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Das Geheimnis zweier Ozeane

Das Geheimnis zweier Ozeane

Titel: Das Geheimnis zweier Ozeane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grigori Adamow
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der Tange verborgen hielten, stoben auseinander; ganze Heerscharen von Krabben, Seeigeln, Seesternen, schönen Holothurien, Planarien * , Nereiden * * krochen nach allen Seiten oder wurden von den schweren Tauchersohlen zertreten.
    Von Tangstengeln und -blättern rieselten auf die Taucherhelme Tausende von Krustazeen * ** herab. Einige Blätter waren so dick von weißen Korallentieren besiedelt, daß sie aus Kalk zu sein schienen. Auf anderen Blättern saßen wunderbar zierliche Gehäuse, bewohnt von prächtigen Aszidien und verschiedenartigsten Mollusken.
    Das Tangdschungel war voller Leben. Es gab unzähligen Lebewesen Nahrung und Schutz.
    „Siehst du, Jungchen“, sagte der Zoologe, sich mit Mühe durchs Dickicht zwängend. „Welch reiches und vielfältiges Leben dieser Tang beherbergt. Nicht einmal ein Wald in den Tropen könnte mit ihm konkurrieren. Schon Darwin meinte, wenn man in irgendeinem Lande alle Wälder abholzte, würde man weniger Tierarten ausrotten, als dies durch Vernichtung dieser Makrozystenwälder der Fall wäre.“
    Plötzlich blieb der voranschreitende Skworeschnja stehen. Zwei Tangstengel, jeder etwa zwei Zentimeter dick, hatten sich um seine Brust und Arme geschlungen und hielten ihn fest. Skworeschnja wollte sich losreißen. Aber die Stengel gaben nicht nach. Sie wurden nicht nur vom Wurzelwerk gehalten, sondern auch von anderen Stengeln, mit denen sie verflochten waren. Skworeschnjas Selbstbewußtsein war verletzt.
    „So ein Teufelszeug!“ schimpfte er. „Wartet nur!“
    Er ging einen Schritt zurück und stürzte dann mit aller Kraft vor. Selbst eine feste Schnur wäre bei dieser Kraftanstrengung des Riesen gerissen. Aber die Makrozystenstengel lockerten nicht im geringsten ihre feste Umklammerung. Skworeschnja war zunächst einmal sprachlos und geriet dann in Wut.
    „So was! Sind sie denn aus Eisen?“ schrie er.
    „Warum nicht!“ meinte der Zoologe lachend, Pawlik zublinzelnd. „Wahrscheinlich sind von einem Schiff Brecheisen ins Wasser gefallen, und nun sind Stahlruten daraus gewachsen … Da hast du ein anschauliches Beispiel, Pawlik, was so eine Makrozyste vermag.“
    „Aha! Das ist also sehr lehrreich für Pawlik?“ sagte Skworeschnja zornig. „Ich werde diesem verwünschten Wurzelzeug schon zeigen, was eine Harke ist!“
    Er ging wieder einen Schritt zurück, stand eine Weile still, schöpfte tief Atem und sauste dann mit der Kraft eines Stieres nach vorn. Jetzt geschah etwas sehr Komisches und Unerwartetes. Skworeschnjas dicke, säulenförmige Beine schnellten hoch, sein Helm tauchte nach unten und verschwand im Tangdickicht. Pawlik erhielt einen heftigen Schlag gegen die Brust und stürzte zu Boden. Im Fallen streifte er mit den Füßen den Kopf des Zoologen, der sich verdattert in den Schlamm setzte. Im Nu waren die drei Taucher verschwunden, als wären sie nie hier gewesen. Nur zwei lange abgerissene Stengel schwankten hin und her; dann schloß sich das Dickicht wieder und verschlang auch diese stummen Zeugen eines ungewöhnlichen Kampfes.
    Als erster kam der Zoologe zu sich. Keuchend und stöhnend erhob er sich und rief:
    „Was ist passiert? Wo seid ihr geblieben, Jungs?“ Er zwängte sich durch das Dickicht und erblickte Pawliks verwundertes Gesicht.
    „Hier bin ich, Arsen Dawidowitsch … Aber wo ist Skworeschnja?“
    Der Riese hatte sich wieder vom Boden aufgerappelt und entfernte schweigend und mit finsterem Gesicht von seinem Taucheranzug die abgerissenen Schlingen des unglückseligen Tanges. Er hob den Kopf und wandte sich an Pawlik.
    „Außer den heute empfangenen Lehren, Pawlik“, sagte er, und über sein Gesicht ging ein breites Grinsen, „merke dir noch eins: Man soll nie wie ein Stier blindlings losstürzen, ohne an das Gleichgewicht zu denken …“
    Der Zoologe lachte schallend und spottete:
    „Welch eleganten Salto mortale haben Sie da vollführt, mein lieber Skworeschnja! Und Ihre zierlichen Beinchen … Hahaha …! Jede Ballettänzerin würde Sie darum beneidet haben!“
    Er lachte herzlich, die Hände in die Seiten gestemmt. – Überhaupt war Lordkipanidse seit dem bedeutungsvollen Gespräch mit dem Kapitän wie ausgewechselt. Während des ganzen zehntägigen Aufenthalts in den Gewässern von Feuerland widmete er sich mit der alten Begeisterung seiner Forscherarbeit.
    Zwanzig Minuten später traten die Taucher aus dem Tangdschungel und befanden sich jetzt in dem ruhigen Küstenstreifen. Auch hier war der Meeresboden uneben und steinig.

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