Das Geheimnis von Ella und Micha: Ella und Micha 1 - Roman (German Edition)
Vater.«
Sie macht den Taschenreißverschluss wieder zu und trägt die Medikamente zur Küchenspüle. »Ich hatte in der Nacht Bereitschaftsdienst, als er überfahren wurde.«
Weil er total besoffen war und beschloss, mitten auf dem Highway zu radeln. »Und Sie kümmern sich hier um Grady?«
Sie dreht den Wasserhahn auf und füllt ein Glas Wasser ab. »Er hat mich als ambulante Schwester angeheuert, damit er seine letzten Monate nicht in einem Krankenhausbett verbringen muss.«
Ihm bleiben nur noch Monate ? Ich muss diese Situation in den Griff bekommen. Vor allem muss ich raus. »Sagen Sie Grady, ich besuche ihn morgen.«
Auf der Verandatreppe stolpere ich und stürze beinahe die Stufen hinunter. Zum Glück steht Micha unten und lässt sein Handy fallen, um mich aufzufangen.
Er richtet mich wieder auf. Seine Finger bohren sich in meine Hüften, als er mich besorgt mustert. »Okay, was ist passiert?«
»Er stirbt«, flüstere ich und starre auf das vertrocknete Feld. »Er stirbt wirklich.«
»Ich weiß.« Micha hält mich fest, und weil mein Top hochgerutscht ist, liegen seine Finger auf meiner nackten Haut. »Das habe ich dir gesagt, bevor wir hergefahren sind.«
Meine Lunge will nur begrenzt Sauerstoff aufnehmen. »Ich dachte, als du das gesagt hast … Ach, ich habe keine Ahnung, was ich dachte, aber nicht das.« Ich zeige zur Tür, ohne hinzusehen. »Nicht eine Krankenschwester. Nicht nur noch Monate.«
Seine Hände gleiten auf meinen Rücken, und er drückt mich an sich. Ich lehne meinen Kopf an ihn, atme seinen tröstlichen Duft ein. Zuerst will ich ihn fragen, was in jener Nacht geschehen ist, doch ich habe zu große Angst vor der Wahrheit. Was, wenn sie übel ist? Was, wenn ich endgültig austicke, sowie ich sie höre?
»Was möchtest du heute machen?«, flüstert er. »Du musst es nur sagen, und ich bin dabei.«
Ich ziehe mich zurück, blinzele die Tränen fort. Mein Blick wandert zu Lila, die im Auto sitzt und vor dem Rückspiegel Lipgloss aufträgt. »Ich muss sie zur Werkstatt bringen und dafür sorgen, dass sie bald weiterfahren kann.«
Obwohl ich mich sträube, legt Micha eine Hand auf meinen Hinterkopf und zieht mich wieder zu sich. »Du kannst sie auch einfach loswerden.«
Ich gebe ihm einen Klaps auf den Arm. »Seit wann bist du fies zu Mädchen?«
»Seit sie sich laufend beschweren, wie unsagbar öde die Stadt ist«, sagt er und äfft den typischen Cheerleader-Tonfall nach. »Und die Insekten! Es ist lächerlich! Zehn Minuten mit ihr hier, und ich will sie rüber ins Crack-Haus bringen und wegrennen.«
»Das ist kein Crack-Haus, wie du sehr wohl weißt.« Ich schüttele den Kopf, um nicht zu grinsen. »Und mir machst du nichts vor. Sicher willst du ihr dringend an die Wäsche.«
Für einen Moment erstarrt er, dann erforscht seine Hand langsam meinen Rücken und wagt sich zu meinem Hintern vor. Er umfasst ihn und biegt mich zu sich. Hitze lodert tief in mir auf und entlockt mir ein Stöhnen. Für eine Sekunde vergesse ich, wo ich bin.
»Das Einzige, wo ich dringend ranwill, bist du«, murmelt er in mein Haar.
Ich fange mich wieder und stoße ihn zurück. » Ist das dein Ernst? Willst du jetzt damit anfangen? Ausgerechnet hier?«
Er schwenkt eine Hand zum Trailer. »Wieso nicht? Wegen Grady? Er wäre froh, uns endlich zusammen zu sehen. Seit Jahren sagt er, dass du und ich irgendwann zusammenkommen.«
Ich halte mir die Ohren zu. »Das höre ich mir nicht an.«
Mit einem großen Schritt ist er so dicht bei mir, dass er beinahe auf meinen Zehen steht. »Hast du gedacht, dein Weggehen ändert etwas an meinem Gefühlen? Tja, falls du das geglaubt hast, Irrtum. Ich kann nichts dagegen tun, wie ich empfinde. Ich bin nach wie vor …«
»Sag es nicht!« Ich zeige mit dem Finger auf ihn. »Wage es ja nicht, Micha Scott.«
Er hebt die Hände und reißt übertrieben erschrocken die Augen auf. »Uuuh, jetzt bekomme ich Ärger. Du hast meinen Nachnamen gesagt, das heißt, es ist ernst.«
Ich blicke zum Auto, ob Lila mithört, ehe ich mich wieder zu ihm wende und zische: »O ja, du bekommst mächtigen Ärger. Ich bin nicht mal seit einem Tag hier, und alles, was ich mir mühsam aufgebaut habe, bricht deinetwegen zusammen!«
Seine blauen Augen verdunkeln sich. »Prima, denn du bist doch völlig bescheuert, wenn du denkst, dass du weglaufen und deine Identität ändern kannst. Dieses Girlie-Ding, das du da am Laufen hast«, er zeigt auf mein Trägertop, den weißen Rüschenrock und mein
Weitere Kostenlose Bücher