Das Geheimnis von Melody House
glauben Sie, wer die ganze Chose am Laufen hält? Ich kümmere mich um die Organisation, das heißt, ich suche den richtigen Dachdecker und den richtigen Schreiner und halte die Nebengebäude in Schuss. Ich bin nicht so nutzlos, wie Sie denken.”
“Das habe ich auch nie behauptet”, protestierte Darcy. “Ich war einfach nur neugierig.”
“Na ja, und das Haus gehört ja sowieso Matt.” Er lachte plötzlich auf. “Jetzt sehen Sie mich bitte nicht so an. Ich habe nicht vor, mich meiner Verwandtschaft zu entledigen, nur damit ich das Haus erbe … Apropos Verwandtschaft”, unterbrach sich Clint, “der Sheriff beobachtet uns ausgesprochen misstrauisch. Wollen Sie ihn immer noch nicht eifersüchtig machen?”
“Nein”, sagte Darcy lächelnd und schüttelte den Kopf.
“Pech für mich”, gab er unbeschwert zurück.
“Und … was machen wir jetzt? Sollen wir uns etwas zu essen bestellen? Ich habe einen Bärenhunger.”
“Gute Idee. Ah, da drüben wird gerade ein Tisch frei. Mal sehen, ob ich die Streitkräfte um mich versammeln kann.”
Darcy und Clint setzten sich an den frei gewordenen Tisch, und es dauerte nicht lange, bis sich die anderen zu ihnen gesellten. Sogar Adam und Matt unterbrachen ihre angeregte Unterhaltung und kamen dazu. Wie wütend er auch noch sein mochte, hier im Wayside Inn ließ Matt sich jedenfalls nichts anmerken, auch wenn er von Darcy Abstand hielt. Und als sich die Unterhaltung am Tisch um die unerklärlichen Vorgänge in Melody House zu drehen begann, versuchte Matt abzulenken, indem er Carter nach einigen seiner Immobilien fragte, und Adam zog Erkundigungen über die Gegend im Allgemeinen ein. Das Essen verlief in erfreulich angenehmer Atmosphäre, und als alle aufgegessen hatten, deutete hier und da ein Gähnen darauf hin, dass es Zeit wurde, nach Hause zu fahren.
Darcy fuhr mit Adam, Penny und Carter zurück. Sie kamen vor den anderen an, und Darcy holte als Erstes die Kassetten für Adam aus dem Lee-Zimmer, die er sich noch einmal anschauen wollte.
“Kommst du heute Nacht allein zurecht?” fragte er.
“Aber sicher”, antwortete sie.
Er nickte, gab ihr einen Kuss auf die Wange und ließ sie allein.
Darcy war schon im Halbschlaf, als sie glaubte, draußen auf dem Balkon ein Geräusch zu hören. Sie lag ein paar Sekunden reglos da und lauschte.
Wenig später stand sie auf und ging zur Balkontür, allerdings ohne sie zu öffnen. Sie blieb davor stehen und lauschte in die Nacht. Sie hörte Schritte, eine Art Schaben … Mit klopfendem Herzen schob sie den Vorhang ein Stück beiseite.
Da war jemand draußen auf dem Balkon. Matt. Er lehnte an der Brüstung und schaute hinaus in die Nacht.
Sie wünschte sich, zu ihm gehen zu können. Aber dafür gab es keinen Grund.
Schmerzlich berührt drehte sie sich um und kuschelte sich wieder ins Bett.
Die Frau in Weiß.
In dieser Nacht sah Darcy sie. Sie stand am Fußende des Bettes. Weil sie in einen Nebelschleier eingehüllt war, konnte Darcy ihr Gesicht nicht erkennen. Und überhaupt war es schwer, ihre Umrisse auszumachen, da sie von dem reinen Weiß beinahe geblendet war.
Dann verblasste sie.
Und der Traum kam wieder. Aus irgendeinem Grund wusste Darcy, dass die Frau immer verzweifelter werden würde.
Darcy versetzte sich in die Präsenz, tauchte ab in die Vergangenheit.
Sie lief
.
Sie lief aus dem Schlafzimmer, zur Treppe. Und dort packte er sie von hinten und stürzte sich auf sie
.
Während sie sich wehrte, war sie sich der Hitze, die er ausstrahlte, und seiner Kraft bewusst, und so sehr sie auch gegen ihn ankämpfte, er schaffte es, sie zu Boden zu zerren
.
Früher …
…
war alles so anders gewesen
.
Ihre Todesangst verlieh ihr fast übermenschliche Kräfte. Sie schlug wild um sich, kratzte und biss, verwünschte ihn, stieß mit den Füßen, boxte und versuchte, ihm die Finger in die Augen zu stoßen. Als sie ihre Rechte frei bekam, verpasste sie ihm einen solchen Kinnhaken, dass er für einen Moment erstarrte, eine Gelegenheit, die sie nutzte, um ihn abzuschütteln. Sie rappelte sich mühsam auf, doch schon beim ersten Schritt packte er wieder den Saum ihres Negligees und zerrte sie zu Boden. Als sie auf ihn fiel, blieb ihr für einen Moment die Luft weg, dann lagen sie beide eine Weile keuchend da. Sie fühlte sich benommen, und ihre Schläfe schmerzte. Gleich darauf wurde ihr klar, dass sie offenbar mit dem Kopf auf den Boden geschlagen war. Noch während sie wie gelähmt dalag, rappelte er sich neben
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