Das Geheimnis von Winterset
Gelegenheit zu haben, mit ihr zu tanzen."
„Du lieber Himmel, dann muss sie dir tatsächlich den Kopf verdreht haben", neckte Kyria ihren Bruder.
„Ich wusste es von dem Moment an, da ich ihr das erste Mal begegnet bin - genauso wie Papa immer erzählt, dass es bei ihm und Mutter so gewesen sei."
„Aber was ist dann geschehen?"
„Ich weiß es nicht genau." Reed schüttelte langsam den Kopf und sah auf einmal tief bekümmert aus. „Sie war krank gewesen, und ich hatte sie einige Tage nicht gesehen. Jetzt denke ich, dass sie wahrscheinlich gar nicht krank war, sondern mir einfach nur aus dem Weg gehen wollte. Nur damals wusste ich das natürlich nicht, und als ich sie wiedersah, schien sie tatsächlich ein wenig blass und noch nicht völlig genesen zu sein. Ich wollte eigentlich warten, bis es ihr wieder besser ging, bevor ich sie fragte, bloß konnte ich nicht mehr warten ... Und als ich ihr den Antrag machte, sah sie mich an, als hätte ich sie geschlagen. Sie hat mich nicht einmal ausreden lassen und war völlig durcheinander. Schließlich hat sie mir all die Dinge gesagt, die wohlerzogene junge Damen in einer solchen Situation zu sagen pflegen - welch eine Ehre ich ihr erwiesen hätte, wie sehr sie mein Antrag überrasche, dass sie sich meiner Gefühle nicht bewusst gewesen sei und mich nicht hatte ermutigen wollen. Aber es sei ganz ausgeschlossen, weil wir nicht zueinander passten."
Reed brach ab und presste seine Lippen fest zusammen.
Mit gerunzelter Stirn betrachtete ihn Kyria. „Mir fehlen ehrlich gesagt die Worte. Es klingt alles so ... seltsam. Als ich euch beide zusammen gesehen habe, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, dass sie dich abgewiesen haben könnte. Ich hätte vielmehr vermutet, dass sie ... dass du ihr viel bedeutest."
„Das dachte ich auch, aber offensichtlich habe ich mich geirrt. Und heute Abend habe ich ..." Reed hielt inne und wirkte auf einmal betreten. „Es schien mir wieder so, dass sie etwas für mich empfinden würde, dass sie meinem Anliegen diesmal nicht abgeneigt sein würde, doch dann wandte sie sich auf einmal von mir ab und rannte davon.
Ich weiß nicht mehr, was ich davon halten soll."
Sie schwiegen eine Weile, und dann meinte Rafe schließlich: „Und weshalb hast du dich nach all der Zeit entschieden, gerade jetzt zurückzukommen?"
„Oh, das ... " Reed verzog belustigt das Gesicht. „Ihr werdet mich für verrückt erklären, wenn ich euch das sage.
Deshalb habe ich ja auch vorgegeben, das Haus verkaufen zu wollen. Der eigentliche Grund ist sehr eigenartig."
„Ich versichere dir, dass wir dich nicht für verrückt erklären", versprach Kyria ihm. „Du erinnerst dich sicher noch, dass auch uns schon einige seltsame Dinge passiert sind."
„Ich bin hierher zurückgekommen, weil ich einen Traum hatte", begann Reed in dem Tonfall eines Mannes, der sich zu einem schweren Makel bekennt.
„Einen Traum?"
Er nickte. „Ja. Ich habe geträumt, dass ich bei Anna wäre und sie in Gefahr war. In meinem Traum zog etwas sie von mir fort, und ich konnte mich auf einmal nicht mehr bewegen ... konnte einfach nicht zu ihr gelangen. Wenn ich das nun erzähle, klingt es albern, ich weiß, aber in meinem Traum wirkte alles erschreckend glaubhaft. Selbst nachdem ich aufgewacht war, ließ der Schrecken nicht nach, und ich wurde von einer panischen Angst ergriffen, weil ich ihr nicht helfen konnte. Ich habe seitdem versucht, mir einzureden, dass es doch nur ein Traum war - und dass mich eigentlich auch nicht mehr interessieren sollte, was mit Anna geschieht. Sicher wüsste sie meine Sorge gar nicht zu schätzen. Dennoch konnte ich den Traum nicht vergessen und musste etwas tun. Ich wollte mich vergewissern, dass es Anna wirklich gut ging, und wenn es mir möglich wäre, so wollte ich ihr helfen." Reed sah seine Schwester ein wenig beschämt an. „Du kannst mich ruhig für verrückt halten."
„Aber warum? Nur weil du einen dieser Träume hattest, für den die Morelands berüchtigt sind?", fragte Kyria leichthin.
„Denkt nur daran, was damals mit Olivia und Stephen geschehen ist", fügte Rafe hinzu und spielte so auf die Ereignisse an, die sich vor der Heirat von Reeds und Kyrias Schwester mit Lord St. Leger zugetragen hatten. Rafe war Stephens bester Freund und in die geheimnisvollen Abenteuer verwickelt gewesen, die beide durchzustehen hatten. „Ihre gemeinsamen Träume ... und dieses Paar, das scheinbar aus der Vergangenheit zu ihnen zu sprechen schien ...
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