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Das Geheimnis

Das Geheimnis

Titel: Das Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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wahres Wesen enthüllt, indem sie die Masken wechselt und zu einem schrecklichen Dämon wird.
    »Nein, das stimmt nicht.« Reiko versuchte sich loszureißen, doch Fürstin Miyagis Fingernägel gruben sich in ihre Haut. »Lasst mich los!«
    »Was redest du da, Cousine?«, fragte der Fürst mit kläglicher Stimme. »Und was tust du mit unserem Gast?«
    »Erkennst du denn nicht, was sie beweisen will? Dass du Harume vergiftet und den alten Drogenhändler in Daikon erstochen hast! Du bist ihr geradewegs in die Falle gegangen! Und nun willst du nicht, dass ich uns beschütze!«
    Verwirrt schüttelte der daimyo den Kopf. »Welcher Drogenhändler? Und wie kannst du dieser liebreizenden jungen Frau so schändliche Absichten unterstellen? Lass sie auf der Stelle los!« Er beugte sich zur Seite und versuchte, die Finger seiner Frau loszustemmen, die noch immer in Reikos Arm gekrallt waren. »Weshalb sollten wir Schutz brauchen? Ich habe diese schrecklichen Dinge nicht getan. Ich habe noch nie einen Menschen getötet.«
    »Das ist wahr«, sagte Fürstin Miyagi, und ihre Stimme klang offen drohend, ja mordlüstern. » Du nicht.«
    Die Erkenntnis traf Reiko wie ein Schlag. Nicht nur der Fürst besaß keine Alibis – die Fürstin ebenso wenig, was auch sie zu einer möglichen Schuldigen machte. Offensichtlich hatte sie deshalb gelogen, um sich selbst und nicht ihren Gatten zu schützen.
    »Ihr seid die Mörderin!«, rief Reiko aus.
    Fürstin Miyagi lachte – ein grollendes Geräusch tief in der Kehle. »Ihr habt lange gebraucht, um das herauszufinden. Ihr seid längst nicht so klug, wie ich gedacht hatte.«
    »Cousine!« Als auch der Fürst die Wahrheit erkannte, ließ er sich nach vorn auf die Knie fallen. Sein Mund klappte auf; sein Gesicht schien noch mehr einzufallen, und in seinen Augen stand das nackte Entsetzen. »Du hast Harume getötet? Aber warum?«
    »Das spielt keine Rolle«, erwiderte die Fürstin mit rauer Stimme. »Harume ist nicht mehr von Bedeutung.« Sie starrte Reiko an. »Jetzt ist die hier ein Problem. Sie weiß zu viel.« Die Fürstin bedachte Reiko mit einem boshaften Grinsen. »Wisst Ihr, eigentlich bin ich froh darüber, dass Ihr Euch als Spionin erwiesen habt. Jetzt scheint es mir viel gerechtfertigter, das zu tun, was ich schon die ganze Zeit über vorhatte.«
    »Was … Was meint Ihr damit?« Noch immer fassungslos ob ihrer Entdeckung, zuckte Reiko zusammen, als sie den Hass in der Stimme der Fürstin hörte.
    »Ich habe Euch nicht hierher kommen lassen, damit Ihr mir die Zuneigung meines Gatten stehlen könnt. Nein. Ich habe Euch hergebracht, weil ich die ideale Möglichkeit erkannte, Euch endlich aus unserem Leben zu entfernen … genauso, wie ich es mit den beiden Konkubinen meines Mannes getan habe.«
    Fürst Miyagi schnappte nach Luft. »Schneeflocke? Zaunkönig? Was hast du ihnen angetan?«
    »Sie sind tot.« Die Fürstin nickte mit selbstgefälliger Zufriedenheit. »Ich habe sie aneinander gefesselt und ihnen die Kehlen durchgeschnitten.«
    Reiko schauderte vor Entsetzen. Als sie den Zorn, den Hass und den Wahnsinn in den Augen der Fürstin sah, schalt sie sich eine Närrin, dass sie sich so schrecklich geirrt hatte. Der daimyo war unschuldig; ein harmloser älterer Mann. Die wirkliche Gefahr stellte jene Frau dar, die Reiko als unbedeutenden Schatten abgetan hatte. Wie gern hätte sie das Messer gepackt, das an ihren linken Oberarm geschnallt war! Doch Fürstin Miyagi hielt Reikos rechte Hand noch immer in eisernem Griff, sodass sie nicht an die verborgene Waffe herankam.
    »Aber warum, Cousine, warum?«, fragte Fürst Miyagi und starrte seine Gemahlin an, das Gesicht weiß vom Schock. »Wie konntest du meine Mädchen ermorden? Sie haben dir nie etwas getan. Du warst doch nicht … warst doch nicht etwa eifersüchtig?« Seine Stimme wurde schrill, und Fassungslosigkeit legte sich auf sein bleiches Gesicht. »Sie waren bloß harmlose Ablenkungen, wie alle meine anderen Frauen auch.«
    »Ich weiß es besser!«, erwiderte die Fürstin scharf. »Sie hätten dich mir wegnehmen und alles zerstören können. Aber ich habe sie beseitigt. Und jetzt werde ich dafür sorgen, dass auch dieses Weib hier« – sie starrte Reiko an – »niemals zwischen uns gerät.«
    Offenbar hatte der Irrsinn immer rascher Besitz von der Fürstin ergriffen, seit sie Harume getötet hatte, und sie zu ständig neuen Morden getrieben. Plötzliche Panik verlieh Reiko ungeahnte Kräfte. Jetzt wollte diese Frau auch sie töten!

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