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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Tag die Verbindung mit seinem Karren abfuhr, dessen hohen Rädern die Flut nichts anhaben konnte. Im Winter habe ich mir auf seinen harten Bänken so manches Mal den Hintern abgefroren, bis die Nazis dann Gelder für diese Straßenaufschüttung bereitgestellt haben. Manche Dinge ändern sich … Andere nie. Vermutlich werde ich keine Probleme haben, mich im Dorf zurechtzufinden. Die Beekensieler sind nämlich ein störrisches Volk, und großes Geld ist nach dem Krieg auch nicht auf die Insel gekommen. Der Löwenanteil der Insel stand schon damals unter Naturschutz, da ist kein Platz für Golfhotels. Auf Gäste war man zu meiner Zeit sowieso nicht erpicht, sondern hat auf die Fischerei gesetzt. Damals wurde ganz Beekensiel von der Familie Ennenhof bestimmt, die das Fischereigeschäft unter Kontrolle hatte – und die Lokalpolitik gleich mit, auch wenn sie das hartnäckig abgestritten hat. Diese Ennenhofs waren allesamt Verbrecher, Spezialisten darin, ihre Spuren zu verdecken. Die haben ihre Ränke in aller Heimlichkeit gesponnen, und das hat auch stets funktioniert.«
    Arjen schnaufte aufgebracht, und Greta erahnte einen alten, wohl vergrabenen Zorn, der unvermittelt wieder in ihm hochkam. Dahinter verbarg sich eindeutig mehr als Ärger über Ungerechtigkeiten … eine alte, nie verheilte Wunde. Was immer diese Ennenhofs getan hatten, die Auswirkungen hatten auch ihren Großvater betroffen, da war Greta sich sicher.
    »Unter ihrer Regie flossen jedenfalls öffentliche Gelder in den Ausbau der Hafenanlage, damit immer mehr Kutter anlegen und ihren Fang rasch verladen konnten. Für Segelboote war dort nie Platz, aber es war ja auch nicht erwünscht, dass da irgendwelche Fremde kamen und vor Anker gingen. Nein, Fremde mochten die Beekensieler nicht. Das hat sich wohl gerächt, nach allem, was man so hört: Während die anderen Nordseeinseln vor Besuchern geradezu überquellen, zieht Beekensiel bestenfalls einige wenige Liebhaber der Stille und Einsamkeit an. Wenn die Insel in den letzten Jahren in der Presse aufgetaucht ist, dann nur wegen ihrer arbeitslosen Fischer und der folgenreichen Abwanderung der Insulaner.«
    »So, wie du das sagst, klingt es, als würde es den Beekensielern recht geschehen.«
    »Das wäre bestimmt zu hart ausgedrückt«, winkte Arjen ab. »Die Beekensieler sind jedoch ein ganz besonderer Menschenschlag, du wirst schon sehen. Schau an, wir sind gleich auf der Insel angekommen, das ging ja fix.« Während Arjen noch erstaunt dreinblickte, ließ Greta die Luft ab, die in ihrem verspannten Brustkorb festgehangen hatte. »Bieg bitte links in den Ort ab und halt auf den Marktplatz zu, der müsste eigentlich ausgeschildert sein. Es würde mich nicht überraschen, wenn dort noch dieselben Familien dieselben Läden betreiben würden wie in meinen Tagen. Außerdem steht am Marktplatz auch die Kirche mit dem Turm, um dessen Erhalt dein Urgroßvater Thaisen sich jede wache Minute gekümmert hat, wenn er sich nicht gerade mit Klageschreiben bei seinen Vorgesetzten unbeliebt machte. Ich habe für uns ein Hotel ausgesucht, von dem aus wir den Kirchturm nicht ständig im Nacken haben und trotzdem direkt am Platz sind. Das war mir wichtig.«
    Arjen sollte mit seiner Vermutung, dass im Dorf alles beim Alten geblieben war, recht behalten – einmal davon abgesehen, dass der Marktplatz im Laufe der Zeit für den Autoverkehr gesperrt worden war. Um zu ihrem Hotel zu gelangen, musste sie deshalb durch ein verwirrendes Labyrinth aus Einbahnstraßen und viel zu engen Gassen fahren, die bei Greta Platzangst auslösten. Trotz der vielen zurückgelegten Kilometer hatte sich bei ihr keinerlei Fahrfreude eingestellt, sodass sie nach wie vor verspannt hinter dem Lenkrad saß und inständig hoffte, dass es zu keiner besonderen Herausforderung kam.
    Ausgerechnet in dieser sowieso schon schwierigen Situation passierte es dann.
    Greta stand der Schweiß bereits auf der Stirn, weil die Straße, durch die sie fuhr, allenfalls Platz fürs Coupé bot, als ihr ein Jeep entgegenkam und mitten auf einer Kreuzung stehen blieb.
    Eine bedrohliche Blechwand ragte vor ihnen auf. Wie ein Reh im Scheinwerferlicht starrte Greta den Geländewagen an. Diese riesigen Kisten, mit denen heutzutage alle herumkutschieren, sind der totale Albtraum , stellte sie panisch fest. Bitte, bitte, bieg nicht in diese Gasse ein .
    Leider machte der Fahrer keine Anstalten abzubiegen, sondern blieb stehen und ließ sein Fernlicht aufflackern, als wäre das ein

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