Das Geheimnis von Ella und Micha: Ella und Micha 1 - Roman (German Edition)
keine Panik, bis morgen früh hast du das wieder vergessen.«
Ich nicke energisch. »Stimmt wohl.«
Wieder lacht er, sodass mir sein Atem übers Ohr weht und ich eine Gänsehaut bekomme. Zu gerne würde ich mich umdrehen, ihm das Hemd aufreißen und ihn wie wild küssen, doch ich will unsere Freundschaft nicht zerstören. Im Moment ist er alles, was ich habe, und ich brauche ihn nötiger als die Luft zum Atmen. Deshalb behalte ich meine Gefühle so gut ich kann für mich.
Er fasst mich in der Taille, was irgendwie peinlich ist, weil mein T-Shirt nach oben gerutscht ist. »Okay, auf drei hebe ich dich hoch. Sei vorsichtig . Eins … zwei … drei …« Er hebt mich nach oben, sodass ich mein Bein über den Ast schwingen kann. An der Rinde schürfe ich mir die Haut am Schenkel ein bisschen auf, und Michas Hände sind auf meinem Hintern, als er mich das letzte Stück schiebt. Ich muss kichern.
Nachdem ich oben bin, klettert er hinterher und hält mich wieder fest, während er mir weiter hinauf und in mein Fenster hilft. Ich purzele ins Zimmer auf den Teppich. Micha lacht draußen leise.
»Das wirst du morgen früh bereuen«, sagt er lachend. »Du wirst fürchterliches Kopfweh haben.«
Ich knie neben dem Fenster, als er auf den Ast zurück steigt. »Hey, Micha.« Ich krümme einen Finger, woraufhin er die Augen verdreht, aber trotzdem zu mir ans Fensterbrett kommt. Ich werfe meine Arme um seinen Hals. »Du bist mein Held. Weißt du das?« Ich küsse ihn auf die Wange. Seine Haut fühlt sich herrlich weich an. Als ich schon zurückweichen will, dreht er sich zu mir, und unsere Lippen streifen sich. Dann zieht er seinen Kopf zurück und sieht mich mit einem rätselhaften Blick an.
»Träum schön, Hübsche.« Er grinst und klettert zurück den Baum hinunter.
Mir wird noch schwindeliger, als ich das Fenster schließe. Hat er mich absichtlich geküsst? Nein, diesen Gedanken schiebe ich weit von mir und ziehe meine Jacke aus, was irgendwie schwierig ist. Im Haus ist alles still, ausgenommen das Rauschen von Wasser im Bad. Ich gehe auf den Flur, weil ich denke, dass meine Mom mal wieder den Hahn an der Wanne nicht abgedreht hat. Das kommt manchmal vor, wenn sie abgelenkt ist. Die Tür ist abgeschlossen, also klopfe ich.
»Mom, bist du da drin?«, rufe ich.
Wasser läuft unter der Tür durch, und ich merke, dass der Teppich unter meinen Füßen klatschnass ist. Schlagartig bin ich nüchtern, renne zu meinem Schrank und reiße einen Drahtbügel heraus. Nachdem ich das Hakenende gerade gebogen habe, stecke ich es ins Badezimmerschloss. Es klickt, und ich stoße die Tür auf.
Der Schrei, der mir entfährt, reicht aus, alles Glück der Welt in tausend Teile zu sprengen. Aber erst in der Totenstille, die ihm folgt, löst es sich vollständig auf.
MICHA
»Was macht dich denn heute so froh?«, fragt meine Mom, als ich ins Haus komme.
»Ich bin so froh wie immer«, antworte ich und setze mich zu ihr an den Küchentisch, wo ich mir einen Keks vom Teller schnappe.
Sie nimmt ihre Brille ab und reibt sich die Nasenwurzel. Vor sich hat sie einen Taschenrechner, ein Scheckbuch und einen ganzen Stapel Rechnungen. »Nein, so habe ich dich schon länger nicht mehr lächeln gesehen.«
»Es war bloß ein richtig netter Abend.« Ich hole mein Portemonnaie heraus und gebe ihr einige Zwanziger und einen Hunderter. »Hier, das habe ich für die Wochenendarbeit in der Werkstatt bekommen.«
Meine Mom schüttelt den Kopf und schiebt die Scheine in meine Richtung. »Micha Scott, ich werde meinem Sohn nicht sein Geld abnehmen.«
Ich lege es oben auf die Rechnungen und stehe auf. »Doch, wirst du. Ich will dir helfen.«
»Micha, ich …«
»Schweig still und nimm es hin, junge Frau«, befehle ich ihr grinsend.
Sie gibt seufzend nach. »Du bist ein wunderbarer Sohn, ist dir das klar?«
»Nur weil du mich dazu erzogen hast.« Ich will zu meinem Zimmer, als ich einen Schrei von draußen höre. Sofort laufe ich zurück in die Küche. »Hast du das auch gehört?«
Meine Mutter starrt mit großen Augen zur Hintertür. »Ich glaube, das kam aus dem Daniels-Haus.«
Eine Million Möglichkeiten schießen mir durch den Kopf, während ich nach draußen renne, über den Zaun springe und in Ellas Haus stürze. »Ella!«
Außer Wasserrauschen von oben ist alles still. Ich stürme die Treppe hinauf. »Ella …« Mir wird eiskalt. Ella steht in der Badezimmertür, und ihre Mutter liegt in der Wanne voller rotem Wasser, das an den Rändern
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