Das Geheimnis zweier Ozeane
so wichtig zu wissen, was dieses seltsame Wort bedeutete.
„Ich verstehe schon, Fjodor Michailowitsch. Vielen Dank! Jetzt muß ich schnell zu Arsen Dawidowitsch.“
Neuntes Kapitel
IM TANGDSCHUNGEL
D
ie riesige Schildkröte hatte komische, schwarze Glotzaugen, die wie große Glasperlen aussahen. Erschrocken bewegte sie ihren Kopf auf dem langen Hals hin und her; sie tauchte zum Meeresboden, schoß wieder empor und versuchte, mit ihren Flossenfüßen verzweifelt rudernd, zu entkommen.
Pawlik jagte hinter ihr her, griff nach ihr, überholte sie und schien dann auf ihrem buckligen harten Rücken, der aus ovalen dunklen Hornplatten bestand, zu reiten.
Blaugestreifte Lotsenfische, bunte Lippfische und Seepapageien flohen nach allen Seiten; plumpe Stachelgroppen stiegen auf und ließen sich wieder auf den Meeresboden fallen; blitzschnell durcheilten prächtige goldflimmernde Doraden das Wasser. Einige große blaßbraune Seeaale suchten das Weite. Ein erschreckter Igelfisch arbeitete sich unbeholfen zur Oberfläche empor. Hier schnappte er mit seinem schnabelförmigen Maul nach Luft, blies sich zu einer stachelstarrenden Kugel auf und ließ sich in Rückenlage auf dem Meere treiben.
Schließlich packte Pawlik die Schildkröte am Schwanz und zog sie hinter sich her zu einem in der Nähe aufragenden Tangdickicht. Voller Angst sperrte die Schildkröte ihr glänzendbraunes horniges Maul auf und ruderte wild mit den Flossenfüßen. Doch alles war vergebens, denn mit der ganzen Kraft seines winzigen, aber fünfzig PS starken Elektromotors zog Pawlik sie in das Dickicht hinein.
Sein plötzliches Eindringen verursachte unter den Bewohnern des Meeresdschungels einen panischen Schrecken. Myriaden von Garnelen, kleinen Krebsen, Würmern, Seespinnen und Krabben stoben nach allen Seiten auseinander. Große und kleine Fische verschwanden blitzschnell im Tanggewirr. Aber Pawlik hatte kaum Zeit, dies alles zu sehen.
Er hatte gar nicht bedacht, welche Gefahr diese brüchigen und schlüpfrigen, zu neunzig Prozent aus Wasser bestehenden Pflanzen bedeuteten, wenn sie in Massen wuchsen. Bald waren der Körper und die Flossenfüße der Schildkröte von Stengeln und Blättern umwunden; sie konnte sich kaum mehr bewegen. Aber Pawlik ging es auch nicht besser. Obgleich er seine Arme und Beine noch frei hatte, war die Schraube seines Taucheranzuges im Tang verfahren, und Pawlik befand sich in der gleichen hilflosen Lage wie die Schildkröte. Er ließ seine Beute los und versuchte vergebens, die Schraube freizubekommen.
So ein Pech! dachte er voller Unruhe. Allein komme ich hier nicht heraus. Ich muß um Hilfe bitten.
Und er sagte laut: „Arsen Dawidowitsch!“
„Was willst du, Jungchen? Wo bist du?“ hörte er die bekannte Stimme antworten.
„Mir ist etwas Unangenehmes passiert. Ich bin zwischen Tang geraten, und meine Schraube hat sich darin verhaspelt.“
„Und du kommst nicht vom Fleck?“
„Nein, und die Schildkröte auch nicht.“
„Was für eine Schildkröte?“
„Eine große – ich habe sie gefangen und wollte sie zu Ihnen schleppen.“
„Bist du verrückt geworden, Kleiner?“ Der Zoologe lachte. „Wie wolltest du sie denn herbringen?“
„Am Schwanz …“
Pawlik hörte, wie der Zoologe, Skworeschnja und Zoi in ein lautes Gelächter ausbrachen.
„Wo steckst du denn?“ fragte der Zoologe schließlich.
„Im Tangdickicht … Gleich hinter den Felsen … in nordöstlicher Richtung von Ihnen.“
„Klar“, sagte Skworeschnja. „Ist es dort tief?“
„Achtundsiebzig Meter“, antwortete Pawlik mit einem Blick auf den Tiefenmesser.
„Gut, Jungchen. Rühr dich nicht vom Fleck. Gleich bin ich bei dir. Wenn ich mich melde, dann gib ein Peilzeichen.“
„Gut, Arsen Dawidowitsch.“
Pawlik war verlegen. Seine Freunde hatten zu tun, und er störte sie. Nur seine Ungeschicklichkeit war daran schuld. Weshalb mußte er sich auch durch das Dickicht hindurchzwängen.
Pawlik betrachtete neugierig die Tange. Sie umgaben ihn von allen Seiten; hochwüchsig, reglos und wie zu einem Gefängnisgitter ineinander verflochten. Ihre braunen, orangefarbenen und goldschimmernden runden Schäfte hatten lange, gezahnte oder großlappige Blätter. Andere Schäfte trugen kleine Blätter und verzweigten sich zu zahllosen Rispen. Aber sie alle waren mit großen und kleinen Luftblasen übersät, die wie Kirschen an dünnen Stengeln saßen. An Tangschäften und Blättern sah Pawlik weiße, moosähnliche Flecke. Er wußte bereits,
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