Das Geheimnis des toten Fischers
Todesfälle
dort untersucht.«
Daraufhin entstand eine Pause. »Ja — aber
ich kann keine Verbindung entdecken.«
»Jane hat damals dort gearbeitet.«
»Das weiß ich; wir haben uns bereits
beim Personalchef, Ann Bates, erkundigt. Über die Todesfälle sind längst die
Akten geschlossen, das heißt, bis auf den letzten, wo vermutlich der Ehemann
die Frau getötet hat und dann verschwunden ist.«
»Ich würde dennoch die Sache auf eine
mögliche Verbindung überprüfen.«
»Bitte, wenn Sie wollen. Aber ich
bezweifle, daß Sie etwas finden werden.«
»Sie haben jedenfalls nichts dagegen?«
»Nein. Vorausgesetzt, Sie informieren
uns über Ihre Ergebnisse.«
Wie erwartet, hatte er mich nicht
gefragt, ob Snelling noch mein Klient war. Ich legte auf, suchte mir die
Adresse der öffentlichen Bibliothek aus dem Telephonbuch und fuhr dann dorthin,
um die älteren Ausgaben des Port San Marco Herald durchzusehen.
Um fünf Uhr spulte ich die letzte Rolle
Mikrofilm zurück und verließ das Gebäude, in dem die Bibliothek untergebracht
war. Der erste Todesfall im ›The Tidepools‹, eine siebzigjährige Patientin
namens Mary Sloan, war als Selbstmord gemeldet worden. Beim zweiten, einer dreiundachtzigjährigen
Frau namens Amelia Canfield, hatte der Reporter Spekulationen angestellt, es
könnte sich um eine Überdosis von Drogen gehandelt haben. Wochen später war
eine kleine Notiz erschienen, in der es hieß, beides seien Fälle von Selbstmord
gewesen. Zwei Monate danach wurde über den Tod von Barbara Smith auf der ersten
Seite berichtet.
Barbara Smith war Anfang dreißig
gewesen und hatte an unheilbarem Krebs gelitten. Ihr Aufenthalt hatte kaum drei
Wochen im ›The Tidepools‹ gedauert, als sie tot aufgefunden worden war,
offenbar gestorben an einer Überdosis wie die anderen Patientinnen. Was ihren
Tod von dem der anderen unterschied — abgesehen von ihrem weit geringeren Alter
war die Tatsache, daß sie nicht lange genug im Hospiz gewesen war, um eine
tödliche Dosis des Schmerzmittels ansammeln zu können. Genau gesagt, hatte sie
das Mittel erst seit wenigen Tagen erhalten. Und gleich nach ihrem Tod war ihr
Mann, Andy, ein medizinisch-technischer Assistent im Allgemeinen Krankenhaus
von Port San Marco, verschwunden.
Der Reporter hatte mit den Freunden und
Verwandten von Barbara Smith gesprochen. Sie sei guten Muts gewesen,
berichteten sie, und glücklich darüber, daß sie im ›The Tidepools‹ aufgenommen
worden war. Außerdem sei sie nicht der Typ gewesen, der sich das Leben nimmt.
Ich neigte dazu, solchen Bemerkungen wenig Gewicht beizumessen. Wenn man
Freunden und Verwandten glaubt, ist niemand, der Selbstmord begangen hat, der
Typ dafür gewesen. Dagegen maß ich der Tatsache, daß Barbara Smith zwei Monate
vor ihrem Tod eine Erbschaft über vierzigtausend Dollar gemacht hatte,
wesentlich mehr Bedeutung bei. Mit dem Geld hätte sie die Kosten für das Hospiz
bezahlen können. Ihr Mann hatte das Geld in bar von ihrem gemeinsamen Sparkonto
abgehoben, wenige Tage, bevor sie starb — und hatte gleich nach ihrem Tod die
Stadt überhastet verlassen.
Der mysteriöse Fall hatte eine Woche
lang die Schlagzeilen der Lokalzeitung beherrscht, doch als es der Polizei
nicht gelang, ihren Mann ausfindig zu machen, geriet er allmählich in
Vergessenheit. Vermutlich würde man Smith nie finden; für vierzigtausend Dollar
konnte man sich durchaus eine neue Identität beschaffen und untertauchen.
Ich fuhr zurück zum Motel, zog meinen
Badeanzug an und ging hinaus zum Swimmingpool. Schwimmen war mein
Lieblingssport, und außerdem klärte es mein Denken.
Jane Anthony war seit einer Woche
vermißt, und dann hatte jemand sie erstochen... Sie war an einem Ort getötet
worden, den kaum jemand außer den Bewohnern von Salmon Bay kannte... Der Mann,
der den Leichnam entdeckte, hatte keinen Grund dafür, dort aufzutauchen... Abe
Snelling war nahezu in Panik geraten, nachdem er von Janes Tod erfahren hatte,
doch dann hatte er meine Untersuchung gestoppt... Es hatten sich drei Todesfälle
ereignet, solange Jane im ›The Tidepools‹ arbeitete, alle drei unter
mysteriösen Umständen... Jane hatte dem medizinischen Betreuungsteam angehört,
das mindestens einer dieser drei Patientinnen zugeteilt gewesen war...
Ich mußte wissen, warum John Cala zu
dem alten Pier gegangen war. Ich mußte herausfinden, ob Jane auch die beiden
anderen Frauen betreut hatte, die an Überdosen gestorben waren. Und ich mußte
klären, auf welche
Weitere Kostenlose Bücher