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Das Geheimnis meiner Mutter

Das Geheimnis meiner Mutter

Titel: Das Geheimnis meiner Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Pilotenbrille auf und richtete den Rückspiegel. „Entweder das, oder deine Drachen werden immer schwieriger zu besiegen.“

4. KAPITEL
    D  aisy Bellamy stand auf dem frisch freigeräumten Gehweg vor der Avalon Highschool. Mit wild klopfendem Herzen schaute sie an der steinernen Fassade ihrer neuen Schule hinauf. Meine neue Schule. Es war eines dieser im gotischen Stil gehaltenen Gebäude, die für die Kleinstädte hier im Norden so typisch waren.
    Sie konnte es kaum glauben. Einst ein Mädchen von der Upper East Side, war sie jetzt, in ihrem letzten Schulhalbjahr, eine Einwohnerin von Avalon mitten im Nirgendwo.
    Dieses Mal habe ich es echt verbockt, dachte sie und spürte, wie ihr übel wurde.
    War es wirklich erst zwei Wochen her, dass sie Schülerin der Abschlussklasse einer exklusiven Privatschule in New York City gewesen war? Es schien ein ganzes Leben zurückzuliegen. Sie hatte die Schule in Ungnade verlassen, und jetzt das hier. Ihr Dad hatte sie gezwungen, nach Sleepy Hollow zu ziehen – zumindest kam es ihr hier so vor wie in dem Gruselfilm mit Johnny Depp. Sie würde ihren Abschluss hier inmitten der Dorftrottel auf der öffentlichen Highschool machen müssen.
    Natürlich waren der Umzug hierher und der Besuch einer anderen Schule nur die Folge einer schlechten Entscheidung, die Daisy getroffen hatte. Zumindest versuchten alle, ihr das auf liebevolle Art und Weise weiszumachen. Schlechte Entscheidung. Dass ich nicht lache, dachte sie.
    Jetzt stand sie also mitten in der gefrorenen Tundra und fühlte sich komplett losgelöst von der Realität. Es war wie eine außerkörperliche Erfahrung, in der sie unbemerkt irgendwo über ihrem Körper schwebte und auf sich hinuntersah; eine einsame Gestalt im Schnee, mit einem Kaleidoskop plappernder Fremder, die um sie herumwirbelten und keinerlei Notiz von ihrer Anwesenheit nahmen.
    Nein. Das stimmte nicht. Nicht alle ignorierten sie. Ein paar Mädchen erblickten sie und steckten dann sofort ihre Köpfe zusammen, um zu flüstern. Einen Moment später kam eine Gruppe Jungen vorbei, die miteinander herumalberten und sich gegenseitig einen Football zuwarfen. Von ihnen wurde sie ebenfalls eindringlich gemustert. Ihre leisen Pfiffe und affenartigen Geräusche fuhren über sie hinweg wie ein scharfer Wind.
    Lass sie flüstern. Lass sie johlen. Das alles hier war ihr ja so egal.
    Mit dieser Einstellung betrat sie das Hauptbüro der Schule. Feuchte Wärme füllte den Raum, und der Geruch von nassem Holz und dem, nach was auch immer eine öffentliche Schule sonst noch roch, stach in die Nase. Daisy nahm ihren Burberry-Schal ab und zog die Handschuhe von Portolano aus. Die Menschen auf der anderen Seite des zerkratzten Holztresens waren damit beschäftigt, zu telefonieren, auf Computermonitore zu starren oder Nachrichten in eine Reihe Postfächer zu verteilen.
    Eine müde aussehende Frau an einem der Tische hob den Blick und schaute sie an. „Kann ich dir helfen?“
    Daisy knöpfte ihre mit Kunstpelz besetzte Wildlederjacke auf. „Ich bin Daisy Bellamy. Heute ist mein erster Tag hier.“
    Die Frau durchsuchte mehrere Posteingangskörbe auf ihrem Schreibtisch. Dann nahm sie eine Mappe in die Hand und kam zum Tresen herüber. Sie hatte den typisch watschelnden Gang einer Schwangeren. Ihr Bauch war riesig, und Daisy gab ihr Bestes, ihn nicht mit offenem Mund anzustarren.
    „Oh, gut“, sagte die Frau. „Wir haben alle deine Daten zusammen. Dein Vater ist am Freitag hier gewesen. Es ist alles in Ordnung.“
    Daisy nickte. Ihr war mit einem Mal viel zu warm und außerdem schlecht. Ihr Dad würde normalerweise hier sein, aber sie hatte ihn gebeten, nicht zu kommen. Ihr Bruder Max war erst in der fünften Klasse, hatte sie argumentiert, er brauchte seinen Vater dringender als sie. Viel dringender.
    Die Frau erklärte Daisy ihren Stundenplan und reichte ihr dann eine Karte von der Schule, auf der sie den Weg zu ihrem Klassenzimmer einzeichnete. Sie beschrieb ihr außerdem, wo sie ihren Spind fand, und gab ihr die Kombination für das Zahlenschloss. Es gab ein kompliziertes Klingelsystem – erste Klingel, Versammlungsklingel, Mittagspausenklingel … aber Daisy hörte kaum zu. Sie warf einen Blick auf die Raumnummer auf dem pinkfarbenen Zettel, verließ das Büro und machte sich auf den Weg durch die gefliesten Flure ihrer neuen Schule.
    Der Korridor war vollgepackt mit lauten Kindern. In der Luft hing der Geruch nach feuchten Winterklamotten. Aus allen Ecken hörte sie

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