Das Geheimnis
meisterhafter Schauspieler – und atemberaubend schön. Doch erst das Geschäft. Yanagisawa zog Shichisaburô ins Innere des Pavillons, schloss die Tür und fragte: »Hast du die Befehle ausgeführt, die ich dir gestern Abend erteilt habe?«
»O ja, Herr.«
Das Gesicht des jungen Schauspielers strahlte glücklich im Licht der Lampen. Seine Anwesenheit erfüllte den Raum mit dem frischen, süßen Duft der Jugend, den Kammerherr Yanagisawa begierig in sich aufnahm. »Hattest du Schwierigkeiten, hereinzukommen?«
»Überhaupt nicht, Herr«, antwortete Shichisaburô. »Ich habe Eure Anweisungen befolgt. Niemand hat mich aufgehalten. Besser hätte es gar nicht laufen können.«
»Und hast du gefunden, was wir benötigen?« Wenngleich sie allein waren, behielt Yanagisawa seine Gewohnheit bei, sich umsichtig und unverfänglich auszudrücken.
»O ja. Es war genau dort, wo ihr gesagt habt.«
»Hat dich jemand gesehen?«
Der junge Schauspieler schüttelte den Kopf. »Nein, Herr. Ich war vorsichtig.« Shichisaburô lächelte verschmitzt. »Und selbst wenn jemand mich gesehen hätte – keiner hätte gewusst, wer ich bin oder was ich tue.«
»Das stimmt. Ja, das ist wahr.« Auch Yanagisawa lächelte, als er an ihre List dachte. »Wohin hast du es getan?« Der Schauspieler stellte sich auf die Zehenspitzen, um Yanagisawa ins Ohr zu flüstern. Der Kammerherr lachte leise. »Wundervoll. Du hast deine Sache sehr gut gemacht.«
Shichisaburô klatschte begeistert in die Hände. »Ehrenwerter Kammerherr, Ihr seid so überaus klug! Der sôsakan-sama wird gewiss in die Falle gehen.« Dann runzelte er die kindliche Stirn. »Aber falls doch etwas dazwischenkommt … was dann?«
»Das wird nicht geschehen«, erklärte Yanagisawa zuversichtlich. »Ich weiß, wie Sano denkt und handelt. Er wird genau das tun, was ich vorhergesagt habe. Aber falls das aus irgendwelchen Gründen tatsächlich nicht der Fall sein sollte, werde ich dem ehrenwerten Ermittler zur Hand gehen.« Yanagisawa kicherte. »Wie passend, dass der eine meiner Widersacher das Werkzeug zu seiner eigenen Vernichtung wird – und damit zur Vernichtung des anderen Widersachers! Wir müssen nur warten und Geduld haben. Und gerade jetzt fällt mir eine sehr angenehme Möglichkeit ein, uns die Zeit zu vertreiben. Komm her.«
Yanagisawa ergriff Shichisaburôs Hand und zog ihn an sich, wobei der Junge sich spielerisch sträubte. »Wartet noch, Herr! Ich habe eine Überraschung für Euch. Wenn Ihr gestattet …?«
Mit einem verführerischen Lächeln löste Shichisaburô seine Schärpe und ließ sie zu Boden fallen. Dann streifte er bedächtig seinen Umhang ab und zog seine geblümte Hose aus. Heftiges Verlangen schnürte Kammerherr Yanagisawa die Kehle zu und ließ seine Lenden pochen. Niemand konnte sich mit solch aufreizender Anmut entkleiden wie Shichisaburô. Der Kammerherr konnte es kaum erwarten zu sehen, welch neue erotische Überraschung der Schauspieler für ihn bereithielt.
Shichisaburôs Augen strahlten und spiegelten die Erregung seines Herrn wider. Um dessen Begierde zu steigern, hielt Shichisaburô in seinem weißen Unterkimono kurz inne, um ihn dann über die Schultern zu streifen, sodass er zu Boden rutschte. Triumphierend streckte er die Arme zur Seite und bot seinen Körper den Blicken des Kammerherrn dar. Yanagisawa schnappte nach Luft, und sein Herz machte einen wilden Sprung.
Shichisaburôs Brust war mit frischen Schnittwunden überzogen, die noch nicht verheilt waren, sondern klaffend und rot von geronnenem Blut. Gespenstisch zeichneten sie sich auf der weißen, glatten Haut des Jungen ab. Die scheußlichste Wunde teilte seine linke Brustwarze in zwei Hälften. Eine andere verlief durch seinen Nabel bis in den Lendenschurz hinein. Er sah wie das Opfer eines grausamen Angriffs aus.
»Das habe ich für Euch getan, Herr!«, rief Shichisaburô. »Um Euch zu zeigen, dass ich bereit bin, zu Eurem Wohl Schmerz und Leid zu ertragen.«
Rituelle Selbstverstümmelung mit Schwert oder Dolch war eine uralte Praxis, mit denen gleichgeschlechtliche Samurai-Liebhaber einander ihre Treue und Hingabe beweisen wollten. Nachdem der erste Schreck sich gelegt hatte, überraschte es Yanagisawa gar nicht mehr so sehr, was Shichisaburô sich angetan hatte. Er lachte sogar, als ihm klar wurde, was der Junge alles auf sich nahm, um ihm, dem mächtigen Kammerherrn, zu gefallen.
»Das hast du gut gemacht«, sagte Yanagisawa.
Shichisaburô kniete nieder, ergriff Kammerherr
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