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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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später rächt er sich am vermeintlichen Verursacher Jens Auer. Die Polizei tappt im dunkeln und der gute Simon kann sein Schnüffelnäschen mal wieder nicht vom Schnüffeln lassen.“ Auch hier war das Näschen eine gelinde Untertreibung. Beide Nasen hatten Übergröße.
    An dieser Stelle wurde Melibocus dramatisch. Er stand auf, reckte sich und stemmte die Hände in die Hüften. Es klang so, wie’s geschrieben steht: „Und. Warum. Kommst. Du. Erst. Jetzt. Zu. Mir? Sind. Wir. Denn. Keine. Freunde. Mehr?“
    „Etwas flüssiger und es reimt sich sogar“, erkannte Herr Schweitzer amüsiert. Ein schlechtes Gewissen wegen des Vorwurfs hatte er aber nicht, weil: „Aber, mein lieber Felix, du hast uns doch eben erst darauf gebracht. Wir wußten doch nichts vom Esterházy, als wir zu dir kamen. Bisher war alles bloß eine unausgegorene Vermutung. Nichts, mit dem man Bullen hinterm Ofen hervorlockt. Und daß Ellys Bruder damals in den Unfall verwickelt war, auch das war bloß so eine vage Idee von mir.“
    „Jetzt mal von Schwachkopp zu Schwachkopp.“ Melibocus beugte sich an Herrn Schweitzers Ohr. „Damit eins klar ist: Ab sofort arbeiten wir zusammen. Ich unterstütze dich nach Kräften und du hältst mich auf dem laufenden. Das Sachsehäuser Käsblättche hat die Exklusivrechte. Wir veröffentlichen noch vor all den anderen. Schlag ein!“ Melibocus’ Rechte schnellte hervor. Seine Linke versetzte Herrn Schweitzer einen kräftigen Schlag auf den Rücken, so daß dieser sich gerade noch an der Lehne festhalten konnte, bevor er auf dem Boden landete.
    „Aua. Mann, Felix, gehst du immer so mit alten gebrechlichen Menschen um?“
    „Keine Ablenkungsmanöver. Schlag ein!“
    „Das ist Nötigung. Elly, du kannst es bezeugen: Nötigung!“ Nichtsdestotrotz reichte er dem Herausgeber die Hand.
    „So ist’s fein, Simon.“
    „Aber wir können doch gar nichts beweisen“, gab Herr Schweitzer zu bedenken.
    Elly McGuire: „Das Phantombild aus der Frankfurter Rundschau …“
    Herr Schweitzer hatte noch nicht kapiert: „Was ist damit?“
    Männer, dachte Elly, manchmal haben sie einen Geistesblitz nach dem anderen, manchmal erkennen sie selbst die simpelsten Zusammenhänge nicht. „Wenn Felix den Esterházy damals gesehen hat, warum hat er ihn nicht wiedererkannt? Das Phantombild war schließlich in allen Zeitungen.“
    Wie von der Tarantel gestochen stürzte Melibocus an das graue Metallregal hinter ihm.
    „In meiner auch, in meiner auch“, hörte man ihn brabbeln.
    Dann lag die Ausgabe mit dem Phantombild auf dem Tisch. Eine geschlagene Minute studierte der Herausgeber das Bild. Keiner wagte zu unterbrechen. Die Luft knisterte vor Anspannung. Eine Staubfluse hätte man fallen hören können, aber es gab ja keine Staubflusen mehr, die hätten fallen können.
    Dann, endlich, sah Melibocus auf. Theatralisch nahm er die Brille ab. Es war nicht zu verkennen, der Mann kannte sich aus mit Dramaturgie. „Scheiße“, war alles, was ihm entfuhr. Das aber gleich zwei Mal: „Scheiße.“
    „Wie meinst du das?“ fragte Herr Schweitzer. „Ist das jetzt der Esterházy oder nicht?“ Er nahm sich die Zeitung vom Tisch.
    Mittels eines weinroten Taschentuchs mit eingesticktem, verschnörkeltem FM wischte sich Melibocus ein paar Schweißtropfen von der Stirn.
    Mit der Antwort ließ er sich Zeit. Viel Zeit. Aber dann kam sie doch noch, die Antwort. Sie kam kleinlaut daher: „Nö, eher nicht.“
    Enttäuschung machte sich breit. Da war man so nahe dran und dann so etwas. Herr Schweitzer konnte es nicht fassen: „Sicher?“
    „Was heißt schon sicher?“ philosophierte der Herausgeber. „Esterházy war fett wie ein Otter. Das weiß ich noch genau. Und der Phantom-Knabe hier sieht mir eher wie ein Marathonläufer aus. Und ich erinnere mich sogar noch daran, was ich damals dachte.“
    „Was?“ fragte Herr Schweitzer beiläufig. Er hatte das Interesse verloren.
    „Na, was wohl?! Daß der Esterházy aber ganz schön viele Esterházy-Torten gefuttert haben mußte, um so auszusehen. So fett, meine ich.“
    Auch wenn das Fettsein in unserem Kulturkreis bei den meisten Menschen negative Assoziationen auslöste, im Gegensatz zu Indien und arabischen Ländern, wo es Wohlstand und innere Zufriedenheit suggerierte, scherte sich Herrn Schweitzers Magen einen feuchten Kehricht um gesellschaftliche Akzeptanz. Er knurrte hörbar. Irgendwie klang Esterházy-Torte nämlich nach orgastischen Gaumenfreuden. Und so etwas wollte verköstigt

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