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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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und für gewöhnlich fühlte Arjen sich am Abend zu matt, um mehr als eine Kleinigkeit zu essen. Zur Feier des Tages trug er sogar einen Anzug, obwohl er sonst Strickjacken und Cordjacketts bevorzugte. Er mochte seine Kleidung elegant, aber auf eine legere Weise, ganz im Landadelstil.
    »Die Beekensieler Luft scheint dir zu bekommen, so frisch habe ich dich schon lange nicht mehr gesehen«, begrüßte Greta ihren Großvater.
    »Das Kompliment kann ich nur zurückgeben. Bist du anständig untergebracht, ja? Ich bin auch angetan von meinem Zimmer – und noch mehr von der Aussicht. Ich könnte Ewigkeiten vor den Fenstern verbringen und auf den Marktplatz mit dem angrenzenden Hafen blicken.« Als Greta sich neben ihn setzte, zog er die Luft ein. »Himmlisch, du duftest ja wie alle Zitronenfelder Siziliens zusammen.«
    »Das Badesalz des Hauses – ich hoffe, man kann es kaufen. Ein Leben ohne diesen Duft kann ich mir nämlich nicht mehr vorstellen. Frau Trude sorgt wirklich hervorragend für ihre Gäste und hat die Zimmer unglaublich schön hergerichtet. Ich wundere mich nur, dass es im Sturmwind so wenige Gäste gibt …« Unauffällig deutete sie in Richtung der beiden anderen Tische, an denen ein griesgrämig dreinblickendes älteres Ehepaar und eine alleinreisende Frau saßen, die sogleich Gretas Blick einzufangen versuchte. Offenbar hatte sie sich auch mehr Unterhaltung erhofft und wäre vermutlich überaus bereit, sich auf eine Plauderei einzulassen. »Die Hauptsaison ist zwar vorbei, aber andernorts waren doch noch einige Reisende unterwegs«, überlegte Greta laut.
    »Nun, der Beekensieler Charme wirkt eben nicht wie ein Magnet auf die Reisewilligen, obwohl unser Hotel es zweifelsohne verdient hätte.« Arjen nahm einen Schluck Bier. »Ich bin mir nicht sicher, aber möglicherweise sind ja nur einige Zimmer vor kurzem neu hergerichtet worden. Eine Renovierung ist eine kostspielige Angelegenheit, vor allem wenn man sie auf diesem hohen Niveau durchführt, und Reichtümer wird das Hotel kaum einbringen.«
    »Hier im Haus ist renoviert worden? Davon habe ich gar nichts mitbekommen, ich meine: die alten Holzdielen, Tuche an den Wänden, die Porzellanlichtschalter …«
    Arjen lächelte. »Wie in der guten alten Zeit, nicht wahr? Und damit meine ich nicht die Nachkriegszeit, in der bestimmt scheußliche Vorhänge die Butzenfenster verdeckt haben und Fischernetze mit Plastikkrebsen unter der Decke hingen. Nein, um diesen Stil hinzubekommen, muss man sich ganz schön ins Zeug legen. Ich möchten zu gern wissen, womit sie die Dielen nach dem Schleifen eingeölt haben.«
    »Frag einfach Trude, sie wird es dir bestimmt liebend gern in aller Ausführlichkeit erklären. Da kommt sie gerade.«
    »Ein anderes Mal«, flüsterte Arjen hinter der vorgehaltenen Hand. »Ich möchte heute nämlich noch was in den Magen bekommen, und ich habe den Verdacht, wenn die Dame erst einmal zu reden beginnt, wird sie so rasch kein Ende finden. Vorhin bin ich sie nur mit viel Mühe losgeworden, sie wollte nämlich unbedingt wissen, wie lange ich auf Beekensiel gelebt habe, wie Thaisen als Vater so war und welche Familien ich auf der Insel näher kannte. Am liebsten hätte sie mich vermutlich gefragt, ob ich nicht ein paar Klatschgeschichten aus dieser Zeit auf Lager habe.«
    Wie vermutet hatte Trude noch nicht einmal den halben Raum durchquert, als sie bereits zu reden anfing. »Guten Abend, meine Lieben. Sind Sie glücklich und zufrieden mit Ihren Zimmern, ja? Oh, das freut mich aber. Alles bestens? Sehr schön, so soll es sein.« Am Tisch angekommen, strich sie ihre geblümte Bluse glatt und zückte einen Notizblock. »Ich würde ja zu gern eine Runde plaudern, aber unser Koch Willi und ich, wir sind heute Abend nur zu zweit, da ist ein Schwätzchen einfach nicht drin. Wir finden bestimmt ein anderes Mal Zeit füreinander. So, dann wollen wir einmal: Unsere Küche bietet als Vorspeise eine Granatsuppe mit Brunnenkresse. Für danach empfehlen wir Miesmuscheln ›Beekensieler Art‹ oder ein Platte mit Räucherfisch, und den krönenden Abschluss bildet ein Zwetschgenkompott nach dem Rezept meiner Großmutter. Eine echte Spezialität, wenn ich das so sagen darf.«
    Arjen bestellte mit einer Begeisterung, die seine Appetitlosigkeit in der letzten Zeit in Vergessenheit geraten ließ.
    Bei Greta hingegen dauerte es länger. »Etwas anderes als diese Auswahl steht wohl nicht zur Debatte?«, fragte sie vorsichtig nach. Obwohl es ihr unangenehm war,

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