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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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zuerst wollte sie noch den Flug eines Seevogels beobachten, der kühn seine Kreise zog. Während sie noch versuchte, ihre ersten Sätze im Geist vorzuformulieren, nickte sie ein.
    »Aufwachen. Hörst du, Greta-Mädchen?«
    Ich schlafe doch gar nicht , dachte Greta, musste dann aber feststellen, dass es ihr nicht gelang, die Worte auch auszusprechen. Ihre Lippen waren wie versiegelt und ihre Lider allem Anschein nach auch, denn sosehr sie sich anstrengte, sie wollten sich nicht öffnen.
    Es wurde erneut an ihrer Schulter gezupft und »Greta, aufwachen« gewispert.
    Endlich gelang es ihr, die Augen einen Spalt zu öffnen. Sie staunte als Erstes darüber, dass Arjens Zimmer bereits im Zwielicht lag. Sie musste einige Stunden lang geschlafen haben. Zum Beweis, dass ein Sessel gut für ein Nickerchen, aber nicht für den Tiefschlaf ist, zuckte ein Schmerz durch ihren Rücken. »Oh, verflixt.« Erst als sie sich so gerade aufgesetzt hatte, wie es ihr unter diesen Umständen möglich war, begriff sie, wer sie aufgeweckt hatte: ihre Mutter. Gretas Bestürzung wurde nicht geringer, als sie in Anettes abgehetztes und verquollenes Gesicht blickte.
    »Mama? Was – um Himmels willen – machst du denn hier?«
    Sofort legte Anette den Finger über die Lippen. »Psst, du weckst sonst Arjen auf. Sieh ihn dir nur an, wie erschöpft und ausgezehrt er aussieht. Er braucht dringend seinen Schlaf.«
    Dieser indirekte Vorwurf verstärkte Gretas Gereiztheit so kurz nach dem Aufwachen. »Und Ruhe braucht er auch, aber die wird er wohl kaum bekommen, wenn er aufwacht und vor Schreck gleich wieder umkippt, weil er dich für ein Wahnbild hält. Du solltest nämlich gar nicht hier, sondern in Meresund sein und mit Pastor Roder Händchen halten. Das ist es jedenfalls, was Großvater sich von ganzem Herzen für dich wünscht.«
    Anette biss sich auf die Unterlippe, als kämpfe sie gewaltsam gegen aufsteigende Tränen an. »Ich habe ein Recht darauf, bei Arjen zu sein – besonders jetzt.«
    »Ich will ja auch gar nicht behaupten, dass es nicht schön ist, dich zu Besuch zu haben. Es ist nur … Es wäre nett gewesen, wenn du vorher Bescheid gesagt hättest.« Insgeheim verfluchte Greta ihre Mutter für diesen mitleidheischenden Auftritt, aber Anette hatte vermutlich schon genug hinnehmen müssen in den letzten Wochen. Da es immer noch beißend heiß zwischen ihren Schulterblättern brannte, versuchte Greta die Stelle mit den Fingerspitzen zu erreichen, um sie zu massieren. Letztendlich musste sie sich jedoch eingestehen, dass sie für eine solche artistische Übung viel zu verspannt war. »Die Erkältung hat Großvater zwar mitgenommen, aber mittlerweile geht es ihm deutlich besser, er isst wieder und …«
    »Das bezweifle ich.« Obwohl sich an Anettes gebeuteltem Ton nichts änderte, entging Greta das Aufblitzen in ihren Augen nicht: ein Gefühl von Überlegenheit. »Nichts ist gut, und das habe ich von Anfang an gefühlt. Diese seltsame Idee mit der Reise … Niemand, der Arjen wirklich kennt, konnte glauben, dass es sich dabei lediglich um einen lang gehegten Wunsch handelte. Dahinter steckte etwas ganz anderes.«
    »Hör bitte auf, in Rätseln zu sprechen, und erzähl, worum es geht. Falls Arjen etwas verheimlicht hat, dann ist die Angelegenheit zu ernst, um Spielchen darüber zu veranstalten, wer von uns beiden für ihn wichtiger ist.«
    »So etwas würde ich ja auch niemals tun!« Doch die Art, mit der Anette hektisch den Sitz ihrer Haare kontrollierte, bestätigte durchaus, dass ihr diese Unterhaltung Genugtuung verschafft hatte. Die Gelegenheit, sich über ihre Tochter zu stellen, die sie so kläglich am Wegesrand zurückgelassen und seitdem lediglich unzureichend mit Informationen gefüttert hatte, musste natürlich ausgekostet werden. »Eigentlich wäre ich euch schon viel früher nachgereist, aber ihr beiden habt ja so eine unsägliche Geheimniskrämerei um eure Reiseroute gemacht. Na ja, und Thomas … Ich meine natürlich Pastor Roder, der hat gemeint, ich soll euch ruhig die gemeinsame Zeit zugestehen, du würdest dich gewiss gut um Arjen kümmern. Und ich habe ja auch gar keine Zweifel daran, dass du genau das getan hast. Es ist nur …«
    »Worum geht es?« Langsam riss Greta der Geduldsfaden.
    Anettes Augenbrauen zogen sich mahnend zusammen. »Sollen wir das vielleicht lieber vor der Tür besprechen, wenn du außerstande bist, dich zurückzuhalten?«
    »Was besprechen?« Arjen schaltete die Lampe auf dem Nachttisch an. »Oh,

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