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Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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dieses mit Vergnügen tun wolle.
    «Los, Charles! Holen Sie meinen Handkoffer; er ist schon fertig gepackt.»
    Und Enderby machte ohne Widerrede kehrt.
    «Dass ich Sie hier treffen würde, hätte ich nicht erwartet», begann Narracott das Gespräch.
    «Nein? Ich sagte in London doch au revoir!»
    «Damals achtete ich nicht darauf.»
    «Unsere Wege werden sich wohl noch öfter kreuzen», erklärte Emily unumwunden. «Denn sehen Sie, Inspektor, Sie haben den Falschen verhaftet – James ist nicht der Mörder.»
    «Meinen Sie?»
    «Ich meine sogar noch mehr, nämlich dass Sie mir innerlich beipflichten.»
    «Was veranlasst Sie zu dieser Meinung, Miss Trefusis?»
    «Was veranlasste Sie, Mr Duke zu besuchen?», stellte Emily eine Gegenfrage.
    Wieder glitt eine leichte Verlegenheit über Narracotts Züge, was Emily mit einer gewissen Schadenfreude bemerkte.
    «Sie hegen Zweifel, Inspektor. Jawohl, Zweifel», bekräftigte sie, als er kopfschüttelnd zu leugnen suchte. «Anfänglich haben Sie geglaubt, Sie hätten den richtigen Mann beim Wickel, und jetzt sind Sie keineswegs sicher und beginnen mit neuen Untersuchungen. Nun, ich weiß etwas, was Ihnen vielleicht helfen kann, und werde es Ihnen unterwegs erzählen.»
    Eilige Schritte erklangen hinter ihnen, und gleich darauf stürmte Ronnie Garfield, schuldbewusst und atemlos wie ein junge, der sich vom Unterricht gedrückt hat, an Emilys Seite.
    «Miss Trefusis, wie wär’s heute Nachmittag mit einem kleinen Spaziergang? Wenn Tante Caroline ihr Mittagsschläfchen hält?»
    «Unmöglich», sagte Emily. «Ich fahre nach Exeter.»
    «Wie? Doch nicht im Ernst? Ich meine, nicht für immer.»
    «Nein, morgen werde ich wieder hier sein.»
    «Ah, das ist herrlich!»
    Miss Trefusis zog ein Papier aus der Tasche. «Hier, geben Sie das Ihrer Tante. Es ist das Rezept für die Mokkatorte, das sie gerade noch rechtzeitig erbeten hat, da sowohl die Köchin als auch die anderen Mädchen heute Sittaford House verlassen. Bestellen Sie Ihr das! Es wird Ihre Tante interessieren.»
    Von weit her trug der Winterwind einen schrillen Ton zu ihnen herüber. «Ronnie! Ronnie…!»
    «O weh, Tante Caroline!» stieß Ronald Garfield erschrocken hervor. «Da geh ich lieber!»
    «Ja, das ist wohl besser. Außerdem haben Sie einen Farbklecks auf der Wange!», rief sie dem Davoneilenden nach. Aber Ronnie Garfield war schon außer Hörweite.

20
     
    G egen halb drei Uhr sprach Emily Trefusis bei Dr. Warren vor, dem das gewandte, sachliche und schöne Mädchen außerordentlich gefiel.
    «Ja, Miss Trefusis, ich verstehe genau, worauf es Ihnen ankommt», sagte er, als Emily den Zweck ihres Besuchs auseinandergesetzt hatte. «Ich kann Ihnen aber nicht verhehlen, dass es – im Gegensatz zu der allgemein verbreiteten Ansicht – ungemein schwierig ist, die Todesstunde genau zu bestimmen. Um Acht habe ich den Leichnam gesehen; dass Captain Trevelyan da wenigstens zwei Stunden schon tot war, vermag ich zu beeiden. Aber wie viel länger – da wird’s schwierig. Wenn Sie mir eröffnen würden, er sei um vier Uhr getötet worden, so müsste ich die Möglichkeit zugeben, obwohl ich selbst auf eine spätere Zeit tippen würde. Aber wie gesagt, auf eine genaue Uhrzeit kann ich mich nicht festlegen.»
    «Ich danke Ihnen. Mehr brauche ich nicht zu wissen.»
    In Exeter suchte Miss Trefusis als erstes Mr Dacres in dem Hotel auf, das er ihr angegeben hatte. Er kannte sie seit ihrer frühesten Kindheit und hatte ihr schon oft mit Rat und Tat zur Seite gestanden.
    «Machen Sie sich auf eine böse Nachricht gefasst, Emily», erklärte er gleich nach der Begrüßung. «Die Dinge stehen für James Pearson viel schlimmer; als wir ahnten.»
    «Schlimmer?»
    «Ja. Es sind gewisse Tatsachen bekannt geworden, die ein sehr ungünstiges Licht auf ihn werfen, und ich erwiese Ihnen einen schlechten Dienst, wenn ich sie Ihnen verheimlichen würde.»
    «Erzählen Sie, bitte», forderte Emily.
    Ihre Stimme war vollkommen ruhig und gefasst. Wie es drinnen aussah… sie hatte nicht die Absicht, diese Gefühle zur Schau zu tragen. Nicht Gefühle konnten James Pearson befreien, sondern nur nüchterne Überlegung.
    «Es besteht kein Zweifel, dass er dringend Geld brauchte», erklärte der Anwalt. «Pearson hat offenbar auch früher schon hier und da ohne Wissen seiner Firma von ihr… hm, sagen wir mal, Geld geborgt. Sie verstehen, Emily, dass dies sehr milde ausgedrückt ist. Er hatte sich in Spekulationen eingelassen und für den Kauf von

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