Das Geheimnis unserer Herzen: Roman (German Edition)
ist nur eine einfachere Methode, in einige der Tunnel hineinzukommen, die schon seit langer Zeit verschüttet sind.«
»Und du bist sicher, dass du den Schatz in diesen Höhlen finden wirst?«
Niall nickte. »Absolut. Es gibt keinen anderen Ort, wo er sein könnte.«
»Es sei denn, jemand hätte ihn schon gefunden«, sagte Graeme.
Nialls Augen weiteten sich, und Furcht flackerte in ihren dunklen Tiefen auf. » Hat ihn denn jemand gefunden?«
»Nicht, dass ich wüsste.« Graeme dachte daran, ihm von Braden und dessen Männern zu erzählen, überlegte es sich dann aber anders. Denn falls Niall mit ihnen zusammenarbeitete, durfte er nicht wissen, dass Graeme ihren Bund entdeckt hatte. »Und wäre er gefunden worden, hätte Solomon’s ganz sicher schon davon erfahren.«
Niall schien sich ein wenig zu entspannen. »Das stimmt.« Einen Moment schwieg er, dann richtete er sich auf. »Du hast eine Frau erwähnt. Ich wusste nicht, dass du geheiratet hattest.«
»Es ist Vanessa – du bist ihr schon begegnet.« Auch Graeme erhob sich nun. »Es ist noch nicht lange her.« Er zögerte, bevor er hinzufügte: »Mutter bereitet eine Hochzeitsfeier vor. Du könntest kommen.«
Niall nickte. »Herzlichen Glückwunsch.«
Graeme legte eine Hand auf den Schreibtisch. »Und falls du bei irgendetwas Hilfe brauchen solltest, musst du es mir nur sagen.«
Wieder blickte Niall an Graeme vorbei, bevor er sich seinem Cousin zuwandte und ihm ein schwaches Lächeln schenkte. »Danke für das Angebot, Graeme. Aber ich bin durchaus in der Lage, meine Angelegenheiten selbst zu regeln.«
***
Zwei Stunden später saß der Rabe Dougal gegenüber und wartete darauf, dass der endlich etwas sagte. Langsam trank er seinen mit Whisky versetzten Tee und beobachtete den Jungen, der mehr als aufgeregt zu sein schien, eine solche Einladung erhalten zu haben. Der junge Schotte wechselte nervös die Haltung und schien sich in den zierlichen Sesseln des Salons ein wenig fehl am Platz zu fühlen.
Nachdem Graeme gegangen war, hatte Niall keine Zeit verschwendet und sich ebenfalls empfohlen. Er wolle zurück in die Höhle, um einen anderen Tunnel zu erforschen, hatte er gesagt, aber der Rabe argwöhnte, dass er durch seinen hastigen Aufbruch verhindern wollte, über Graemes Besuch zu reden. Oder über dessen Spekulationen. Ein Grund mehr, Graeme anderweitig zu beschäftigen, damit er aufhörte, sich mit Niall und seiner Suche zu befassen.
Der Rabe konnte durchaus geduldig sein. Das musste er in seinem Metier. Aber er war es nicht gewöhnt, seine Geduld an rotznäsige Bengel wie den, den er vor sich hatte, zu verschwenden. Trotzdem wollte er herausfinden, was Dougal ihm möglicherweise anzubieten hatte. Es war offensichtlich, dass der Junge nach der Aufmerksamkeit hungerte, die sein älterer Bruder ihm nicht gab. Vielleicht war es Graemes frischgebackene Ehefrau, die dessen ganze Zeit in Anspruch nahm. Der Rabe war sich sicher, dass der Junge sich als nützlich erweisen könnte, aber dazu würde er Führung brauchen, und zwar eine sehr behutsame.
Dougal trank seinen Tee, wobei der Schmutz unter seinen Fingernägeln in krassem Gegensatz zu der eleganten Tasse stand.
Was für ein schmutziger kleiner Bauernlümmel. Ein stämmiger junger Bursche, dem es bestimmt war, Äcker zu pflügen und sich im Pub einen hinter die Binde zu kippen, der sich aber ganz offenbar nach den feineren Dingen des Lebens sehnte. Und diese Sehnsucht würde ihm zum Verhängnis werden. Der Rabe schob dem Jungen das Tablett mit dem Kuchen zu und schlug die Beine übereinander. »Du magst die Frau deines Bruders nicht«, stellte der Rabe schließlich fest, obwohl es nur geraten war.
Dougal, der schon nach einem Stück Zuckerkuchen gegriffen und herzhaft davon abgebissen hatte, zuckte mit den Schultern. »Sie ist in Ordnung, glaube ich«, sagte er, als er den Bissen geschluckt hatte. »Nur sehe ich meinen Bruder kaum noch.«
Der Rabe nickte wissend. »So ist das, mein Junge. Das Leben wird nie wieder das gleiche für dich und deinen Bruder sein. Von jetzt an wird sie immer seine oberste Priorität sein.« Er seufzte wehmütig. »Es überrascht mich, dass sie überhaupt noch hier sind. Da sie Engländerin ist, dachte ich, sie würde lieber bald in ihre Heimat zurückkehren, statt in Schottland zu bleiben.«
Dougal antwortete nicht, aber seine Lippen waren schmal geworden, und er aß auch keinen Kuchen mehr. Stattdessen lauschte er jedem Wort des Raben und glaubte alles, was er sagte.
Weitere Kostenlose Bücher