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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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„Eine Mandel-Schokoladentorte. Ganz wichtig ist der Cognac in der Buttercreme. Benannt übrigens nach dem damaligen Außenminister der k.u.k. Monarchie, Pál Antal. Hab ich selbst schon gebacken. Ein Gedicht, sag ich euch, ein Gedicht.“ Wie von selbst schlossen sich seine Augen. Speichel sammelte sich in seinem Mund. Kaubewegungen setzten ein.
    Herr Schweitzer suchte nach Beweggründen für das soeben Gesagte. Er griff sich seine Tasse und schwenkte den restlichen Yogi-Tee. „Sag mal, Felix, was ist in dem Tee drin? Koks? LSD? Raus mit der Sprache. Wir hören.“
    „Was hat die Torte mit dem Unfall zu tun?“ wurde Elly präzise.
    „Ach, ach, ihr lieben Leut’, wie soll ich das bloß erklären? Sagt euch der Name Esterházy etwas?“
    „Persönlich kenne ich keinen Esterházy“, überlegte Herr Schweitzer. „Ist das nicht ein osteuropäischer Name?“
    „Ich tippe auf Ungarn“, sagte Elly.
    „Chapeau, die Dame. Volltreffer.“ Genüßlich führte der Herausgeber die Tasse zum Mund, ehe er fortfuhr. „Esterházy ist ein ungarisches Magnatengeschlecht. Nach einem von denen ist die Torte benannt. Esterházy ist aber auch der Name des Mannes, dessen kleine Tochter vor zwanzig Jahren durch einen bedauerlichen Unfall am Kuhhirtenturm ums Leben gekommen ist. Das Tragische an der Geschichte war, das werde ich nie vergessen, daß das kleine Mädchen taub war. Zwei oder drei Passanten haben das Unglück kommen sehen und lauthals geschrien, als sich das Taxi von selbst in Bewegung setzte. Aber sie waren alle zu weit weg, um einzugreifen. Der Taxifahrer war danach fix und fertig, das könnt ihr mir glauben.“
    „Jens Auer?“ fragte Elly.
    Melibocus: „Bitte?“
    „Jens Auer, war das der Taxifahrer?“
    Der Herausgeber vom Sachsehäuser Käsblättche strich sich übers Kinn. „Hm? Jens Auer, sagtest du?“
    „Ja, mein Bruder.“
    „Kann sein. So genau weiß ich’s auch wiederum nicht. Der Name kam jedenfalls in meinem Artikel nicht vor. Ganz bestimmt. So etwas gehört sich nicht.“
    „Hast du damals Fotos geschossen?“ bohrte Herr Schweitzer nach.
    „Nur vom Unfallauto, wie es gerade von der Polizei abgeschleppt wurde.“
    „Kennzeichen?“
    „Puh, du stellst Fragen … da müßte ich in alten Kisten wühlen. Damals wurden noch richtige Filme gemacht, mit Negativen und so. Heutzutage ist ja alles digital.“ Fast schien es, als trauere Melibocus den guten alten Zeiten nach.
    Aber Elly hatte bereits ein Foto herausgekramt und überreichte es ihm. „Ist das der Taxifahrer?“
    Auch Melibocus kramte. Nach seiner Brille. Als er sie aufgesetzt hatte: „Oh, kann sein. Wie heißt er noch gleich?“
    „Hieß. Mein Bruder ist inzwischen auch tot. Jens Auer.“
    „Ermordet am Kuhhirtenturm. Vor kurzem“, ergänzte Herr Schweitzer. „Klingelt’s bei dir?“
    „Klingeln ist gar kein Ausdruck, Kumpel“, Melibocus nahm seine Brille wieder ab und musterte Herrn Schweitzer. „Ganze Gedankenlawinen stürzen auf mich ein. Ich bin ein Kind der Informationen. Journalist, verstehst du? Das Sachsehäuser Käsblättche mag zwar ein Käseblatt sein, aber der Mord am Kuhhirtenturm war auch auf meiner Titelseite. Moment, ich spute mich.“ Melibocus erhob sich.
    Das Sputen ging bei ihm, der mit einer ähnlichen Leibesfülle ausgestattet war wie der Detektiv, nur noch in eher gemäßigten Bahnen vor sich. Zwanzig Sekunden später fluchte er: „Verdammter Mist, wo ist sie bloß? Vor lauter Ordnung findet man nichts mehr.“
    „Kenn ich, kenn ich“, pflichtete Herr Schweitzer bei. „Ordnung soll man nie übertreiben, sonst sucht man sein Leben lang. Wenn Maria das nur endlich mal kapieren würde …“
    „Ah, da ist sie ja“, sprach Melibocus nun. Und widersprach sich auch gleich selbst: „Tja, Ordnung ist das halbe Leben. Das war schon immer meine Rede.“ Er wedelte mit dem Sachsehäuser Käsblättche. „Taximord am Kuhhirtenturm.“
    Während er die Zeitung weiterreichte, fragte er Elly: „Kann ich noch mal das Foto haben?“
    Nach eingehender Betrachtung: „Ja, hm, ja. Es liegen zwar zwanzig Jahre dazwischen, aber die Ähnlichkeit ist nicht zu leugnen.“ Dann faltete Melibocus die Hände und zauberte sein süffisantestes Lächeln hervor. „Du Simon, kann es sein, daß mein Näschen eine Story wittert?“ Näschen war übertrieben, Riechkolben schon treffender. „Nein, Simon, sag jetzt nichts. Laß mich raten. Esterházy verlor seine Tochter bei einem tragischen Unfall am Kuhhirtenturm. Zwei Jahrzehnte

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