Das Geheimnis von Vennhues
verlieren keine Zeit. Hier ist es zu gefährlich, es kann jederzeit jemand kommen.«
»Du hast Recht.« Manfred stand auf. »Ich werde die Schlüssel holen.«
Kurz darauf trat Peter wieder durch die Terrassentür ins Freie. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand ihn beobachtete, kletterte er über den Gartenzaun und war kurz darauf in den Haselsträuchern verschwunden.
Manfred trat zurück ins Haus und schloss nachdenklich die Tür.
Er wusste, dass sein Freund unschuldig war. Peter hatte die Morde nicht begangen. Doch die Polizei verstand wieder einmal gar nichts. Daran änderte auch nichts, dass Bernhard Hambrock nun die Ermittlungen leitete.
Er setzte sich an den Küchentisch und überlegte. Sie durften nicht wieder den Falschen einsperren. Dieses Mal musste er es verhindern.
Er wollte in Ruhe darüber nachdenken. Irgendetwas würde ihm einfallen. Da war er ganz sicher.
Der Hof der Heesings war ein perfektes Versteck. Die Birken rund um den Hof trugen längst kein Laub mehr, und Peter konnte durch die kargen Äste zum hell erleuchteten Haus der Hambrocks blicken.
Am frühen Nachmittag hatte Peter das Haus und die Umgebung erkundet, um mögliche Schwachstellen seines Verstecks zu finden und Fluchtwege auszukundschaften. Danach hatte er sich die Vorratskammer neben der Küche angesehen. Es gab Dosen mit Fertigsuppen und eingefrorenes Brot. Er würde nicht hungern müssen. Er wollte alles aufschreiben, was er verbrauchte, damit Manfred es später auffüllen konnte.
Er machte sich etwas zu essen und legte sich bald danach hin. Als er wieder aufwachte, war die Dämmerung bereits eingetreten. Er schlich durch das dunkle Haus, nahm sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und setzte sich damit ans Küchenfenster, von wo aus er zum Hof der Hambrocks hinübersehen konnte.
Von Zeit zu Zeit sah er eine Gestalt hinter den erleuchteten Fenstern, doch er konnte auf die Entfernung nicht sagen, ob es Bernhard war oder jemand anders.
Er hatte nun viel Zeit zum Nachdenken. Er würde einen Weg finden, seinen Plan durchzuführen. Sein Entschluss stand fest, er wusste nur noch nicht, wie er an sein Ziel gelangen konnte. Er musste Bernhard Hambrock überwältigen, bevor der die Möglichkeit hatte, seine Kollegen von der Polizei zu informieren. Es würde nicht leicht werden. Doch Peter war überzeugt, dass es ihm am Ende gelänge.
23
In der Nacht hatte es leichten Frost gegeben, und Raureif überzog die Wiesen und Hecken rund um Vennhues. Die Luft war klar und frisch, und ein roter Morgenhimmel leuchtete über dem Dunstschleier am Boden.
Hambrock hatte die Nacht bei seinen Eltern verbracht. Er hatte keine Lust gehabt, seinen ohnehin kurzen Schlaf durch lange Fahrtzeiten weiter zu verkürzen. An diesem Morgen fühlte er sich einigermaßen frisch und ausgeruht. Er nutzte die morgendliche Ruhe für einen kleinen Spaziergang durchs Dorf. Die meisten Bäume hatten inzwischen ihr letztes Laub verloren, nur am Ortsrand leuchteten noch einige Rotbuchen in der frostigen Luft.
Hambrock ging zum Kirchhof und setzte sich dort auf die Parkbank. Er betrachtete die steinernen Heiligenfiguren auf dem Dachsims und unterhalb des Turms der Klosterkirche, als ihn plötzlich ein sonderbares Gefühl erfasste.
Er stand auf und blickte sich um. In der Morgenruhe war jedoch niemand zu sehen. Da waren der Friedhof und der Prozessionsweg, die verschlossene Gaststätte von Hermann Esking und der verwaiste Parkplatz im Dorfkern. Dennoch wurde Hambrock das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden.
Sein Handy klingelte in der Manteltasche. Er zuckte zusammen, dann atmete er durch und holte es hervor.
Es war Marina Hobe, die Staatsanwältin.
»Ich habe es gerade bei Ihnen im Büro versucht, Herr Hambrock. Doch dort habe ich niemanden erreicht.«
Der Tonfall war verärgert, und er wusste sofort, dass es ihr nicht gefallen würde, ihn abermals in Vennhues anzutreffen.
»Ich kann verstehen, dass Sie gerne bei Ihrer Familie sind«, giftete sie. »Trotzdem ist Ihr Platz auch bei dieser Ermittlung in Münster.«
Hambrock versuchte sich zu erklären, doch Marina Hobe schnitt ihm das Wort ab.
»Morgen früh habe ich einen Termin mit dem Oberstaatsanwalt anberaumt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie es schaffen würden zu kommen.«
»Natürlich«, sagte er und fügte versöhnlich hinzu: »Vielleicht haben wir bis dahin auch ein paar handfeste Ergebnisse.«
Nach dem Gespräch ließ er das Handy zurück in seine Manteltasche gleiten. Er
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