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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Ganz schön früh dran, der Herr Pastor, sogar für die Morgenmesse.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Arjen, während er das Fenster öffnete, nicht einen Gedanken daran verschwendend, seinen Freund zu bitten, durch die Haustür hereinzukommen. Ruben nahm gern seinen eigenen Weg. Selbst in die Fischerkate, wo sie sich ein Lager eingerichtet hatten, kletterte er durchs Fenster.
    »Na, dein Vater tut so, als gäbe es nichts anderes als seine Kirche und sein Amt, er ist doch immerzu unterwegs. Man könnte glatt meinen, der sei auf der Flucht. Dabei ist es doch ganz hübsch bei euch.«
    Das stimmt, ich verbringe schließlich auch gern meine Zeit unter dem Reetdach , dachte Arjen. Aber ich sehe ja auch nicht in jedem Winkel des Hauses eine Erinnerung an meine Mutter.
    Ruben musste seinem Freund angesehen haben, dass ihm diese Andeutung zusetzte, denn er klopfte ihm lang auf den Rücken. »Vergiss mein Gerede, ich habe bloß laut nachgedacht. Ist ja auch gleich, was dein Vater treibt. Hauptsache er ist viel unterwegs, dann haben wir mehr Gelegenheit, zu tun und zu lassen, was wir wollen.«
    Erst jetzt fiel Arjen auf, dass sein Vater tatsächlich kaum noch zur Ruhe kam. Thaisen brauchte für seine Aufgaben deutlich länger als sonst, er wirkte gereizt und unzufrieden. In seiner Unermüdlichkeit hatte er etwas von einem Hamster im Laufrad, der mit jeder Runde, die nicht zum gewünschten Ziel führte, verbissener wurde. All die ausgefeilten Predigten, Briefe an Würdenträger und Hausbesuche bei seinen Schäfchen änderten nichts daran, dass der Einfluss von Thaisen Rosenbooms Kirche auf Beekensiel immer mehr schwand. Wenn er zwischendurch einmal in der Reetdachkate vorbeischaute, horchte er seinen Sohn nur oberflächlich darüber aus, womit dieser seine Ferientage verbrachte – für mehr fehlte ihm schlicht die Zeit. Thaisen hatte noch nicht einmal nachgebohrt, als er von Arjen ausweichend zu hören bekam, dass er die Ferientage »mit Lesen und so« in den Dünen verbrachte. Bislang hatte Arjen geglaubt, schlicht Glück gehabt zu haben, aber jetzt erkannte er, dass sein Vater nicht recht bei der Sache gewesen war. Für gewöhnlich war Thaisen nicht leicht zufrieden zu stellen und darauf bedacht herauszufinden, ob sein Sohn auch nichts Unredliches tat, das auf ihn zurückfallen könnte. Wenn er auch nur geahnt hätte, dass Arjen mit einem Rumtreiber wie Ruben befreundet war, hätte er ihn gewiss nicht mehr vor die Tür gelassen. Für Thaisen war ohnehin niemand aus Beekensiel der passende Umgang für seinen Sohn. Die Kinder der Insel waren seiner Meinung nach entweder Sprösslinge der raffgierigen, machtverliebten Ennenhofs und Claußens oder schlicht gestricktes Fischerpack, deren Geist gerade dafür ausreichte, Krabben zu pulen. Es ist das Alter , begriff Arjen plötzlich. Mein Vater wird alt, und das treibt ihn zur Verzweiflung.
    »Das soll mal einer begreifen: Wie kann es im Juli nur so verflixt kalt sein?«, beschwerte sich Ruben und trat von einem Bein aufs andere, als versuche er, sich mitten im Schnee warmzuhalten.
    »Zieh dir doch ein Paar Schuhe an, hier an der Küste ist es nämlich selbst im Sommer kühl, zumindest am Morgen.«
    »Weiß ich doch«, behauptete Ruben trotzig. Obwohl sein Freund bereits an vielen Kleinigkeiten bemerkt hatte, dass er nicht auf einer Insel und gewiss auch nicht an der Küste aufgewachsen war, gab Ruben beharrlich vor, bestens über sämtliche Eigenarten des Insellebens Bescheid zu wissen. Nach wie vor tat er so, als lebe er auf Beekensiel, und schmetterte jeden von Arjens zaghaften Versuchen, mehr über ihn herauszufinden, ab. »Ich brauche keine Schuhe, denn es wird schon bald warm werden – Küste hin oder her. Und schwitzen ist deutlich unangenehmer als frieren.«
    »Deshalb läufst du auch jetzt schon im Unterhemd herum und holst dir blaue Lippen und eine Gänsehaut.«
    »Genau.« Es war Ruben vom Gesicht abzulesen, dass er keinen Deut von seiner Position abweichen würde. Deshalb unterließ Arjen es auch, ihm einen seiner Strickpullunder anzubieten, er würde sich sowieso nur eine Absage holen. Mit Rubens Stolz hatte er schon ausreichend Erfahrung gemacht.
    Arjen seufzte und nahm seinen Freund mit in die Küche, wo er den Ofen befeuerte und Wasser für Malzkaffee aufsetzte. Bis Dörchen kam, war es noch mehr als eine Stunde hin. »Hol du die Sachen fürs Frühstück aus dem Vorratsschrank, und bitte nicht zu wenig! Ich habe morgens nämlich einen Bärenhunger, und es ist genug

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