Das Geheimnis meiner Mutter
eingeschweißt.
Träumt weiter, sagte sie in Gedanken zu den Frauen, die ihm diese Bücher geschenkt hatten. Sie bezweifelte ernsthaft, dass es in der Natur des Mannes lag, solche Bücher zu lesen und zu denken, sie träfen auf ihn zu.
Jenny ging in die Küche zurück, um die Einkäufe wegzuräumen. Sie hatte noch nie zuvor mit einem Mann zusammengelebt, also wusste sie nicht, ob Rourke ein typischer Vertreter seines Geschlechts war oder nicht. Sie war es so gewohnt gewesen, sich um ihre Großmutter zu kümmern, früh aufzustehen und sie für die tagsüber anwesende Pflegeschwester fertig zu machen. Da war es jetzt wie eine Offenbarung, einfach ohne Wecker irgendwann aufzuwachen und ihren Tag ohne Rücksicht auf Grannys Bedürfnisse anzugehen. Nach nur ein paar Tagen in Rourkes Haus hatte sich schon ein gewisser Rhythmus eingestellt. Er stand früh auf und machte seinen großartigen Kaffee. Sie trank eine Tasse davon, während er unter der Dusche war. Dann tauschten sie. Danach frühstückten sie gemeinsam – sie hatte ihn schnell von seiner schlechten Angewohnheit abbringen können, zweitklassige Backwaren aus dem Supermarkt zu sich zu nehmen – und gingen zur Arbeit.
Am Ende des Tages ertappte sie sich dabei, wie sie Thunfisch-Sandwiches machte und dabei fragte: „Wie war dein Tag?“ Wie war dein Tag, Liebster?
Sie konnte nicht anders. Es fühlte sich so natürlich an. Genau wie das leichte Hüpfen ihres Herzens, wenn sie ihn durch die Hintertür kommen hörte. Erst stapfte er den Schnee von den Stiefeln, dann pfiff er nach den Hunden, bevor er in die warme Küche kam.
„Hey“, sagte sie. „Wie war …“ Oh Gott, sie tat es schon wieder. „… dein Tag?“
„Turbulent.“ Der vertrauliche Ton ihrer Frage schien ihn nicht zu stören. „Aufgrund der glatten Straßenverhältnisse hatten wir dreizehn Verkehrsvorfälle, davon sieben, bei denen Alkohol im Spiel war. Außerdem einen Ehestreit, einen versuchten Scheckbetrug, Jugendliche, die Schuleigentum verschandelt hatten, und eine Frau, die ihr kleines Kind allein zu Hause ließ, während sie zur Arbeit ging.“
„Wie hältst du das nur aus?“, fragte Jenny. „Jeden Tag siehst du das Schlimmste im Menschen. Das muss doch deprimierend sein.“
„Ich schätze, was es für mich weniger schlimm macht, ist, dass ich versuche, etwas zum Positiven zu verändern. Auch wenn das nicht immer funktioniert.“
„Du meinst, manchmal musst du den bösen Jungen auch ziehen lassen?“
„Ja. Manchmal. Wenn es keine ausreichenden Beweise gibt oder jemand einen Fehler gemacht hat. Oder weil wir es auf einen größeren Fisch abgesehen und nicht genügend Leute haben, um uns um alles zu kümmern. Es gibt eine ganze Reihe von Gründen.“ Bevor sie eine weitere Frage stellen konnte, winkte er ab. „Manche der Sachen, die ich tagsüber mache, eignen sich nicht als Thema für eine Unterhaltung beim Abendessen.“
Wie jeder brachte auch er jeden Tag eine unsichtbare Last von der Arbeit mit nach Hause. Aber bei den meisten Leuten bestand diese Bürde nicht aus den Verbrechen und Grausamkeiten in einer Kleinstadt. „Unsere Leben sind so verschieden“, sagte sie. „Du gehst jeden Tag zur Arbeit und musst zusehen, wie Leute sich danebenbenehmen.“
Er lachte. „So hat das noch keiner ausgedrückt.“
„Und in der Bäckerei treffe ich Leute, die einfach eine Tasse Kaffee und einen Krapfen wollen und schon glücklich sind.“
„Ich sollte aus dem Polizeidienst ausscheiden und mir ein Haarnetz kaufen.“ Genussvoll biss er in sein Sandwich, und sie sah, wie er sich merklich entspannte. Liegt das an mir, fragte sie sich, oder einfach daran, dass er jetzt Feierabend hat?
Sie vermutete, die Antwort zu wissen, als sie ihm über den Tisch hinweg einen Blick zuwarf und sah, dass er sie mit einem verwirrenden, glühenden Blick anschaute.
„Was?“, fragte sie.
„Nichts“, erwiderte er. „Ich habe keinen Ton gesagt.“
„Du starrst mich an.“
„Ich mag es, Frauen anzuschauen. Kannst mich gerne dafür erschießen.“
Sie senkte den Kopf, um ihr Lächeln zu verbergen. Sie gingen in klitzekleinen Schritten und sehr vorsichtig aufeinander zu. Als sie mit dem Essen fertig waren – und er den Tisch abräumte und das Geschirr spülte –, musste Jenny es vor sich zugeben: Sie war geliefert.
Glücklicherweise schien er diese neue, verstörende Entwicklung nicht mitzubekommen. „Ich muss heute Abend noch mal weg“, sagte er.
Ebenfalls glücklicherweise schien er
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