Das Geheimnis von Melody House
alles noch irgendwie mit Lavinia zu tun”, sagte Carter. “Schade, dass Sie sie nicht kennen gelernt haben, sonst würden Sie vielleicht verstehen, was ich meine.”
“Keine Sorge, Carter, ich komme schon zurecht. Aber danke, dass Sie sich Gedanken um mich machen.”
Nach diesen Worten wandte sie sich ab.
“Darcy!”
Sie drehte sich noch einmal um.
“Auch wenn es nach dem, was ich eben gesagt habe, vielleicht irgendwie merkwürdig klingt, aber … ich mag Matt sehr. Und Sie mag ich auch sehr. Aber vielleicht … vielleicht ist dieser Ort ja einfach nicht gut für Sie. Bitte, es ist so, wie ich schon sagte … ich mag Sie beide, und deshalb …”
“Schon verstanden, Carter, danke.”
Damit ging sie weg, und diesmal rief er sie nicht mehr zurück. Was für eine seltsame Unterhaltung. während drcy zum Haus zurückging, dachte sie noch mal über Carters Worte nach.
Sie hatten sonderbar umständlich geklungen. Nicht dass das, was er gesagt hatte, nicht einleuchtend gewesen wäre. Immerhin war Matt sein Freund, ein sehr guter Freund sogar. Und gerade deswegen würde er ihm gegenüber gewiss auch immer loyal sein.
Falls mit Matt irgendetwas nicht stimmte, würde Carter es ihr nicht direkt auf den Kopf zusagen.
Hatte er mit seinen Worten womöglich andeuten wollen, dass Lavinia nach ihrer Scheidung etwas Schlimmes zugestoßen sein könnte?
Darcy verscheuchte diesen Gedanken sofort. Das war lächerlich. Zu unterstellen, dass Lavinia nicht mehr von sich hatte hören lassen –
weil ihr etwas passiert war!
Und dennoch …
Als sie zum Haus zurück ging, erinnerte sie sich plötzlich an das seltsame Gefühl, das sie in der Nacht zuvor verspürt hatte.
Erst die Leidenschaft …
Und dann die Gewalt.
15. KAPITEL
D ie Totenmesse für die arme Amy war schaurig schön.
Der Priester hieß Todd Bellamy, ein großer schlanker Mann mit ergrautem Haar und einer klaren, tröstlichen Baritonstimme.
Obwohl die Familie schon vor einer halben Ewigkeit aus der Gegend weggezogen war und die alten Grabsteine im Lauf der Zeit so verwittert waren, dass man nichts mehr darauf lesen konnte, hatte man aus alten Unterlagen entnehmen können, an welcher Stelle die Totengräber ansetzen mussten. Matt hatte berichtet, dass der alte Holzsarg längst zerfallen gewesen war, weshalb man jetzt den Schädel in einem eigenen Metallgefäß aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert in vermuteter Kopfhöhe bestattete.
Nachdem der Behälter in der Erde versenkt worden war, sprach Reverend Bellamy ein Gebet, an das sich dann noch eine kurze Grabrede anschloss.
“Mögen alle Sünden der Dahingegangenen Vergebung erfahren, und möge Amy jetzt, da sie der Wärme und des Glanzes ihres Schöpfers teilhaftig wird, die Gnade der Vergebung zuteil werden. Ihr war auf Erden nur eine kurze Zeit beschieden, die ein gewaltsames Ende fand. Aber Amy wird gewiss beim Allmächtigen Frieden finden, und wir bitten darum, dass sie diesen Frieden auch demjenigen gewähren möge, der ihr Leben so grausam beendet hat. In der Bibel steht geschrieben, dass denjenigen, die auf Erden dem Bösen ins Angesicht sehen, im Himmel die größte Gnade zuteil wird, deshalb wird Amy dort gewiss Liebe und Glück finden. Liebe Gemeinde, lasset uns beten …”
Obwohl Darcy den Kopf zur Gebet senkte, ertappte sie sich dabei, wie sie sich aus den Augenwinkeln umschaute.
Der alte Friedhof, der immer noch zur Kirche gehörte, war ein wunderschöner Ort. Majestätische Engel aus Marmor und Stein bewachten die Eingänge zu den Gruften. Auf vielen der Grabsteine aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert waren Totenköpfe und grimmig blickende Cerberusse eingemeißelt.
Vorhin bei ihrer Ankunft, als die Sonne noch geschienen hatte, hatte der Friedhof etwas von jener mythischen Kraft verstrahlt, die von so vielen kultischen oder religiösen Stätten ausging.
Doch mittlerweile waren schwarze Wolken aufgezogen. Der sich rasch verdunkelnde Himmel verlieh dem Ort eine unheilschwangere Atmosphäre. Aber außer Darcy schien sich niemand von dieser Symbolik einfangen zu lassen – offenbar waren die Leute aus der Gegend im Sommer einfach zu sehr an schnell hereinbrechende Unwetter gewöhnt.
Aus einem aufgespannten Zeltdach vor einem offenen Grab, um das herum Stühle standen, zog Darcy den Schluss, dass auf diesem alten Friedhof offenbar bis zum heutigen Tag Leute ihre letzte Ruhestatt fanden.
Die Vorstellung gefiel ihr.
“Asche zu Asche, Staub zu Staub …” psalmodierte der
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