Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
Vom Netzwerk:
schon ein bißchen“, seufzte Elly, nachdem sie die Serviette auf den Teller gelegt hatte. „Falls einer von euch einmal nach Argentinien reist, vergeßt bitte nicht, uns zu besuchen. Mein Mann ist bekannt für das beste Asado im Umkreis von hundert Kilometern.“
    „Asado?“ fragte Ferdi.
    Herr Schweitzer hatte nicht gefragt, er konnte es sich denken. Und daran denken wollte er nicht.
    Elly, die nichts von seiner momentanen Phase ahnte, plauderte unbedarft drauflos: „Na ja, Asado halt. Das ist so die argentinische Art, Fleisch zuzubereiten. Meist sind es Steaks, die da auf den Grill kommen. Aber es können auch andere …“
    „Entschuldigung, ich muß mal auf Toilette“, wehrte sich Herr Schweitzer nach Kräften. Noch war er nicht über’n Berg.
    Als er wieder zurück war – er hatte sich nur die Hände gewaschen –, hatten die beiden das saublöde und völlig unpassende Asado-Thema zum Glück abgehandelt.
    Die nächsten zehn Minuten ging’s um Jens Auers Wohnung in der Kranichsteiner Straße. Laut Elly mußte sie bis Ende des Monats geräumt sein. Sie breitete Fotos von Einrichtungsgegenständen auf dem Tisch aus. „Wenn euch was gefällt, ihr könnt alles geschenkt haben. Ich kann ja schlecht Möbel nach Argentinien mitnehmen. Die Transportkosten wären viel zu hoch.“
    Herr Schweitzer besah sich die Fotos und war erstaunt über den extravaganten Geschmack des Ermordeten. Fast alle Möbelstücke waren antik und in gutem Zustand, so weit man das erkennen konnte. „Meinst du das ernst? Ich denke, die könnte man doch locker noch verkaufen.“
    „Na ja“, erklärte Elly, „ich hab mit Ferdi schon darüber gesprochen. Die Wohnung müßte noch gestrichen werden.“
    Ferdi: „Genau, ist doch ein prima Deal. Wir machen die Wohnung bereit für die Übergabe und dafür können wir uns dann aussuchen, was wir haben wollen. Der Rest wandert auf den Sperrmüll.“
    Zwar hatte es Herr Schweitzer nicht so mit dem Arbeiten, andererseits war er auch niemand, der sich drückte, wenn Not am Mann war. Und bei den Möbeln dachte er nicht so sehr an sich, sondern viel mehr an seine Liebste und ihren Faible für hübsche antike Dinge. Einige der abgebildeten Möbelstücke würden ganz viele Blumensträuße aufwiegen. Er dachte schon jetzt an die vielen Streicheleinheiten. Braver Simon. Guter Simon.
    Es liegt in der menschlichen Natur, sich die etwas unangenehmeren Dinge bis zum Schluß aufzusparen. So unterhielt man sich übers Wetter, die Veränderungen, die Frankfurt durchlaufen hatte, seit Elly vor zehn Jahren das letzte Mal hier war, Politik und Fußball. Ja, auch über Fußball. Wie sich herausstellte, war Elly früher nämlich selbst aktiv und betreute derzeit ein Mädchenteam vom Club Social y Deportivo Madryn. Herr Schweitzer hielt sich beim Fußball dezent im Hintergrund, denn sein Fachwissen diesbezüglich war weder vom Fach noch konnte man die spärlichen Informationen darüber guten Gewissens als Wissen betrachten. Oft genug war er damit schon aufgezogen worden. Meist von seinem Kumpel Weizenwetter, einem Fußballfreak durch und durch.
    Erst sehr spät kam dann Elly doch noch auf die Ermordung ihres Bruders zu sprechen. „Meinst du, Simon, du könntest da ein wenig nachhelfen?“ Und, was immer gut ankam, kurz hinterher: „Was man so hört, hast du ja Verbindungen bis ins BKA hinein.“
    Das stimmte natürlich nicht, andererseits kannte Herr Schweitzer eine Menge Leute, die wiederum eine Menge Leute kannten. Sein komplettes Leben hatte er nach seiner Lieblingsdevise ausgerichtet, welche da hieß, man muß nichts selbst können oder wissen, man brauchte bloß die Leute kennen, die über das gerade benötigte Können und Wissen verfügten. Damit ließ es sich prima leben, wie sich am Lebenskünstler Schweitzer vorzüglich studieren ließ. Simon Schweitzer, das Paradebeispiel für gelebte Kommodität schlechthin. „Aber, Elly, jetzt übertreibst du aber.“ Er räusperte sich. Fehlte nur noch, daß er sich ein paar Staubflusen vom ordenbehangenen Jackett wischte.
    Nach einer kurzen Pause sprach er weiter: „Aber natürlich kann ich mich ein bißchen umhören.“
    Wir erinnern uns, Herr Schweitzer war weder betrunken noch hatte er die letzten Tage einen Joint geraucht. Was um alles in der Welt war also in ihn gefahren? Hatte er nicht vor kurzem noch damit geliebäugelt, den Sommer lesend in Marias Hängematte zu verbringen? Aber manche Gedanken sind einfach unergründlich. Belassen wir es einfach

Weitere Kostenlose Bücher