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Das Geheimnis von Vennhues

Das Geheimnis von Vennhues

Titel: Das Geheimnis von Vennhues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holtkoetter Stefan
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Pflöcke teilte einen gut begehbaren Fußsteig von einem den Pferdekarren zugedachten, schwerer zu passierenden Feldweg. Die Aufteilung stammte noch aus der Zeit der Torfstecher, als die getrockneten Ziegel mit Fuhrwerken aus dem Moor herausgebracht werden mussten.
    Beiderseits des Weges lag Bruchwald, und die verkrüppelten Bäume versanken allmählich im Moor. Peter Bodenstein stand an der Eibe neben dem Bildstock und sah sich um. Er hielt den Atem an. Es hatte sich nichts verändert.
    Ein unbestimmtes Glücksgefühl erfasste ihn. Dieser Teil von Vennhues war die ganzen Jahre über unverändert geblieben. Damals war dies sein Revier gewesen, sein Hoheitsgebiet, wie er es genannt hatte. Und ausgerechnet das hatte die Zeit überdauert, die er auf hoher See verbracht hatte.
    Schritt für Schritt folgte er dem Pfad ins Moor hinein. Nebel legte sich nass auf sein Gesicht und zwang seine Haare in strähnige Locken. Es herrschte völlige Stille. Die glatten Stämme der Erlen glänzten im schwächer werdenden Licht, und ihr Spiegelbild lag ruhig im stauenden Wasser. Tief atmete er die feuchte Luft ein.
    Er konnte es kaum abwarten, ins offene Moor zu gelangen. Ob das Hochmoor wohl ebenfalls unverändert geblieben war? Der Rest dieser ursprünglichen Moorlandschaft lag an der Grenze, bis dorthin waren die Torfstecher der vergangenen Jahrhunderte mit ihren Spaten nicht gekommen. Ein kleiner Bereich war übrig geblieben, und dort gab es noch immer Stellen, in denen ein ausgewachsener Mann versacken konnte. Es war der schaurigste Teil des Vennhueser Moores, und in seiner Jugend war es sein vornehmliches Rückzugsgebiet gewesen.
    Hatte es nach seiner Flucht noch Torfabbau gegeben? Er würde es gleich erfahren.
    Doch da fiel ihm ein, weshalb er überhaupt ins Moor gekommen war. Timo Große Dahlhaus stand wahrscheinlich längst an der Vogelwarte. Er wartete dort auf ihn.
    Ich hätte mich nicht darauf einlassen dürfen, dachte Peter. Es war eine Schnapsidee. Stattdessen hätte ich Abstand halten sollen. Wenn wir zusammen gesehen werden, dann wird es einigen Ärger geben.
    Vielleicht wäre es besser, umzukehren. Er hatte keine Verpflichtungen dem Jungen gegenüber. Timo hatte nicht einmal Grund, davon auszugehen, dass Peter überhaupt kommen würde. Schließlich hatte er ihm nur einen Stein ins Zimmer geworfen.
    Der Wald lichtete sich. Es wäre nicht mehr weit bis zur Weggabelung, hinter der sich die Vogelwarte befand.
    Sollte er nun weitergehen?
    Ein leises Geräusch ließ ihn aufhorchen. Es war ein Rascheln, dann so etwas wie ein unterdrücktes Flüstern. Er hätte nicht sagen können, woher es stammte. Er blickte in den nebligen Wald, doch die Geräusche waren längst wieder verstummt. Es war nichts zu sehen.
    Er musste sich geirrt haben. Mit klopfendem Herzen trat er einen Schritt zurück. Vielleicht war es ein Brachvogel gewesen oder ein Haselhuhn.
    Doch dann hörte er es wieder, dieses Mal deutlicher. Es war ein Flüstern. Hinter ihm. Er wirbelte herum. Totes Holz im Wasser, dazwischen Binsen und Farnkraut.
    Er war nun sicher. Er war nicht allein.
    Er stolperte den Weg hinunter, sein Blick irrte durch den scheinbar leblosen Bruchwald. Keine noch so kleine Bewegung sollte ihm entgehen.
    Dann wieder das Flüstern. Dieses Mal war es lauter. Die Worte setzten sich zusammen, sie ergaben einen Sinn.
    »Dort vorne ist er. Dort auf dem Weg.«
    »Verteilen wir uns. An der Gabelung schneiden wir ihm den Weg ab.«
    Eine dritte und vierte Stimme folgte, sie flüsterten ebenfalls miteinander. Sie waren auf der anderen Seite des Weges, in seinem Rücken.
    »Dieses Mal kann er uns nicht entkommen.«
    »Er hat keine Chance. Wir kriegen ihn.«
    Peter stolperte zurück, blickte hektisch in den Wald. Er hinterfragte die Stimmen nicht, für ihn waren sie real. Er war sich sicher: Sie waren hinter ihm her. Es mussten die Männer aus dem Dorf sein. Vielleicht war alles eine Falle gewesen, und Timo hatte niemals die Absicht gehabt, zur Vogelwarte zu kommen.
    Er beschleunigte seinen Schritt. Er musste hinaus ins offene Moor gelangen. Dort wäre er sicher. Die Männer aus dem Dorf wagten sich nicht dorthin. Und selbst wenn sie es taten – dort würde er ihnen zumindest ins Gesicht blicken können.
    »Schnell, hinterher. Er will abhauen.«
    Die Stimme war nun ganz nah. Es trennten ihn nur noch wenige Meter von seinen Verfolgern. Sie flüsterten nicht mehr, sondern riefen laut:
    »Wir schneiden ihm den Weg ab!«
    »Beeilt euch! Er darf nicht

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