Das Geheimnis von Digmore Park
Schwester !“, erklärte der Major in der Hoffnung, seinen Freund zu beruhigen. Allerdings hatte er nicht vor, sein Liebesleben vor seinem Diener auszubreiten.
„Charlie, geh schon hinunter in den Hof und bring das Pferd zur Poststation zurück. Dann lass anspannen. Sag uns Bescheid, wenn alles vorbereitet ist. Und beeile dich, es ist ein weiter Weg bis Worthing.“
Es war Charlie nicht unrecht, das Zimmer verlassen zu können. Liebesangelegenheiten unter seinesgleichen waren schon kompliziert genug. Er hatte nicht die geringste Lust, sich mit dem noch komplizierteren Liebesleben von Adeligen auseinanderzusetzen. Außerdem war es höchste Zeit, dass sie hier wegkamen. Er war es nicht gewohnt, dazustehen und zuzuhören. Er war kein Mann vieler Worte, er war eher ein Mann der Tat.
Noch bevor sich die Tür ganz hinter Charlie geschlossen hatte, wurde Mr. Bishops Protest laut. „Wo immer wir auch hinfahren, Dewary, wir fahren mit Sicherheit nicht nach Worthing. Ich werde dieses Haus nicht noch einmal betreten, in dem uns so viel Schmach widerfahren ist.“
Dewarys Miene wurde ernst. „Bishop, du vergisst dich. Du sprichst vom Haus meines zukünftigen Schwiegervaters. Außerdem, wenn ich dich erinnern darf, mir wurde Schmach angetan, nicht dir.“
„Aber ich war dabei, Dewary, kein Grund, mich so arrogant abzukanzeln. Ich musste damals schließlich deine Launen ertragen und deinen verletzten Stolz wieder aufpolieren …“
„Du hast ja recht, Bishop, entschuldige bitte. Denkst du, ich hätte das vergessen? Was war ich verliebt in Abigail! Und ihr Vater, Lord Bendworth, schien meine Absichten auch zu unterstützen! Wie hätte ich denn ahnen können, dass ihm meine Liebe zu seiner ältesten Tochter gerade recht kam …“ Er ließ den Satz in der Luft hängen, und nicht nur einem eingeweihten Ohr wurde deutlich, dass die Ereignisse tiefe Wunden in sein Selbstwertgefühl und vielleicht auch in seine Seele gegraben hatten.
Der Pfarrer schüttelte gedankenverloren den Kopf.
„Ich hätte nie gedacht, dass irgendjemand imstande sein könnte, so ein böses Spiel zu treiben. Zuerst macht der Earl of Bendworth dir Hoffnungen und nutzt dann deine Verehrung für seine Tochter schamlos dazu aus, den alten Rothenhan dazu zu bringen, seine Geldbörse zu öffnen. Rothenhan ist stinkreich, aber wie wir alle wissen, auch genauso geizig.“
„Das ist wahr. Und ein geiziger Ehemann war für Abigail und ihren Vater von wenig Nutzen. Da kam meine Verehrung gerade zur rechten Zeit.“
Der Pfarrer sah keinen Grund, etwas zu beschönigen. „Richtig! Wie ich gehört habe, war Rothenhan bereit, sich seiner zukünftigen Gattin gegenüber äußerst spendabel zu zeigen. Doch um nichts auf der Welt wäre er auf die Idee gekommen, auch noch ihrem Vater und vor allem ihrem durch und durch verkommenen Bruder Bertram einen ordentlichen Betrag zukommen zu lassen. Das tat er nur, um die schöne Abigail nicht noch kurz vor dem Traualtar an einen Jüngeren zu verlieren!“
„Denkst du, ich erinnere mich nicht? Kaum hatte ich um ihre Hand angehalten, da saß der Earl of Bendworth auch schon auf dem Rücken seines Pferdes, um Lord Rothenhan Bescheid zu geben. Ich habe ihm wahrlich die besten Argumente geliefert, um dem künftigen Schwiegersohn ordentlich zuzusetzen. Rothenhan tat, wie ihm von Bendworth geheißen, und Abigail willigte ein, seine Frau zu werden.“
„Weißt du, wie schrecklich es für mich war, diese peinliche Szene mit anzusehen? Wenn ich daran denke, mit welcher Freude und mit welcher Zuversicht wir nach Worthing gefahren sind … Du warst sicher, als verlobter Mann nach Hause zurückzukehren. Niemand hatte dich darüber aufgeklärt, dass auch Rothenhan mit im Rennen um die Hand der schönen Abigail war. Und dann sind wir angekommen …“
Dewary bohrte seine Fäuste in die Taschen seines Uniformrocks. „Ich war ein verdammter Narr! Erinnerst du dich, wie glücklich ich war, Abigail allein anzutreffen? Ich habe mich nicht lange mit Vorgeplänkel aufgehalten, sondern bin direkt zum Grund meines Besuches gekommen. Ich dachte doch, ich hätte bereits die Zustimmung ihres Vaters erhalten. Und dann ihr Verhalten! Hättest du ihr das vorher zugetraut?“
Der Geistliche schüttelte den Kopf. Nur zu gut konnte er sich an die Worte erinnern, die Miss Abigail ihrem Verehrer mit eiskalter Stimme an den Kopf geworfen hatte: „Sie können aufstehen, Sir. Sie verfügen nicht annähernd über die nötigen Mittel, um eine
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