Das Geheimnis von Melody House
Ihr Hass saß tief. Sie sollte zum Schweigen gebracht werden. Niemand würde je die Wahrheit über ihn erfahren, niemand würde je erfahren, was wirklich passiert war. Die Wahrheit würde mit ihr sterben, und im Lauf der Zeit würde sie …
Nicht mehr sein als eine Legende
.
Wenn überhaupt
.
Sie wollte aufspringen
.
Sie schaffte es nicht mehr. Er stürzte sich wieder auf sie
.
Seine Hände … diese Hände, die ihren Körper mit unermesslicher Zärtlichkeit und Inbrunst gestreichelt hatten … legten sich um ihren Hals
.
Und drückten erbarmungslos zu
.
Sie rang verzweifelt nach Atem. Und selbst im Todeskampf verfluchte sie ihn immer noch, wünschte ihm, dass er für seine Tat auf ewig in der Hölle schmoren möge. Sie schwor zurückzukommen und sich an ihm zu rächen:
Sie keuchte, ächzte, dann wurden ihre Lippen blau und ihre Atemzüge schwächer, bevor ihr schwarz vor Augen wurde
.
“
Das wirst du büßen”, verfluchte sie ihn mit letzter Kraft
.
“
Niemand weiß, dass du hier bist”, erwiderte er
.
Der Würgegriff verstärkte sich noch, seine Daumen pressten sich gegen ihre Kehle. Vor ihren Augen tanzten schwarze Punkte. Ihre Lungen drohten zu explodieren. Sie wollte … wollte weiterkämpfen
.
Aber das Licht verlosch … verlosch
.
Und dann …
War sie Geschichte
.
Darcy erwachte schweißgebadet. Gierig nach Atem ringend, setzte sie sich auf. Im Fernseher, der noch an war, lief eine Mitternachtsshow. Erhitzt schlug sie die Decke zur Seite und war dankbar, dass es im Zimmer so angenehm kühl war.
Sie war am Ende angelangt. Sie hatte gesehen, wie die Seele den Körper verließ. Und doch …
Sie hatte keine Einzelheiten erkennen können. Sie hatte zwar gespürt, wie die Hände sich um ihren Hals legten und zudrückten, aber das Gesicht ihres Mörders hatte sie dennoch nicht sehen können.
Sie hob die Hand, um sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen und hielt abrupt in der Bewegung inne.
Da war sie wieder.
Die Frau in Weiß. Am Fußende ihres Bettes.
Eine Sekunde später drehte sich die weiße Gestalt um und schwebte zur Tür, Darcy schlüpfte aus dem Bett. Die Frau in Weiß blieb einen Moment stehen und winkte.
Dann öffnete sie die Tür zum Flur und winkte wieder.
Und Darcy folgte ihr.
14. KAPITEL
M att wälzte sich schlaflos von einer Seite auf die andere, während sich seine Gedanken immer wieder sinnlos im Kreis drehten.
Darcy musste unbedingt weg von hier.
Und warum zwang er sie nicht einfach zu gehen, wenn sie es nicht freiwillig tat?
Er konnte mit dieser ganzen Angelegenheit nicht umgehen, er konnte es einfach nicht. Warum also erlaubte er ihr zu bleiben? Weil er den Gedanken, dass sie weggehen könnte, genauso wenig ertragen konnte wie den, dass sie blieb. Aber was dann? Wartete er etwa darauf, dass sie eines Morgens aufwachen und zugeben würde, dass Adam und sie nur Theater gespielt hätten?
Doch dazu würde es nicht kommen. Für sie war real, was zu hören und zu fühlen sie sich einbildete.
Er hatte Angst um sie und wusste nicht warum. Er war unruhig, wenn sie allein zu Hause war. Er glaubte nicht an Geister, und schon gar nicht an Geister, die Menschen gefährlich werden konnten. Das konnten nur die Lebenden. Aber warum war er dann so unruhig?
Er fing wieder an, sich im Bett herumzuwälzen und dann …
Dann glaubte er zu hören, wie nebenan die Tür geöffnet wurde.
Er lag eine Minute reglos da und lauschte. Nichts. Trotzdem stand er auf.
Die Frau in Weiß verließ das Zimmer, bewegte sich über den Flur, hin zur Treppe. Darcy folgte ihr, aufgefordert durch das unablässige Winken der Gestalt, die Treppe hinunter, wobei ihr bewusst wurde, dass sie nicht nur einen Geist verfolgte, sondern in ihrem langen weißen Baumwollnachthemd auch selbst wie einer aussah, nur dass ihre nackten Füße jede Treppenstufe berührten. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, in ihre Pantoffeln zu schlüpfen.
Sie hatte allerdings auch nicht damit gerechnet, dass der Geist das Haus verlassen könnte.
Aber genau das hatte er offenbar vor.
Er schwebte durchs Foyer geradewegs auf die Eingangstür zu, schlüpfte durch den winzigen Türspalt.
Darcy hörte irgendwo im Haus eine Tür ins Schloss fallen. Sie zögerte einen Moment, dann schloss sie leise die Haustür auf und ging nach draußen.
Der Geist bewegte sich über den Rasen, schwebte auf die Stallungen und die Nebengebäude jenseits davon zu.
Darcy eilte ihm nach. Am Nachthimmel stand der Mond, und der Eingang von
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