Das Geheimnis unserer Herzen: Roman (German Edition)
Familie daran glaubte. Die meisten Schotten taten das. Aber er hatte sich ohnehin nie viel Gedanken darüber gemacht. Was kümmerte es ihn, ob ein »Ungeheuer« in den dunklen Tiefen des Loch Ness herumschwamm?
»Der sagenumwobene Drache, der den Schatz bewacht«, sagte Graeme. »Aber was hat das alles mit Niall zu tun?« Er trommelte mit den Fingern auf den Beistelltisch. »Ihr glaubt, er sei hinter dem Königsmacher her? Weil jemand den Stein aus Westminster gestohlen hat?«
Jensen stieß einen tiefen Seufzer aus. »Entweder ist es Niall, oder er arbeitet mit jemandem zusammen, der es darauf abgesehen hat. So oder so hatte er sich vor seiner Abreise aus London schon seit einigen Wochen sehr merkwürdig verhalten. Du müsstest ihn für uns überprüfen. In Erfahrung bringen, woran genau er arbeitet und mit wem, sofern er einen Partner hat.«
»Wo ist er?«, fragte Graeme.
»Hier. Am Loch Ness. Er ist schon seit ein paar Tagen hier. Wir haben einige seiner Mitteilungen abgefangen, die allerdings ganz eigenartig vage sind. Das ist jedoch kein schlüssiger Beweis, und wir müssen uns sicher sein können, bevor wir ihn zur Rede stellen.«
»Verstehe.« Graeme beugte sich vor und stützte seine Ellbogen auf die Knie. »Ihr wollt also, dass ich ihn ausspioniere?«
»Genau. Verlängere deinen Besuch bei deiner Familie. Es ist doch sehr hübsch hier oben um diese Jahreszeit, nicht wahr?«, fragte Jensen mit einem spitzbübischen Grinsen.
»Ja, ja, der Winter in den Highlands. Es gibt nichts Schöneres, als nur ein paar Stunden Tageslicht zu haben.«
»Und den Kontakt zu deinem lang vermissten Cousin wiederaufzunehmen«, ergänzte Jensen.
»Eine Frage noch«, sagte Graeme. »Was hat dies alles mit dem Stein der Vorsehung zu tun?«
Vanessa drückte ihr Ohr an die schwere Holztür, um mehr von dem Gespräch zu hören. Sie nahm an, dass die beiden Männer in dem Zimmer gegenüber ihrem saßen. Die Mauern des Cottages waren nicht dünn genug, um alles zu verstehen, aber einige Kernsätze hatte sie mitbekommen. Auf jeden Fall hatte sie ganz deutlich etwas über einen verborgenen Schatz gehört. Etwas so Faszinierendes würde sie bestimmt nicht falsch verstanden haben. Sie richtete sich aus ihrer gebückten Haltung auf.
Auch das Wort Westminster war gefallen. War es ein in der dortigen Abtei versteckter Schatz, von dem die Männer sprachen? Davon hatte sie noch nie etwas gehört.
Wenn Graeme sprach, schien seine tiefe Stimme mit dem weichen schottischen Akzent die Wände zu durchdringen und über ihre Haut zu streichen. Er sprach von dem Stein der Vorsehung. Er sollte eine Fälschung sein? Das war er sicher nicht. Dieser Stein befand sich seit Hunderten von Jahren in der Abtei. War er der Schatz, von dem sie sprachen?
Mit angehaltenem Atem drückte sie das Ohr noch fester an die Tür. Der andere Mann klang eindeutig wie ein Engländer, und an seiner Sprechweise ließ sich auch erkennen, dass er sehr gebildet war.
»Der Schatz vom Loch Ness.« Diese paar Worte hatte sie perfekt verstanden. Auf ihrer Suche nach Fossilien schien sie auf ein sehr interessantes Geheimnis gestoßen zu sein.
Vielleicht würde sie sich, wenn die Stimmen verstummten und es still im Haus wurde, aus ihrem Zimmer herausschleichen, um sich ein wenig umzusehen. Graeme verbarg etwas. Er war auf jeden Fall kein einfacher, ungebildeter Schotte. Und einem guten Rätsel konnte Vanessa nur sehr selten widerstehen. Ihre wissbegierige Natur hatte sie schon des Öfteren in Schwierigkeiten gebracht, aber aus einigen ihrer Fehler hatte sie gelernt und war heute umsichtiger und zurückhaltender.
Jetzt setzte sie sich auf den Boden, lehnte sich an die Tür und lauschte weiter. Das Gespräch war nun gedämpfter, als flüsterten die Männer nur noch, aber sie hätte nicht sagen können, ob sie sich in einen anderen Teil des Hauses zurückgezogen oder nur die Stimmen gesenkt hatten. Zwanzig Minuten später hörte Vanessa nur noch Stille. Sicherheitshalber wartete sie jedoch noch eine Stunde ab, bevor sie sich aus ihrem Zimmer hinauswagte.
Das Haus war nicht sehr groß, die Zimmer lagen dicht beisammen, und sie war froh, dass sie vernünftig genug gewesen war, ihre Schuhe auszuziehen. Das kleinste Geräusch, das sie verursachte, könnte Graeme und seine Familie wecken. Falls sie erwischt wurde, würde sie einfach sagen, sie sei durstig gewesen und habe sich auf die Suche nach etwas zu trinken gemacht.
Da die drei Türen etwas weiter unten auf dem Gang
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