
kaputtgemacht.« Ich folgte ihm, und er führte mich in eine große weiß geflieste
Küche. Sie war makellos sauber bis auf den Herd, der mit Eierschalen übersät
war. Ein halbgares Ei mit ausgelaufenem Dotter brutzelte in einer Bratpfanne, in
Fett schwimmend. In der Spüle lagen weitere zerschlagene Eier. Keller deutete
auf den Herd. »Sehen Sie zu, ob Sie zurechtkommen. Und bedienen Sie sich, wenn
Sie Hunger haben.«
Alle guten Vorsätze vergessend, wenn es
ums Essen ging, nahm ich die Einladung mit Freuden an; immerhin war es fast
fünf Uhr, und mein Krabbensalat war nicht übermäßig gewesen. »Danke, gern.«
Keller öffnete den Kühlschrank. »Ein
Bier?«
»Ja, bitte.« Ich machte mich am Herd zu
schaffen.
»Die Haushaltshilfe hat ihren freien
Tag.« Er stellte das Bier neben mich. »Und ich bin eine totale Niete im Kochen.
Übrigens, da Sie ja angeblich nicht mir an den Kragen wollen, was untersuchen
Sie denn eigentlich?«
»Später. Lassen Sie mich erst die
Spiegeleier braten.«
Wir nahmen an einer weißblau eingerichteten
Frühstücksecke Platz. Als sich Keller mir gegenüber niedergelassen hatte und
wieder eine Bierdose öffnete, betrachtete ich ihn etwas genauer. Im Schein des
hellen Deckenlichts kam sein aufgedunsenes Gesicht noch stärker zur Geltung,
und unter seinen Augen waren bläuliche Ringe zu erkennen. Er schien einer von
jenen Ärzten zu sein, die ihre Ratschläge für Patienten selbst nicht ernst
nehmen. Ich fragte mich, ob er schon immer so gewesen war, oder ob das die
Folgen einer schmerzhaften Scheidung waren.
Als wir gegessen hatten, nahm ich
Snellings Photo von Jane Anthony aus meiner Handtasche. »Erinnern Sie sich an
diese Frau?« Ich reichte Keller das Photo.
Er warf einen Blick darauf, und seine
Augen weiteten sich vor Überraschung. »Das ist Jane.«
»Ja, Jane Anthony.«
»Warum zeigen Sie mir ihr Photo?«
»Sie wird vermißt, und der Mann, bei
dem sie wohnt, hat mich engagiert, um sie ausfindig zu machen.«
»Aber...« Er brach ab und trank einen
kräftigen Schluck Bier.
»Aber, was?«
Keller strich sich mit einer Hand durch
sein blondes Haar. »Warum kommen Sie da zu mir?«
»Sie ist eine ehemalige Angestellte von
›The Tidepools‹. Mrs. Bates hat sich geweigert, mir über sie Auskunft zu
erteilen. Ich dachte, vielleicht können Sie ein wenig Licht in die Sache
bringen, damit ich wenigstens weiß, wo ich nach ihr suchen soll.«
»Aha.« Keller stocherte wie abwesend
auf seinem Teller herum. »Ich verstehe. Ja, wissen Sie, ich würde Ihnen gern
helfen, aber Miss Anthony war nur eine von vielen Angestellten. Ich habe nur
wenig Kontakt zum eigentlichen Pflegepersonal, und ich fürchte, ich kann Ihnen
so gut wie gar nichts Persönliches
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