Das Geheimnis von Melody House
Polizei so viele gute Leute davonliefen.
Er zwang sich, das Formular zu Ende auszufüllen, dann beschloss er, Feierabend zu machen. Es war mittlerweile schon nach sechs, und er war seit fast zwölf Stunden im Dienst.
Bei diesem Gedanken spürte er eine leichte Unruhe in sich aufsteigen. Ja, es wurde Zeit, dass er nach Hause kam. Er war schon viel zu lange unterwegs.
Obwohl Stoneyville eine Kleinstadt war, hatte es eine der schönsten und beeindruckendsten öffentlichen Bibliotheken, die Darcy je gesehen hatte.
Mrs. O’Hara, die zart und klein war wie ein Vögelchen und ebenso munter zwitscherte, liebte all die Bücher ganz offensichtlich, und ebenso offensichtlich machte es ihr Spaß, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Bibliotheksbesucher an ihnen erfreuen konnten. Auf den Lesetischen standen hübsche Zierpflanzen, und die einladenden Polstersessel hatte Mrs. O’Hara auf verschiedenen Sonderverkaufsaktionen erstanden, wie sie Darcy stolz erzählte, als sie ihr die Bücher zur Geschichte des Ortes auf den Tisch legte.
Darcy war überrascht, wie viele Chronisten sich die Mühe gemacht hatten, das, was ihnen interessant schien, aufzuzeichnen. Bei ihrer Recherche stieß sie auch auf einen Eintrag aus dem Jahr 1870, in dem von den Clayton-Schwestern berichtet wurde, die in den gleichen Mann verliebt waren, eine Geschichte, die, wie sie von Matt bereits wusste, so tragisch endete.
“Nun, wie kommen Sie bei Ihren Nachforschungen voran, junge Dame?”
Darcy schrak zusammen. Sie hob den Kopf und sah Mrs. O’Hara neben sich stehen. “Ich wollte mir gerade einen Tee machen. Möchten Sie auch ein Tässchen?”
Darcy lächelte und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Neben dem Buch über die Claytons hatte sie auch verschiedene über die Stones entdeckt, in denen sie gern noch ein bisschen geschmökert hätte, aber sie befürchtete, dass sie das im Moment nicht viel weiterbringen würde. Außerdem wollte sie heute noch einmal in den Wald.
“Vielen Dank für das Angebot, aber vielleicht könnten wir es ja auf morgen verschieben, Mrs. O’Hara”, lehnte Darcy freundlich ab und stellte das Buch, in dem sie gerade geblättert hatte, wieder ins Regal zurück.
Mrs. O’Hara versicherte Darcy, dass sie jederzeit herzlich willkommen wäre und versprach ihr nachzusehen, ob sie nicht noch mehr alte Bücher finden konnte, die für die Geschichte von Melody House von Bedeutung waren. “Aber ich warne Sie, die einzige Schwierigkeit, die sich bei Ihren Recherchen ergeben könnte, ist die, dass über Melody House nicht zu wenig, sondern zu viel geschrieben wurde. Ach, dabei fällt mir eine Freundin ein, mit der Sie sich unbedingt unterhalten sollten. Ihr Name ist Marcia Cuomo. Sie hat kurz nach dem Tod von Matts Großvater angefangen, in Melody House zu arbeiten. Aber damit war dann plötzlich Schluss. Sie kann Ihnen eine Geschichte erzählen, die Sie bestimmt interessieren wird.”
“Ach ja?” fragte Darcy. Der Name Marcia Cuomo war ihr bis jetzt noch nicht untergekommen. “Ich würde mich gern mit ihr unterhalten. Vielleicht können Sie ihr ja meine Telefonnummer geben und sie bitten, mich anzurufen.” Darcy schrieb ihre Nummer auf und fügte hinzu: “Ich würde mich sehr freuen, von ihr zu hören.”
Nachdem sie die Bibliothek verlassen hatte, fuhr Darcy in dem kleinen Volvo, den sie sich von Penny geliehen hatte, nach Melody House zurück. Zwanzig Minuten später war sie bereits im Stall und sattelte Nellie.
Obwohl es heller Tag war, war es im Wald dämmrig, weil das Blätterdach kaum einen Sonnenstrahl durchließ. Darcy ritt wieder zu der Stelle, wo sie bei ihrem letzten Ausritt Rast gemacht hatte. Sie band Nellie unten am Fluss fest und setzte sich dann wieder auf den Baumstamm.
Darcy zog ihre Knie an die Brust, und wie immer war ihr nicht ganz wohl bei dem, was sie vorhatte. Dann schloss sie die Augen und konzentrierte sich darauf, die Vergangenheit zu spüren, die sie vorher schon ziemlich klar vor ihrem geistigen Auge gesehen hatte.
Zuerst senkte sich die Kälte auf den Wald nieder. Darcy spürte die Angst, aber sie wusste, dass sie sie überwinden konnte. “Josh!”
“
Ich bin da.”
Es war das leiseste Flüstern, das man sich nur vorstellen konnte.
Als sie die Augen wieder öffnete, war es im Wald noch dunkler. Und dann hörte sie die Stimme. Eine helle, lachende Mädchenstimme. Es ging um eine bevorstehende Hochzeit. “Ophelia, du bist so wundervoll. Ihr wart verlobt, aber ihr kanntet
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