Das Geheimnis von Turtle Bay
denn deiner wird als Nächstes an der Reihe sein“ , sagte Amelia zu ihm. Beide Schwestern kannten Josh seit Jahren, da er mal mit Daria ausgegangen war. Obwohl sie sich nach einer Weile trennten – was unbestritten seine Entscheidung gewesen war –, blieben sie gut mit ihm befreundet, auch wenn sie sich nur selten sahen. Und so wie alle hier in Turtle Bay waren sie stolz auf Josh.
„Hey, mir bleibt doch gar keine andere Wahl“ , verteidigte er sich gut gelaunt. „Die Spots sind ein notwendiges Übel, ein Zeichen der Zeit. Ich hasse sie genauso wie ihr.“
„Es ist schön, dich zu sehen, aber wir brauchen deinen Einfluss, damit die Suche nach Daria verstärkt wird“ , meinte Bree. „Wir müssen sie finden.“
„Deshalb bin ich hier. Ich tue alles, was in meiner Macht steht. Bei der Küstenwache und der Air Patrol habe ich bereits darauf gedrängt, dass die Suche mit oberster Priorität durchgeführt wird.“
Er gab Amelia die Hand, dann ging er zum Bett und gab Bree einen Kuss auf die Wange. In diesem Moment lief im Fernsehen tatsächlich sein Werbespot und verkündete, bei strenger Kontrolle könne ein sauberer Golf Seite an Seite mit einem Casino-Boot existieren, das der lokalen Wirtschaft mehr Geld und Arbeitsplätze bescheren würde. Und das wiederum bedeutete mehr Geld für den Umweltschutz. Der Werbespot endete mit einer Einstellung, die ihn mit seiner hübschen Frau Nicole zeigte, so wie der Anwältin, wie sie Hand in Hand am Strand auf die Kamera zugingen. Sie hatten keine Kinder, sonst wären die ganz sicher auch im Bild gewesen. Von Daria wusste sie, dass Nicole – die von Josh nur Nikki genannt wurde – zwei Fehlgeburten erlitten haben sollte.
„Als ich hörte, was passiert ist, musste ich sofort herkommen“ , erklärte er und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Nikki lässt dich grüßen und wünscht dir alles Gute. Sie verrät den Reportern da unten ein paar Dinge über mich, damit sie von dir abgelenkt werden.“
„Ich würde ja auch mit ihnen reden, wenn ich wüsste, dass Daria dann schneller gefunden wird. Aber sag ihr bitte, ich bin ihr sehr dankbar.“
„Im Moment ist sie eine wahre Kämpferin. Unter uns gesagt“ , flüsterte er und schüttelte dabei den Kopf, „glaubt sie, wenn ich erst mal im Kongress bin, ist es nur noch ein kleiner Schritt bis ins Weiße Haus. Das ist sozusagen ihr Traumhaus. Aber genug davon. Ach ja, ich habe dir die Zeitung von heute Morgen mitgebracht. Sie schreiben über deine Rettung.“ Er zog eine gefaltete Ausgabe der Naples Daily News unter dem Arm hervor und reichte sie Amelia. „Du und DeRoca, ihr habt beide getan, was getan werden musste. Für so viel Mut kann ich euch nur bewundern.“
Josh Austin war wie ein Mysterium, und das lag nicht nur an seiner Vitalität und an seinem jugendlich guten Aussehen, das er einfach nicht zu verlieren schien. Er hatte Bree schon immer in Erstaunen versetzen können. Schon auf der Highschool hatte Josh die Menschen fest im Griff gehabt, und jeder war der Ansicht, dass er es zu etwas bringen würde. Und tatsächlich: Sein Aufstieg war unaufhaltsam, als er die Tochter eines reichen Mannes heiratete, die er auf der Florida State kennengelernt hatte, ein erfolgreicher Geschäftsmann wurde und schließlich der jüngste Repräsentant des Bundesstaates in Tallahassee. Momentan lieferte er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Marla Sherborne, um ihr den Platz im US-Senat abzunehmen. Jeder in der Gegend konnte ihn gut leiden, und das galt auch für Daria, obwohl er mit ihr bereits Schluss gemacht hatte, noch bevor er aufs College wechselte, also lange vor Brees Trennung von Ted. Aber was hatten sie vier damals Spaß gehabt. Ted war inzwischen tot, und Bree konnte nur beten, dass es Daria nicht auch so ergangen war.
Schweigend verfolgten sie zu dritt den Bericht über die Suche nach Daria und dem Boot, die als erste Meldung gebracht wurde. Ein Interview mit einem Sprecher der Küstenwache machte den Anfang, dann kam ein Mitglied der Civil Air Patrol zu Wort und berichtete von bislang vergeblichen Flügen über die Inseln vor der Küste, an denen nur das übliche Treibgut angespült worden war, das mit jedem schweren Sturm an Land gelangte. Schließlich wurde auch noch Cole interviewt.
Sie hatte gar nicht bemerkt, dass er so groß war, doch der Reporter wirkte neben ihm wie ein Zwerg. Er trug eine Badehose und ein schwarzes T-Shirt, das sie erkennen ließ, wie muskulös er war. Offensichtlich hatte er sich weder
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